Aussteller-Wettbewerb läuft schon zum elften Mal

Preis für Nachhaltigkeit bei den AgrarWinterTagen

Welche Idee steckt hinter dem Preis?

Sonja Ostermayer: Besonders intensiv beschäftigen die Themen der Nachhaltigkeit die Weinbranche schon seit mehr als zehn Jahren. In diese Zeit fällt auch die Gründung des Deutschen Instituts für Nachhaltige Entwicklung (DINE e.V.) an der Hochschule Heilbronn, das als erster Zertifizierer das Fairchoice-­Label für Weingüter und Winzergenossenschaften­ anbot. Nachhaltig heißt, die Verantwortung für Ökologie und natürliche Ressourcen sowie gesellschaftliche Verantwortung mit wirtschaftlichem Erfolg in Einklang zu bringen. Betrachtet man die Produktion vom Anbau über Kellerwirtschaft bis zur Vermarktung, ist auch wichtig, welche Materialien eingesetzt werden, mit welcher Technologie Ressourcen und Energie eingespart werden können, welche Betriebsmittel wiederverwendet werden können und vieles mehr. Deshalb muss man wissen, wer passende Pro­dukte und Dienstleistungen wie etwa Leichtglas-Flaschen, leichteres Verpackungs­material oder ­moderne Pflanzenschutztechnik anbietet. Da sich auf der großen Maschinen- und Geräteausstellung alle Zulieferer und Dienstleister für die Weinbranche treffen, hat Rheinhessenwein 2012 mit der VEO und dem DLR RNH den Preis für Nachhaltigkeit aufgelegt, an dem alle Aussteller jedes Jahr mit Produkten und Entwicklungen für mehr Nachhaltigkeit teilnehmen können.
Was sollten die Produkte, Dienstleistungen und Entwicklungen erfüllen, damit eine Bewerbung ausgezeichnet wird?
Sonja Ostermayer: Es gibt Preise in den Kategorien Weinbau, Oenologie, Marketing und in einer offenen Kategorie. Über den Erfolg entscheidet eine Fachjury aus der Praxis, der Lehre und dem Versuchswesen sowie der Forschung. Wichtig ist, dass das Produkt in allen drei Bereichen punktet, also ökologische Vorteile bietet, soziale oder gesellschaftliche Verbesserungen bringt und dabei auch zu wirtschaftlichem Erfolg führt. Die Jury behält sich vor, eine gewisse Praxisreife in die Bewertung einfließen zu lassen, damit die Auszeichnungen wirklich praxistauglich sind. So wurde 2022 PIWI e.V. ausgezeichnet, der sich für die Verbreitung pilzwiderstandsfähiger Rebsorten einsetzt, die durchs­ Einsparen von Pflanzenschutzmitteln Vorteile für die Umwelt, weniger Arbeitsaufwand im Pflanzenschutz und damit auch ökonomische Vorteile bringen. Einen Imagefilm, der die Vorteile der Piwis zeigt, gibt“s auf www.rheinhessen.de/nachhaltigkeitspreis-2022.
Was leisten prämierte Produkte, Dienstleistungen oder Systeme in der Praxis?
Sonja Ostermayer: Eine interessante Auszeichnung fürs Einsparen von Pflanzenschutzmitteln durch hochpräzise Steuerung ging 2019 in der Kategorie Weinbau an das erste App-basierte Steue­rungssystem Cleverspray der Firma Inovel (Friedrichshafen), das GPS-gesteuert auch die parzellengenaue Pflanzenschutz-Dokumentation ermöglicht. Dieses System, kombiniert mit der Recycling-­Spritze oder in Piwi-Anlagen, bringt enorme Einsparungen.
In der Kategorie Oenologie wurde 2013 der VEM-Halshülsenentferner der Firma Rink GmbH & Co. KG (Kreuztal-Littfeld) prämiert. Das Gerät ermöglicht das maschinelle, zeitsparende Entfernen von Schraubverschlüssen auf Weinflaschen innerhalb einer Abfülllinie. So werden die Flaschen wieder mehrwegfähig und die Arbeit wird durch die Mechanisierung vereinfacht – ein wichtiger Aspekt bei der Wiederverwendung von Glasflaschen mit Schraubverschluss.
2016 wurde in der offenen Kategorie der Biodiversitäts-Check für Weingüter von Ecovin, der Bodenseestiftung und dem Global Nature Fund ausgezeichnet. Der kostenlose Check unter­sucht den Einfluss der Bereiche Management, Anbau und Produktion im Weinberg, Kellerwirtschaft, Einkauf, Verkauf, Transport, Kommunikation und Marketing auf die biologische Vielfalt, ­eines der zentralen Themen im Kontext des nachhaltigen Wirtschaftens.
Als umfassendes Nachhaltigkeits­mana­ge­­mentsystem wurde 2018 in der Offenen Kategorie das Zertifizierungssystem des Fair'n Green e.V. ausgezeichnet, das Unternehmen der Weinbranche eine umfängliche Zertifizierung in Sachen Nachhaltigkeit bietet, den kontinuierlichen Verbesserungsprozess fordert und durch den Austausch in Regionalgruppen unterstützt.
Wie soll es weitergehen?
Simone Renth-Queins: Nachhaltigkeit wird auf verschiedenste Art von immer mehr Betrieben in der Praxis umgesetzt. Der Preis kann Weingüter inspirieren, noch nachhaltiger zu wirtschaften und natürlich auch die prämierten Produkte einzusetzen. Deshalb soll die etablierte Auszeichnung weitergeführt werden. Aber wir wollen das Thema auch bei den jungen Leuten der Weinbranche noch mehr fördern. Darum soll es einen Nachwuchs­förderpreis geben, um Azubis zu motivie­ren, sich kreativ mit der Nachhaltigkeit auseinander­zusetzen. Junge Menschen ha­ben oft einen anderen Blickwinkel und sollen eine Plattform für ihre Ideen bekommen sowie noch mehr für Nachhaltigkeit sensibilisiert werden. Darüber hinaus sollen auch Schulen für Projekte ausgezeichnet werden, die sich besonders mit der Nachhaltigkeit beschäftigen. So können Impulse gegeben werden, das Thema Nachhaltigkeit in der Forschung und Lehre fest zu verankern. Wir freuen uns schon jetzt auf die Ausschreibung des Nachhaltigkeitspreises 2024, bei dem sich Schulen und Schüler speziell bewerben können. Als besonderer Anreiz ist ein kleines Preisgeld für die Gewinner geplant.