Rund um das Thema Alkoholfrei drehte sich das am 13. Juni statt gefundene Webseminar des Bundes Deutscher Oenologen (BDO). Drei Forschende sowie ein Gastreferent aus der Praxis sprachen über die richtige Etikettierung, Technologien, Ansätze zur Qualitätsoptimierung und eigene Erfahrungen.
Moderator Prof. Dr. Dominik Durner, Weincampus Neustadt, gab einen Überblick zum Status Quo: Derzeit sei der Markt alkoholfreier Weine und Schaumweine noch überschaubar, werde sich aber in den nächsten zehn Jahren entwickeln. Mit einer jährlichen Wachstumsrate von 10 % steigere sich das Marktvolumen laut einer Studie von derzeit 2 Mrd. Euro auf 5,2 Mrd. Euro im Jahr 2033. „Deutschland spielt dabei ganz oben mit“, verwies Durner auf die Wachstumsrate in Deutschland von 9,2 %. Zudem wies er auf die Herausforderungen bei No & Low hin: Neben den Qualitätsverlusten beim Entalkoholisieren gehören auch die höheren Produktionskosten, eine unklare Rechtslage in vielen Ländern und die starke Konkurrenz im Brausegment dazu.
Neue Regelungen für das Etikett
Einen Überblick über den seit Januar einheitlichen Rechtsrahmen in den EU-Ländern (EU-Verordnung 2021/2117) gab Bernhard Schandelmaier, DLR Rheinpfalz. Mit dieser Verordnung seien entalkoholisierte und teilweise entalkoholisierte Weine nun Erzeugnisse im Sinne des Weinrechts. Nach altem Recht in Verkehr gebrachte Weine können jedoch noch bis zum Aufbrauch der Bestände verkauft werden. Schandelmaier wies darauf hin, dass angereicherte Weine nicht für die Entalkoholisierung zugelassen sind.
Zudem dürfen auf dem Etikett keine Rebsorten mit Landwein- oder Qualitätsweingebiet im Namen (zum Beispiel Grauburgunder) angegeben werden, Synonyme seien aber erlaubt. Als Fazit gab er den Teilnehmenden auf den Weg, bei der Etikettengestaltung aufzupassen und mit Bedacht vorzugehen. Seinen Vortrag als Text kann sich jeder im Nachhinein noch unter www.tinyurl.com/alkoholfrei123 durchlesen.
Einen Überblick über die Technologien der Entalkoholisierung gab Dr. Matthias Schmitt von der Hochschule Geisenheim University. Er stellte die Technologien rund um Vakuumdestillation und Spinning Cone Column (SCC) vor. Zwischen den beiden Verfahren gebe es analytisch und sensorisch geringe Unterschiede. Die Vakuumdestillation verursache hohe Verluste an freier SO2, sodass die entalkoholiserten Weine mikrobiologisch anfällig seien und ein zügiger Rückverschnitt wichtig sei, so Schmitt. Mit der SCC könne man keine positiven und negativen Aromen voneinander trennen, sondern diese nur nach Flüchtigkeit.
Stellschrauben für eine bessere Qualität
Über Möglichkeiten, entalkoholisierte Weine qualitativ zu verbessern, sprach Lisa Käppler vom DLR Rheinpfalz. Zum Beispiel zeigte sich in ihren Versuchen, dass Eichenholzchips grüne Aromen maskieren und zum Mundgefühl beitragen. Ein cremiges Mundgefühl erreiche man zum Beispiel durch die Zugabe von CO2 oder Mannoproteinen. Eine aromatische Süßreserve, auch in Kombination mit ß-Glucosidase, bringe Süße, maskiere Säure und setze neue Aromen frei.
Zudem empfahl Keppler den Teilnehmenden, Bukettrebsorten für entalkoholisierte Weine zu verwenden, da das blumige Aroma auch im Endprodukt vorhanden sei. In weiteren Versuchen wollen sie erforschen, ob eine Entsäuerung sensorisch bessere Weine hervorbringe.
Bereits Erfahrungen mit alkoholfreiem Wein im eigenen Betrieb machte Christian Nett vom Weingut Bergdolt-Reif und Nett, Duttweiler. Die Kunden seien sehr neugierig auf die Produktkategorie und probierten sie aus. Die Nachfrage ginge jedoch mehr in Richtung alkoholfreier statt -reduzierter Weine. Nett verwendet zur Süßung RTK statt Süßreserve, da letztere den Wein zu mostig werden lasse. Zudem sprach er sich für die Aromarückgewinnung aus, da sich seinen Erfahrungen zufolge die Weinqualität steigere. Er gab aber zu bedenken, dass dadurch auch negative Aromen zurückgeführt werden.
Grundsätzlich sei ein guter Grundwein eine wichtige Voraussetzung. Bei seinen alkoholfreien Weinen setzt Nett auch teilweise auf Holzeinsatz vor der Entalkoholisierung. Für den Winzer spielt die Rebsorte eine wichtige Rolle. Die Typizität zu erkennen sei auch bedeutend für Kunden. Rund drei Tage sollten maximal zwischen der Entalkoholisierung und der Abfüllung liegen. Nett setzt hier auf Velcorin (zum Schutz mikrobiologischer Qualität). isp