70. Württembergische Weinbautagung

WÜRTTEMBERG

Foto: Herbert Ehehalt/Fränkischer Weinbauverband
Bereits zum 70. Mal fand die vom Regierungspräsidium Stuttgart (RPS) und der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau (LVWO) Weinsberg gemeinsam veranstaltete Württembergische Weinbautagung statt – wie bereits im vergangenen Jahr ausschließlich virtuell. Über 300 Teilnehmende hatten sich online zugeschaltet.
„Der Jahrgang 2022 brachte gute Qualitäten in ausreichenden Mengen. Auf vielen Flächen konnten nur durch Beregnung Trockenschäden vermieden werden. Vor allem junge Reben auf leichten Böden mussten bewässert werden“, sagte Dr. Kurt Mezger, Regierungspräsidium Stuttgart. Massive Kostensteigerungen der Produk­tionsmitteln im Weinberg und Keller sowie Kaufzurückhaltung der Verbraucher, habe die wirtschaftliche Situation der Betriebe und Vermarktungsorganisationen zugespitzt.
Weinbauminister Peter Hauk sagte den Winzern in seiner Videoansprache weitere Unterstützung zu. Das Land habe den Weinbau 2022 mit rund 20 Mio. Euro gefördert. Um pilzwiderstandsfähige Rebsorten zu etablieren, stellte Hauk eine Piwi-Prämie in Aussicht, die mit der Umstrukturierungs-­Förderung gezahlt werden soll. EU-Pläne zu Pflanzenschutzverboten lehnt Hauk strickt ab. Das Biodiversitätsstärkungsgesetz habe eine Vorreiterrolle.
Dr. Dieter Blankenhorn, Direktor der LVWO Weinsberg, moderierte die Fachtagung. Dr. Norbert-Jakob Ferch, Leiter des Referats Garten-, Obst- und Weinbau am Stuttgarter Ministerium berichtete von Entwicklungen in der Weinbaupolitik. Das Bezeichnungsrecht stellt die Herkunft in den Fokus. Aus Weine bestimmter Anbaugebiete wurden geschützte Ursprungsbezeichnungen. Es ist Sache der Schutzgemeinschaften, nun weiterzuentwickeln. Ferch sieht in der Herkunftsangabe Potenzial für die Werbung.
Die Förderprogramme sind durch die neue EU-Förderperiode im Umbruch. Die Verwaltung stehe wegen technischer Umstellungen und neuer Software vor Herausforderungen, sodass die Antragstellung oft verzögert ist und Ferch bittet um Verständnis.
Thomas Gudera, Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg, referierte über die Auswirkungen des Klimawandels auf das Grundwasser in Baden-Württemberg. Grundwasserneubildung finde zu 75 % im Winter statt und ist wegen der trockenen Winter der letzten 20 Jahre problematisch. Seit 100 Jahren gibt es einen stabilen Anstieg der Jahresdurchschnittstemperatur. 2022 wurde eine Strategie zum Umgang mit Wassermangel in Baden-Württemberg veröffentlicht.
Ab welchem Trocken­stress ist zu bewässern?
Dr. Daniel Heßdörfer von der Bayrischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau stellte Voraussetzungen für ein nachhaltiges Bewässerungsmanage­ment vor. Es gehe um Stock­erhalt, nicht um Ertragserhöhung. Die Bewässerung erfordere einen nicht unerheblichen Arbeits- und Kostenaufwand. Laubwände sollten niedriger sein, um Trockenschäden zu verhindern. Digitale Methoden helfen, Zeitpunkt und Menge festzustellen. Auch Rebunterlage sind bedeutend bei der Anpassung des Weinbaus an veränderte klimatische Bedingungen mit vermehrt auftretenden Trockenperioden.
Benjamin Witum, Regierungspräsidium Stuttgart, informierte über Fördermöglichkeiten der Bewässerungsinfrastruktur. Eine Hürde sei die notwendige Gründung von Boden- und Wasserverbänden.
Zur Frage „Alkoholfreier Wein – No Go oder Chance“ zeigte Prof. Dr. Günter Käßer-­Pawelka von der dualen Hochschule Baden-Württemberg Ergebnisse der Forschung WEINNOVA. In dem Projekt werden die Marktchancen von alkoholreduzierten und alkoholfreien Weinen untersucht.
Pflanzenschutz – Zulassungssituation
Der Nachmittag der Tagung war dem Pflanzenschutz vorbehalten. So informierte Karl Bleyer, LVWO Weinsberg, über die Zulassungssituation im Rebschutz. Er ging auf das neue Laubwandflächenmodel ein, nach welchem die Dosierangaben von Mittelzulassungen angegeben werden.
Dr. Friedrich Merz, Regierungspräsidium Stuttgart, hat Erfahrungen mit Sprühdrohnen im Weinbau, die seit 2022 zugelassen sind. Bei der Anwendung der Geräte sind sowohl Luftfahrtrecht als auch Pflanzenschutzgesetz zu beachten. Es dürfen nur Sprühdrohnen verwendet werden, die beim Julius Kühn-­Institut (JKI) für die Ausbringung von Rebschutzmitteln im Steillagenweinbau gelistet sind.
Das Thema Pflanzenschutzmittelreduktion beleuchtete Markus Ullrich, Landwirtschaft­liches Zentrum Augustenberg. Ullrich managt den Weinbau im Demobetriebsnetzwerk Pflanzenschutzmittelreduktion. Seit der Vegetationsperiode 2021 werden auf sechs Betrieben in Baden-Württemberg Versuche durchgeführt, um zu prüfen, ob es Möglichkeiten zur Reduktion von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln gibt. bs