Änderungen der neuen Weinverordnung

Das neue Recht gilt seit 8. Mai 2021

Seit einigen Jahren diskutierte die Weinbranche intensiv über eine Reform des deutschen Weinbezeichnungsrechts. Die deutschen Bezeichnungsregelungen sollten endgültig an das geänderte europäische Recht angepasst werden. Insbesondere sollte aber auch der Verbraucher eine bessere Übersicht im „Bezeichnungsdschungel“ erhalten.
Die Herkunft als Qualitätsversprechen ist seit langem im Weinrecht der großen Weinbauländer Frankreich, Italien und Spanien verankert, im deutschen Weinrecht wurde sie bisher lediglich als geografischer Geburtsort der Trauben verstanden. Das wird sich nun ändern. Künftig soll die Angabe auf dem Etikett sich stärker an der „geografischen Herkunft“ orientieren. Jede Herkunft soll für ein klares Profil stehen und dem Grundsatz folgen „je kleiner die Herkunft, desto höher die Qualität“.
Bereits Anfang dieses Jahres war schon eine Änderung des Weingesetzes in Kraft getre-
ten. Diese enthält in erster Linie Maßnahmen zur Marktstabilisierung sowie auch zur Absatzförderung, die ein neues Herkunftssystem flankieren sollen.
Die neuen Regelungen zum Bezeichnungsrecht und damit das Herzstück der Weinrechtsreform befinden sich dagegen in der neuen Weinverordnung (WeinVO), die mit der Veröffentlichung am 8. Mai 2021 in Kraft getreten ist.
Mit der neuen WeinVO wurde ein einheitlicher Rechtsrahmen für eine neue Herkunftspyramide geschaffen. Die neue Pyramide setzt auf niedrigste Stufe den „Deutschen Wein“ (ohne Herkunftsangabe), auf nächster Stufe den „Landwein“ (geschützte geografische Angabe, g.g.A.) und auf die dritte Stufe die Weine eines „Anbaugebiets“ (geschützte Ursprungsbezeichnung, g.U.). Diese letzte Stufe unterteilt sich noch einmal in vier Einzelstufen: Wein aus der g.U., Regionalwein, Ortswein und Lagenwein.
Gestaltungsspielraum der Schutzgemeinschaften
In diesem Zusammenhang muss eingangs betont werden, dass den Erzeugern beziehungsweise den Schutzgemeinschaften viel Gestaltungsspielraum bei der Ausfüllung dieses Rechtsrahmens bleibt. Sie sind zuständig für die konkrete Profilierung ihres Anbaugebietes beziehungsweise ihrer geschützten Ursprungsbezeichnung, ihrer g.U., diese für manche vielleicht noch wenig vertraut klingenden Begriffe markieren auch in Deutschland den Paradigmenwechsel zu einem herkunftsbezogenen Bezeichnungsrecht.
Lediglich für Orts- und Einzellagenweine wurden vom Gesetzgeber bundeseinheitliche Vorgaben für das Mostgewicht und die Vermarktungszeitpunkte festgesetzt.
Über entsprechende Anpassungen der „Produktspezifikationen“ ihres Lastenheftes kann die Schutzgemeinschaft eine Profilierung ihrer g.U. vornehmen. Dabei ist sie hinsichtlich der Kriterien frei. Die Schutzgemeinschaft hat bis zum Erntejahrgang 2025 Zeit, um mit den Winzern des Gebietes eine Profilierung zu gestalten.
Welche Änderungen und vor allem zu welchem Zeitpunkt kommen Änderungen durch die neue WeinVo auf die Winzer zu? Nachfolgend sollen die wesentlichen Neuerungen praxisgerecht und übersichtlich dargestellt werden. Soweit nicht anders vermerkt gelten die Änderungen bereits seit dem 8. Mai 2021.
Erzeugnisse aus Versuchsanbau
Pro Jahr darf ein Betrieb ohne Pflanzgenehmigung künftig maximal 0,1 ha für den Versuchsanbau bewirtschaften. 20 Hektoliter aus dem Versuchsanbau dürfen durch den Betrieb vermarktet werden. Dies ist bis zum sechsten Erntejahrgang nach Zulassung der Rebsorte in irgendeinem deutschen Bundesland zulässig. Danach darf der Wein aus dem Versuchsanbau nicht mehr vermarktet werden. Der Betrieb muss dann entweder eine Pflanzgenehmigung beantragen oder die Rebfläche roden. Die Bundesländer sind ermächtigt, die Flächen auszuweisen, auf denen Versuchsanbau betrieben werden darf. Der Versuchsanbau muss deshalb nicht zwingend auf bereits bekannten g.g.A. oder g.U. erfolgen.
Teilweise gegorener Traubenmost (Federweißer)
Der Begriff „Federweißer“ darf nur noch für Most verwendet werden, der aus der g.g.A. oder g.U. stammt. Sämtliche Synonyme (zum Beispiel Sauser) dürfen nicht mehr allein verwendet werden, sofern der Most aus der g.U. oder g.g.A stammt. Es muss immer der Begriff „Federweißer“ hinzugefügt werden.
Die Synonyme wie „Süßer“ oder „Brauser“ dürfen für Most ohne geschützte Angabe ergänzend zu dem Begriff „teilweise gegorener Traubenmost“ weiterverwendet werden. Die Begriffe „Roter“ oder „Federroter“ dürfen verwendet werden, wenn es sich um rote Trauben handelt. Der Begriff „Federrotling“ darf nur noch bei blass- bis hellroter Farbe verwendet werden.
Angaben zum Betrieb und zur Abfüllung
Die Angabe „Hersteller“ kann durch „Verarbeiter“ oder „Sektkellerei“ und „hergestellt von“ kann durch „verarbeitet von“ oder „versektet durch“ ersetzt werden.
Steillage; Terrassenlage
Die Verwendung der Begriffe „Steillage“ und „Terrassenlage“ wird künftig auch für Sekt b.A. und Qualitätsperlwein b.A. zugelassen.
Angabe von Weinarten (Blanc de Noirs)
Bis zum diesjährigen Erntejahrgang 2020 darf der Begriff „Blanc de Noirs“ weiter wie gewohnt verwendet werden. Ab dem Erntejahrgang 2021 darf die Bezeichnung „Blanc de Noir“ oder „Blanc de Noirs“ nur noch verwendet werden, wenn es sich um ein Erzeugnis mit geschützter Ursprungsbezeichnung handelt, das aus frischen Rotweintrauben wie ein Weißwein gekeltert wurde und die für Weißwein typische Farbe aufweist.
Erstes Gewächs und Großes Gewächs
Es war und bleibt bis einschließlich Erntejahrgang 2023 zulässig, die Begriffe Großes und Erstes Gewächs zu verwenden. Ab dem Erntejahrgang 2024 gelten eine Vielzahl von Einschränkungen.
Erstes Gewächs darf verwendet werden, wenn die rechtlichen Vorgaben (diese sind gut dem neuen § 32b Abs.1 Nr. 1-10 WeinVO zu entnehmen) eingehalten werden. Dabei darf zum Beispiel ein bestimmter Hektarertrag nicht überschritten werden. Des Weiteren muss unter anderem eine Einzellage und ein Jahrgang angegeben werden und der Wein darf erst zu einem bestimmten Zeitpunkt in Verkehr gebracht werden.
Großes Gewächs darf verwendet werden, wenn die Voraussetzungen des ersten Gewächses vorliegen und die weiteren Vorgaben (diese sind gut dem neuen § 32b Abs. 2 Nr. 1-6 WeinVO zu entnehmen) eingehalten werden. Im Vergleich zum Ersten Gewächs sind die Vorgaben hier strenger und es ist obligatorisch eine gesonderte sensorische Prüfung durchzuführen.
Die Schutzgemeinschaft muss Regeln zur Nutzung der Bezeichnungen aufstellen, sonst ist den Winzern aus dieser betreffenden Region die Bezeichnung verwehrt. Dies betrifft die zum Gebiets­profil passenden Rebsorten und die einzuhaltenden besonderen sensorischen Merkmale.
Geografische Angaben
Der Kern der neuen Verordnung und die größten Veränderungen zeigen sich im Bezeichnungsrecht. Dies fällt besonders auf, da die Regelung zur Leitgemeinde – aus europarechtlichen Gründen – wegfallen musste. Bereits jetzt gilt auf Basis des Weingesetzes: Weine aus der g.g.A. dürfen keine kleinere geografische Angabe enthalten.
Zusätzlich zum Namen der g.U. dürfen nur noch Namen aus der Weinbergsrolle oder Orts- oder Gemeindenamen angegeben werden. Ab dem Erntejahrgang 2026 sind folgende neue Regelungen einzuhalten.
Es müssen immer (für alle folgenden Änderungen identisch) mindestens 85 Prozent der Trauben aus der auf dem Etikett angegebenen kleinsten geografischen Angabe stammen.
Bei Verwendung der alten Begriffe Großlage/Bereich ist stets, in gleicher Schrift, Farbe und Größe das Wort „Region“ unmittelbar vor den Namen zu stellen. Wird ein Ortsteil oder eine Gemeinde angeben, muss mindestens das Mostgewicht Kabinett eingehalten werden und der früheste Vermarktungszeitpunkt ist der 15. Dezember des Erntejahres.
Wird zusätzlich zur Region noch ein Ortsteil oder eine Gemeinde angegeben, ist diese vor oder nach der zusammenhängenden Angabe Region und Name anzugeben und die Vorgaben für die Verwendung der Ortsbezeichnung sind einzuhalten.
Wird eine Einzellage verwendet, ist stets und mindestens 1,2 mm groß, in gleicher Schrift und Farbe unmittelbar vor oder hinter der Einzellage der Ortsteil oder die Gemeinde, aus der mindestens 85 Prozent der Trauben stammen, anzugeben. Zusätzlich muss der Most Mindestmostgewicht Kabinett einhalten und frühester Vermarktungszeitpunkt ist der 1. März des auf die Ernte folgenden Kalenderjahres. Wird eine kleinere geografische Angabe als Einzellage verwendet, gelten die Vorgaben zur Einzellage.
Alle kleineren geografischen Angaben müssen in der Weinbergsrolle eingetragen oder ein Gemeinde- oder Ortsteilname sein. Dies gilt auch für Lagenbezeichnungen in der Produktspezifikation. Es bleibt zulässig, trotz möglicherer kleinerer Angabe, auf dem Wein ausschließlich die g.U. oder die g.g.A anzugeben. Die Schutzgemeinschaften können (und sollen) zur Verwendung einzelner Begriffe weitere Vorgaben festlegen. Die Rebsortenliste für die Einzellage ist durch die Schutzgemeinschaft festzulegen.
§ 42 Rebsortenangaben (Deutscher Wein – verbotene Rebsortenbezeichnung)
Die Verwendung folgender Rebsorten und ihrer begrifflichen Synonyme als Bezeichnung für Deutschen Wein ist/bleibt unzulässig: Blauer Frühburgunder, Blauer Limberger, Blauer Portugieser, Blauer Silvaner, Blauer Spätburgunder, Blauer Trollinger, Dornfelder, Grauer Burgunder, Grüner Silvaner, Müller-Thurgau, Müllerrebe, Roter Elbling, Roter Gut­edel, Roter Riesling, Roter Traminer, Weißer Burgunder, Weißer Elbling, Weißer Gut­edel, Weißer Riesling.
Ursprünglich war eine massive Verkleinerung der Liste geplant gewesen. Letztlich werden nur die Rebsorten Bacchus, Domina, Kerner, Rieslaner und Scheurebe aus der Liste gestrichen.
Fazit: Übergang ist ein laufender Prozess
Der erste Schritt für einen Übergang auf das herkunftsbezogene romanische Bezeichnungssystem ist vollzogen. Einige weitere werden folgen müssen und es ist ein laufender Prozess. Gewisse Aspekte, die in den letzten drei Jahren kontrovers diskutiert wurden wie zum Beispiel eine mögliche Reform des Prädikatssystems wurde erstmal verworfen bzw. verschoben.
Nun ist es an den Erzeugern und Schutzgemeinschaften, die neu entstandenen Möglichkeiten zu nutzen und innerhalb der Übergangsfristen ihre Weine zu profilieren. „Jede Veränderung gefährdet das Bestehende, aber jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben“, zitiert Christian Schwörer, Generalsekretär des Deutschen Weinbauverbandes und appelliert an die Winzer: „Wagen wir den neuen Anfang“. DWV