Ampel hält an Sparplänen beim Agrardiesel fest

Bauern-Demonstrationen

Foto: BWV/LSV
Auf der Großdemo vor dem Brandenburger Tor in Berlin verteidigte Bundesfinanzminister Christian Lindner den schrittweisen Ausstieg aus der Agrardieselförderung. Das anschließende Treffen von Verbandsvertretern mit den Chefs der Ampelfraktionen blieb ohne Ergebnis. Im Rahmen der Grünen Woche gab es Gespräche. DBV-Präsident Joachim Rukwied besteht darauf, die Streichung zurückzunehmen, danach könne über die anderen Probleme der Landwirtschaft gesprochen werden.
Die Bundesregierung ist zu keinen weiteren Abstrichen an ihren Sparplänen zu Lasten der Landwirtschaft bereit. Bundesfinanzminister Lindner bekräftigte auf der Großkundgebung mit rund 30.000 Teilnehmern und 10.000 Traktoren am 15. Januar vor dem Brandenburger Tor den Beschluss, die Agrardieselvergünstigung in drei Jahresschritten abzubauen.
Lindner bot in seiner von lauten Pfiffen und Unmutsbekundungen begleiteten Rede an, Belastungen an anderer Stelle zu reduzieren. Konkret stellte er in Aussicht, die Tarifglättung bei der Einkommensteuer nun doch zu entfristen und die Einführung einer steuerfreien Risikoausgleichsrücklage zu prüfen. Offen zeigte sich Lindner für die Forderungen nach Bürokratieabbau. Er sprach sich dafür aus, planbare Perspektiven für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu schaffen, Auflagen für die Tierhaltung zu durchforsten, an Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse festzuhalten und auf die obligatorische Stilllegung von 4 % im Rahmen der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) zu verzichten.
Kürzungen müssen vollständig vom Tisch
Nach dem Verbändegespräch räumten die Fraktionschefs Versäumnisse in der Agrarpoli­tik der Ampelkoalition ein. Bis zur Sommerpause werde die Ampel einen Fahrplan für eine veränderte Agrarpolitik vorlegen. Dabei solle Planungssicherheit und Entlastungen für die Betriebe im Fokus stehen.
Die Verbandsvertreter waren nach der Großdemo in Berlin zum Gespräch eingeladen und wegen fehlender konkreter Ergebnisse ernüchtert. DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken bemängelte, dass es in der „Kernfrage Agrardiesel“ keine Bewegung gebe. Landfrauenpräsidentin Petra Bentkämper mahnte mit Nachdruck „vertrauensbildende Maßnahmen“ der Ampel-Koalition an. Nur wenn es kurzfristig Lösungen für Probleme gebe, werde sich der Unmut in der Landwirtschaft legen. Die Vorsitzende vom Bund der Deutschen Landjugend (BDL), Theresa Schmidt, bezeichnete eine Umsetzung devr Empfehlungen von Borchert-Kommission und ZKL als längst überfällig.
Durch die beeindruckende Mobilisierung, die kaum für möglich gehalten wurde, entstanden emotionale Momente die Zusammengehörigkeitsgefühl stiften. Obwohl mit der Protestwoche der Landwirte die größte Demo seit dem Mauerfall stattfand, bleibt die Bundesregierung bei der Erhöhung der Steuer für Agrardiesel. Viele FDP-Wähler unter den Landwirten haben die Rede des Wirt­schaftsministers am Brandenburger Tor als arrogant und schwer zu ertragen empfunden, was Enttäuschung und Frustration verursacht, „Was muss denn noch passieren, um gehört zu werden?“ fragen die Demonstranten. Gebracht haben die Demonstrationen immerhin Zusammenhalt unter allen Bauern und viel Unterstützung im ländlichen Raum. Der Berufsstand darf sich nun nicht durch die Vorschläge der Politik spalten lassen.
Belastungsgrenze ist erreicht
Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd (BWV) und Landwirtschaft verbindet Rheinland-Pfalz (LSV) fordern weiterhin die komplette Streichung der Sparpläne der Bundesregierung hinsichtlich Agrardieselentlastung und Kfz-­Steuerbefreiung. Daran ändert auch die teilweise Zurücknahme durch die Ampel-Koalition nichts.
BWV-Präsident Ökonomierat Eberhard Hartelt sieht die Belastungsgrenze für die Betriebe erreicht: „Nach erheblichen Kostensteigerungen und Kürzungen in der Landwirtschaft innerhalb weniger Jahre ist das Maß jetzt voll!“ Schon vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Bundeshaushalt war der Etat des Landwirtschaftsministeriums um knapp 300 Mio. Euro gekürzt worden. Bei den vorgelegten Sparmaßnahmen wurde die Landwirtschaft laut LSV-Vorsitzendem Thilo Ruzycki unverhältnismäßig belastet. „Kein anderer Wirtschaftsbereich wird höher belastet.“
BWV und LSV weisen darauf hin, dass schon der steigende CO2-Preis bei den Energiekosten doppelt trifft: privat und betrieblich. Darüber hinaus soll der Berufsstand ein drittes Mal zur Kasse gebeten werden. Diese Dreifachbelastung sei nicht hinnehmbar. Viele Landwirte und Winzer arbeiten derzeit unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns.
Unverständlich sei auch, wie die Kürzungen mit den steigenden Anforderungen der Politik und Gesellschaft an die Landwirtschaft hinsichtlich Tierwohl, Umwelt- und Klimaschutz zusammenpassen. Befürchtet wird eine weitere Verlagerung der Produktion ins Ausland und steigende Importe von Lebensmitteln, die unter oft unbekannten Standards erzeugt werden. Dies könne weder im Sinne der Politik noch der Verbraucher sein.
Auch wenn der Unmut in der Branche sehr groß ist, betonen BWV und LSV, dass sie für entschiedenen, aber friedlichen und demokratischen Protest stehen: „Extreme Gruppierungen, Verschwörungstheoretiker und Radikale haben bei uns keinen Platz!“ bwv/lsv/red