Aus der Forschung für die Praxis – Herbst 2022

PFALZ

Die Herbstversammlung am DLR Rheinpfalz in Neustadt unter dem Thema „Aus der Forschung für die Praxis“ wurde gemeinsam vom Weincampus Neustadt, DLR Rheinpfalz, Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd e.V. und der LWK Rheinland-Pfalz veranstaltet. Anhaltende Trockenheit macht einen frühen Lesebeginn notwendig. Wegen der Hitze wird in der Nacht und früh morgens geerntet werden.
Eine gute Weinernte erwartet Dr. Günter Hoos, Leiter des DLR Rheinpfalz in Neustadt. Die andauernde Trockenheit, vor allem in jungen Anlagen, ist das beherrschende Thema.
Von der Weinbaupolitik berichtete Martin Fußer, Vizepräsident des Weinbauverbandes Pfalz. Im Winter habe sich der Weinbauverband erfolgreich gegen „Schockbilder“ auf Etiketten gewehrt. Die Pflicht, Zutaten und Nährwerte des Weines anzugeben, wird aber kommen, ob digital oder auf dem Etikett ist noch unklar. Des Weiteren wurde die neue Weinverordnung diskutiert. Säuerung ist in allen Jahren erlaubt. Zudem sind Regeln zu entalkoholisierten Weinen getroffen. Die Rebsortenliste ist aktualisiert. Das Anbaugebiet Pfalz ist parzellenscharf abgegrenzt. Winzer können sich an die BWV-­Geschäftsstelle wenden, die der Schutzgemeinschaft offene Fragen vorlegt. Die Bezeichnungsregelungen beim Federweißer bleiben bestehen.
Hagelfliegerverein wirbt um mehr Mitglieder
Der Hagelflieger hatte dieses Jahr 15 Einsätze, sagte Fußer, der zur Mitgliedschaft beim Verein zur Hagelabwehr Vorder- und Südpfalz e. V. aufruft (www.vereinhagelabwehr.de). Die Mitgliederzahl stagniere, aber immerhin werde mit 8.000 ha etwa ein Drittel der Pfälzer Rebfläche abgedeckt.
Aktuell werde von der EU-­Kommission ein komplettes Verbot von Pflanzenschutzmitteln in allen Schutzgebieten vorgeschlagen. Dabei sind diese Gebiete entstanden, weil lange Zeit Weinbau betrieben wurde. „Wir müssen zusammenhalten und gegen diese Pläne kämpfen“, ermuntert Fußer.
Marktlage vor dem Herbst 2022
Dr. Thomas Weihl, LWK Neustadt, erläuterte die Entwicklung der qualitätsweingeprüften Weine in Rheinland-Pfalz. Weihl stellte beim langjährigen Rückblick fest, dass die Menge der geprüften Weine stabil bei 5 Mio. hl im Jahr liege, trotz Ertragsschwankungen. Einbrüche gab es nur 2010 (-30 %) und 2017 (-20 %) wegen kleiner Erntemengen. In ertragsstarken Jahren wie 2018 werden viele Partien herabgestuft und als Verarbeitungswein, Landwein und Deutscher Wein vermarktet.
Wie Weihl berichtet, wurden bis 31. Juli 2022 bereits 3 Mio. hl vom 21er Jahrgang zur Quali-­Prüfung angestellt, sodass etwa 2 Mio. hl in den Kellern liegen müssten. Der 22er wird frühestens im November auf den Markt kommen. Bis dahin rechnet Dr. Weihl mit einem Restbestand von 600.000 Liter vom 21er Jahrgang in rheinland-pfälzischen Kellern. Somit werden keine alten Bestände den neuen Jahrgang belasten.
Kosten und Anpassungsstrategien
Dr. Jürgen Oberhofer, DLR Rheinpfalz, erklärte, dass die Einkaufspreise landwirtschaftlicher Betriebsmittel coronabedingt bis Oktober 2021 um 13,4 % gegenüber Oktober 2020 gestiegen waren. Von Januar bis April 2022 stiegen die Preise um 13,1 %. Dieser Index lag im April 2022 um 30 % über dem Vorjahresniveau. „Die Herbstpreise müssten also 30 % über dem Vorjahr liegen“, so Dr. Oberhofer.
Dr. Oberhofer schlägt als Anpassungsmöglichkeit vor, Investitionen zu überdenken, Privatentnahmen zu reduzieren und notfalls auf Rücklagen zurückzugreifen. Mit neuen Sorten (Piwis) könnten Pflanzenschutzmittel teilweise gespart werden. Auch Minimalschnitt hilft, Kosten zu senken. Oberhofer rät, zur Überprüfung der Mehrwertsteuerpauschalierung einen Steuerberater zu fragen. Die reguläre Besteuerung wird meist günstiger sein.
Kellerwirtschaftliche Tipps für den 22er
Dr. Pascal Wegmann-Herr brachte die Themen des bevorstehenden Jahrgangs auf den Punkt: Säuerung und Hefeernährung. Er rät, sich an den 18er Jahrgang zu erinnern. An diesen Erfahrungen könne man sich orientieren. Wegmann-Herr empfiehlt, sehr früh am Morgen zu lesen, denn es bestehe Gefahr, dass Hefen versieden und Energie zum Kühlen der Maische ist teuer.
Wegmann-Herr rät zur Säuerung vor der Gärung. Um Gärstörungen und Böckser zu vermeiden, ist auf die Hefeernährung zu achten.
Das DLR hatte im Außengelände einen Parcours durch das Versuchswesen vorbereitet. Hier zeigte Martin Ladach Möglichkeiten der Direktsaat im Weinbau. Oliver Kurz erklärte einen Versuch zur elek­trophysikalischen Beikrautkontrolle. Gerd Götz stellte Tafel­traubensorten vor. Jonas Waber promoviert zu „Sonnenbrand von Trauben“ und untersucht Vermeidungsstrategien. Derweil stellte Oenologie-Prof. Dr. Ulrich Fischer Weine aus mehr oder weniger sonnenbrandgeschädigten Trauben zur Verkostung vor. Interessant war auch die Stilistik von Piwi-Sorten. Fischer freut sich darauf, 2022 hochwertige Rotweine zu vinifizieren. bs