Bauern demonstrieren für ihre Zukunft

NAHE

Foto: Norbert Krupp
Mehr als 400 Traktoren und andere Nutzfahrzeuge rollten Ende Dezember bei einer kurzfristig organisierten Kundgebung gegen die Berliner Sparpolitik durch Bad Kreuznach. Die Landwirte aus der Region ­vermittelten einen Vorgeschmack auf den „heißen Ja­nuar“, ­den Bauernpräsident ­Joachim ­Rukwied der Ampel-­Koalition in Aussicht gestellt hat, falls diese nicht die angekündigte Streichung von Agrardiesel-­Vergünstigung sowie die Einführung von Kfz-­Steuer für landwirtschaftliche Fahrzeuge zurücknehmen sollte.
„Es reicht“
Auf Einladung der Landjugend Nahe fuhren sie mit ihren Traktoren durch die Innenstadt, um an einer Kundgebung auf der Pfingstwiese teilzunehmen. Weil sich die Teilnehmer der rollenden Demo sehr diszipliniert verhielten, alle roten Ampeln beachteten und die Kreuzungen frei hielten, blieb sogar das befürchtete Chaos im Feierabendverkehr aus. Aber schon die Zahl der Fahrzeuge und der Lärm ihrer Hupen und Hörner ließ erahnen, was von den Bauern zu erwarten sein wird, wenn die Politik auf die von ihnen geäußerten Existenzsorgen nicht angemessen reagieren wird. Schilder mit Aufschriften wie „Es reicht“, „Müsst Ihr erst Hunger leiden, bevor Ihr es versteht?“, „Lebensmittel werden teuer, kassiert der Staat die Dieselsteuer“, „Die Politik nimmt uns die Luft zum Atmen“ oder „Ohne uns wärt Ihr hungrig, nackt und nüchtern“ vermittelten die aktuelle Gefühlslage der Landwirte.
Benjamin Purpus, des bisherige Vorsitzende der Landjugend Nahe, präsentierte auf der Pfingstwiese seinen frisch gewählten Nachfolger Alexander Barth. Dieser bedankte sich über die überwältigende Unterstützung der Kundgebung. „Ich bin baff. Wir hatten mit vielem gerechnet, aber nicht mit so vielen Teilnehmern“, bedankte sich Barth.
Sargnagel für die Landwirtschaft
Michael Horper, Präsident des Bauern- und Winzerverbands Rheinland-Nassau, zeigte sich ebenfalls beeindruckt von der großen Teilnehmerzahl: „Das muss heute der Auftakt sein für eine andere Politik und für eine andere Zukunft der Jugend.“ Das, was die Ampel-Regierung beschlossen habe, sei „der Sarg­nagel für die Landwirtschaft“.
Zum Wegfall der Dieselsteuer-­Erstattung erklärte er: „Wir verfahren den Agrardiesel nicht auf der Straße, sondern auf unseren Äckern. Aber auch an den Steuervergünstigungen für landwirtschaftliche Fahrzeuge hängt ganz viel dran.“ Er verwies auf digitale Fahrtenschreiber, die Maut-Gebühr, die Fahrzeiten, die BAG sowie viele Transporte von den Höfen zu den Fabriken. „Die Belastung muss zurückgenommen werden, das ist eine rote Linie. Andernfalls werden wir noch viele solche Veranstaltungen organisieren müssen“, kündigte er an.
Es geht um die Zukunft
Im Gespräch mit DAS DEUTSCHE WEINMAGAZIN sagte Horper: „So schlimm es ist: Hier sieht man die Solidarität in der Landwirtschaft. Und die Jugend spürt, dass es um ihre Zukunft geht. Nach den ganzen Zumutungen der letzten zwei Jahre hat es diese Bundesregierung so übertrieben, dass sie sich selber zuzuschreiben hat, was jetzt passieren wird“, analysierte er.
„Bei dieser Demonstration geht es nicht nur um die Bauern, bei weitem nicht. Es geht darum, dass die Menschen weiter von uns mit regionalen Lebensmitteln versorgt werden können“, machte Johannes Thilmann, der Vorsitzende des Bauern- und Winzerverbandes an Nahe und Glan, deutlich. Norbert Krupp