Blick in die Weinbau-Forschung

Ausschuss für Technik im Weinbau (ATW)

Foto: Bettina Sieé
Zur 48. Informationstagung hatte der Ausschuss für Technik im Weinbau (ATW) nach Oberkirch in das Vinotorium eingeladen. ATW-Vorsitzender Dr. Jürgen Dietrich moderierte die Veranstaltung.
Weiterentwicklungen der Pflanzenschutztechnik
Burkhard Graber, LWG Veitshöchheim, arbeitet daran, die Schnittstelle für Frontanbaugeräte im Weinbau zu standardisieren. Graber berichtete von Weiterentwicklungen der Pflanzenschutztechnik, besonders der autonomen Technik und Arbeitssicherheit durch Assistenzsysteme in Steillagen. So war im Versuch letztes Jahr Rebschutz auf der Raupe ohne Fahrer möglich.
Um Abdrift zu reduzieren und Mittel zu sparen, werden die Düsen über ein Magnetventil geöffnet und geschlossen, der Druck bleibt. Bei steigender Fahrgeschwindigkeit oder Ausbringmenge müssen die Düsen nicht mehr angepasst werden. Dies geschieht mit der Pulsweitenmodulation automatisch über die Veränderung des Duty Cycle. Somit wird die Abdrift reduziert bei gleichbleibender Benetzungsqualität und konstanter Tropfengröße. In der Landwirtschaft ist ISOBUS üblich, beim Schmalspurschlepper besteht Nachholbedarf.
Verbesserung der Lesequalität bei Essigfäule
Daniel Regnery, DLR Mosel, berichtete von seinen Versuchen zur Verbesserung der Lesequalität bei Essigfäule durch Druckluftentlauber, der eigentlich zur Entblätterung konstruiert wurde. Diese Maßnahme direkt vor der Ernte reduzierte flüchtige Säure (von 0,8 auf 0,35 g/l), sodass einwandfreies, vermarktungsfähiges Lesegut eingebracht wurde. Regnery stellte Rebsortenunterschiede fest, je lockerbeeriger, um so besser. 2024 erzielte er bei Müller-Thurgau und Weißburgunder sehr gute Ergebnisse. Riesling reagierte sensibel. Ein stark von Kirschessigfliegen befallener Spätburgunder stellte nicht zufrieden. Regnery kommt zum Ergebnis, dass die Geräteeinstellung essenziell ist.
Standardisierung im Frontanbau
Christian Reinhold, KTBL, erklärte stellvertretend für Andreas Schauer, VDMA, die Standardisierung im Frontanbau von Weinbautraktoren. Er skizzierte das Problem der Praktiker: Wenn ein Traktor auf dem Betrieb ausfällt, lässt sich häufig das Anbaugerät nicht an einen anderen anbauen. So haben sich Vertreter der verschiedenen Marken und Berater aus den Weinbauregionen zusammengesetzt. Es gebe einen Standard für Frontanbau über einen Ero-Adapter, der seit 20 Jahren patentfrei verfügbar sei. Für Zwischenachsanbau gebe es keinen Standard, da dieser laut Traktorenhersteller mittelfristig nicht mehr zur Verfügung stehen werde.
Das Gremium soll weiter existieren. Es bestehe weiterer Einigungsbedarf bei Farbkennung an Hydraulikkupplungen. Eine ISO- oder EN-Norm werde vorbereitet.
AmBiTo, ein Projekt zur Biodiversitätsförderung
Dr. Karsten Mody, HGU Geisenheim, stellte AmBiTo vor, ein Projekt zur Förderung der Biodiversität im Weinbau. Mody befasst sich mit der Entwicklung und Anwendung eines modularen Biodiversitäts Toolkits für den deutschen Weinbau (www.ambito.eco).
Das Projekt läuft seit 2020 bis 2026 und entwickelt gemeinsam mit Fair and Green e.V. Maßnahmen für eine langfristige Anwendung. In Zusammenarbeit mit Winzern werden praxisnahe Lösungen gesucht. 35 Modellbetriebe, zehn Versuchsbetriebe und 120 Partnerbetriebe arbeiten mit. Was ist wo für mehr Biodiversität möglich? Steinhaufen Blühweiden, standortangepasste Begrünung? Die Hochschule Geisenheim begleitet das Projekt mit Forschung zur Optimierung und stellt Informationen bereit.
Zertifizierung für Nachhaltigkeit
Felix Haesler, Deutsches Institut für Nachhaltige Entwicklung (DINE e.V.), erläuterte FairChoice. Das Siegel hat DINE an der Hochschule Heilbronn gegründet, um nachhaltiges Wirtschaften in der Weinwirtschaft zu fördern und bietet Verbrauchern Orientierung. Seit 2011 zertifiziert der Verein nach 111 Kriterien (63 ökologische, 36 soziale und 12 ökonomische), darunter sind auch K.O.-Kriterien. Bei einer Mindestpunktzahl (60 %) wird das Siegel vergeben.
Entalkoholisierung von Wein
An der Hochschule Geisenheim University befasst sich Dr. Matthias Schmitt mit der Entalkoholisierung von Wein und vor allem der Aromarückgewinnung. Eine Destillatfraktion aus einem entalkoholisierten Muskatellerwein wurde mit einem Austauscherharz behan­delt, um Aromen aus dem Ent­alkoholosierungsprozess zurückzugewinnen. Die zurückgewonnene Fraktion wurde dann der entalkoholisierten Fraktion zugesetzt, um die Aromaverluste während der Vakuumdestillation auszugleichen.
Nach den Referaten besichtigten die ATW-Tagungsteilnehmer die Winzergenossenschaft Hex vom Dasenstein, die seit 2018 mit den Oberkircher Winzern fusioniert ist. Der Tag klang mit einer fachlichen Weinprobe in der Oberkircher Winzer eG aus.
Der zweite Tagungstag hatte künftige Projekte im Blick. Dabei geht es immer um Optimierung im Weinberg und Keller. Ökologische und konventionelle Bewirtschaftung stehen zueinander nicht in Konkurrenz. Ein Projekt erprobt Mähen statt Mulchen, um Nützlinge zu schonen. Mit der erzeugten Biomasse könnte der Unterstockbereich abgedeckt werden. Versuche dazu laufen. Am DLR Mosel wird weiter mit dem Druckluftentlauber gegen flüchtige Säure vorgegangen. Traubenwaschung und Trocknung sowie Traubensortiersysteme sind zurückgestellt. bs