Der Leiter der Rebenzüchtung des Julius Kühn-Instituts (JKI) Prof. Dr. Reinhard Töpfer geht in den Ruhestand: Nach fast drei Jahrzehnten Forschung auf dem Geilweilerhof in Siebeldingen wurde der Experte für molekulargenetische Grundlagen der Pflanzenzüchtung am 18. April mit einem Fachkolloquium feierlich verabschiedet.
Konsequent die Piwi-Züchtung vorangetrieben
„Der Schlüssel für den Weinbau heißt Anpassung. Die Sortenfrage im Weinbau der Zukunft wird durch Klimawandel und Nachhaltigkeit diktiert. Diese beiden Herausforderungen führen über Dekaden unweigerlich zu einem Sortenwandel“, mit dieser klaren Ansage an die Weinbaupraxis verabschiedet sich Töpfer in den Ruhestand. 29 Jahre hat er als Leiter der Rebenzüchtung des JKI beziehungsweise seiner Vorgängereinrichtung, der Bundesanstalt für Züchtungsforschung (BAZ), die Forschung des Fachinstituts am Standort Siebeldingen geprägt. Konsequent hat er die Züchtung pilzwiderstandsfähiger Rebsorten (Piwis) vorangetrieben und sich stark gemacht für die Einführung der neuen Sorten in den Markt.
Dabei war der intensive Bezug zur Weinrebe zu Beginn seiner Forscherkarriere noch nicht absehbar. Beim Blick auf seinen Werdegang (u.a. betrieb er Grundlagenforschung im Bereich Pflanzenzüchtung an Weizen und Raps) wird klar, dass er ausgewiesener Experte für Fragen der Pflanzengenetik ist. Diese Expertise zur Erforschung genetischer Grundlagen von Pflanzeneigenschaften, etwa zu Krankheitsresistenzgenen und deren Vererbungswege ist jedoch auch für die Züchtung neuer Rebsorten essenziell. „Die Herausforderungen an den Weinbau waren zu allen Zeiten groß. Aber die Fortschritte in der Rebenzüchtung über die letzten Dekaden sind gewaltig und das Fundament ist gesetzt, um den gewachsenen Herausforderungen wirksam zu begegnen“, sagt Töpfer.
Er selbst hat an dem besagten Fundament entscheidend mitgewirkt, indem er Gen-Merkmals-Beziehung für züchterisch relevante Eigenschaften aufgeklärt hat, Züchtungsstrategien entwickelte, neue Verfahren zur Hochdurchsatz-Phänotypisierung etablierte und die Möglichkeiten der Digitalisierung der Züchtung in Labor, Gewächshaus, Freiland ausgeschöpft hat. Dabei behielt er auch die genetischen Ressourcen der Weinreben im Blick, denn das Institut betreibt am Standort nicht nur eine eigene Genbanksammlung mit rund 3.800 Rebsorten und Wildarten sowie züchterisch wertvollen Zuchtstämmen, sondern koordiniert auch das nationale Netzwerk Deutsche Genbank Reben. Töpfer selbst unternahm zwei Sammelreisen (1999 und 2011) in den Osten der USA, um Vitis-Wildarten für die JKI-Sammlung zu sichern.
Vermarktungskonzepte sind gefordert
Unter Töpfers Ägide erhielten folgende Neuzüchtungen aus dem Institut für Rebenzüchtung Geilweilerhof den Sortenschutz: Felicia (2004), Reberger (2004), Villaris (2004), Calandro (2011), Calardis Blanc (2018), Calardis Musqué (2023) und gerade erst wurden zwei neue Zuchtstämme zum Sortenschutz angemeldet. Auf seinem eigenen privaten Weingut (rund 2 ha) hat er 1999 in der Großen Lage Siebeldingen „Im Sonnenschein“ die ersten Regent-Rebstöcke gepflanzt und später mit den weißen Sorten Calardis Blanc und Calarids Musqué ergänzt.
Die Einführung der neuen Sorten in die Weinbaupraxis und schließlich in die Weinregale liegt Töpfer besonders am Herzen: „Will der Weinbau die volle Innovationskraft aus der Rebenzüchtung nutzen, dann sind neue Vermarktungskonzepte unabhängig vom Sortennamen gefordert. Denn die Züchtung wird schneller neue und bessere Sorten liefern als der Weinbau Vermarktungskonzepte für einzelne Sorten aufbauen kann.“ JKI/red