Früher Jahrgang und extrem schnelle Lese

RHEINHESSEN

Das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinhessen-­Nahe-Hunsrück (DLR RNH) hatte Ende August am Standort Oppenheim zur Herbstversammlung in die Aula eingeladen, um auf die speziellen Anforderungen des Jahrgangs vorzubereiten. Die Lese der frühen Rebsorten für Federweißer war schon im Gange und auch für Sektgrundwein wurde im Wonnegau bereits gelesen.
Parallelen zu 2018
Die Weinbauberater stellten im Vergleich zum langjährigen Mittel einen um etwa zehn Tage früheren Reifebeginn fest. ­Frederik Heller, DLR RNH, blickte auf den Vegetationsverlauf zurück und sah Parallelen zum Jahr 2018. Es gebe dieses Jahr kaum Peronosporainfek­tionen. Oidium hätten die meisten Winzer gut im Griff gehabt, weil sie ihre anfälligen Anlagen kennen. „So stehen die Rebanlagen derzeit überwiegend gut da“, so Heller.
„Die Mostgewichte machten letzte Woche einen enormen Sprung“, sagte Oenologe Jörg Weiand, sodass bereits alle Rebsorten ihr Mindestmostgewicht erreicht haben. Wenn die Wartezeiten der Abschlussspritzungen erreicht ist, könne geerntet werden. Kirschessigfliegenbefall baue sich lokal auf, bei geschädigten Beeren, was kein Problem werden sollte – Dornfelder sei bereits lese­reif, beruhigte Weiand. Grund für die hohen Mostgewichte seien auch relativ niedrige Erträge beim Dornfelder.
Mindestmostgewichte bereits erreicht
Säuerung könnte diesen Herbst Thema werden, wobei die Säurewerte insgesamt noch zufriedenstellen. Es wird ein sehr schneller Ernteverlauf erwartet. Allerdings hätten die Winzer in den letzten Jahren enorme Schlagkraft bewiesen. Wegen der Absatzprobleme am Fassweinmarkt riet Weiand dazu, bei geschädigten Beeren (Hagelschlag oder Oidium) die Ernte zu überdenken. Bei knappem Platz im Keller sollten nur gesunde Trauben gelesen werden. Nur einwandfreie Partien sind vermarktbar.
Simon Quass, DLR RNH, betonte, dass durch den frühen Lesebeginn bei sommerlichen Temperaturen Kühlung und gezügelte Gärung immer mehr Bedeutung bekommen. Der Strompreis hat sich in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt, sodass frühmorgens gelesen werden sollte. Investitionen in Kühltürme machen sich bezahlt. Quass betonte auch, dass eine Gärung bei 17 °C völlig ausreiche, um fruchtige Weißweine zu erzielen.
Jens Göhring, Weinbaupräsident Rheinhessen, beklagte die problematische Marktlage mit weltweit zu hohem Weinbestand. Bereits seit drei Jahren fordere der DWV eine Rota­tionsbrache, die noch immer nicht umgesetzt sei.
Weinbaupolitik auf Bundes- und EU-Ebene
Göhring erwartet eine zielgerichtete Weinwerbung durch stärkere Vernetzung der Gebietsweinwerbung mit dem DWI. Die Erntemenge könne noch nicht geschätzt werden. Der Behang sehe gut aus, aber die Saftausbeute sei nicht wie erwartet, berichten Winzer, die bereits lesen.
Ärgerlich sei, dass jedes Jahr Fördergeld nach Brüssel zurückfließt, weil es nicht abgerufen werden kann – meist wegen fehlender Kofinanzierung. Nun bietet Rheinland-­Pfalz einen zusätzlichen Antragszeitraum, um den Antrag Teil 1 („Herbstantrag“) für die Umstrukturierung zu stellen. Das zusätzliche Antragsverfahren ermöglicht, mit Rodeerlaubnis die Flächen im Winter zu räumen. Die Winzer sichern sich damit die Option, in späteren Jahren, wenn die Marktlage entspannter ist, wieder neu zu pflanzen.
Anträge können über das Wein­informationsportal (WIP) der Landwirtschaftskammer erfasst oder unter www.mwvlw.rlp.de (Themen > Weinbau > Förderung > Umstrukturierung) heruntergeladen werden. Sie sind von 15. bis 30. 9.2025 (Ausschlussfrist) unterschrieben bei der zuständigen Kreisverwaltung einzureichen. bs