Zum Thema Kostenmanagement im Weingut hatte das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück in die Aula nach Oppenheim eingeladen. Die wirtschaftlichen Herausforderungen für Weingüter haben in den letzten Jahren zugenommen. Steigende Kosten in nahezu allen Bereichen des Betriebs erfordern eine genaue Analyse und Optimierung. Die Veranstaltung widmete sich Kostenfaktoren in Weinbaubetrieben und beleuchtete diese, um Einsparpotenziale zu erkennen und die Betriebsstruktur effizient zu gestalten.
Was kostet der Weinbau und wo kann ich sparen?
Das Wichtigste für jeden Unternehmer ist, seine betriebswirtschaftlichen Zahlen zu kennen. Seit 2019 seien die Preise für Betriebsmittel um 28 % gestiegen. Dr. Larissa Strub, Hochschule Geisenheim University, befasst sich seit Jahren mit der Geisenheimer Unternehmensanalyse. Die Ergebnisse seien nicht repräsentativ, aber die erkennbaren Entwicklungen seien allgemeingültig.
Die meisten Kosten im Betrieb betreffen Rebschnitt (37 %). Heften, Lese, Ausbrechen sowie Pflanzenschutz kommen hinzu. Benachteiligt sind Weinberge mit eingeschränkter Mechanisierbarkeit. Studien zeigen, dass die Kosten um 40 % bis 137 % höher liegen als in voll mechanisierbaren Weinbergen.
Als Maßnahmen zur Kostensenkung nennt Strub die Umstellung auf Minimalschnitt im Spalier (minus 84 %) und in Steillagen, wo möglich auf Querterrassierung (bis zu 41 % Kostenersparnis). Die Erfahrungen zeigen, dass mit Minimalschnitt im Spalier eine gute Basisqualität erzeugt werden kann, gleichzeitig werden Kosten für den Rebschnitt und die Handlese gespart. Qualitätssteigernde Maßnahmen müssen bezahlt werden, deshalb ist von Beginn an, die Vermarktung im Blick zu halten.
Der Anbau von Piwis könne den Pflanzenschutzaufwand verringern. Das Qualitätsmanagement muss an die vermarktbare Qualität angepasst sein, um unnötigen Aufwand zu sparen. Detaillierte Kostenrechnung und darauf abgestimmte Preisstrategie sichern die Profitabilität. „Die Wirtschaftlichkeit eines Weingutes hängt von der Produktions- und Vermarktungsstruktur ab. Preise müssen kostendeckend festgelegt werden. Es gilt unrentable Prozesse zu entdecken und Maßnahmen zu ergreifen.
Die Betriebe müssen sich auf Fasswein oder Flaschenwein konzentrieren und hocheffizient gezielt produzieren. Strub empfiehlt aus betriebswirtschaftlicher Sicht Piwi-Anbau im Minimalschnitt im Spalier oder in Querterrassen. Natürlich ist eine gute Erntemenge für entsprechenden Umsatz anzustreben. Oft haben die Betriebe zu viele Sorten im Anbau und zu viele Weine auf ihrer Karte. Der Fokus sollte auf den am besten vermarktbaren Weinen liegen.
Einsparpotenzial bei Rebschutz ist überschaubar
Benjamin Foerg, DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, stellte Überlegungen an, wie Pflanzenschutz kosteneffizienter gestaltet werden könnte. Peronospora-Infektionen lassen sich mit Prognosemodellen relativ zuverlässig vorhersagen, sodass angepasst geplant werden kann. Eventuell kann man eine Überfahrt sparen, wenn keine Infektionsgefahr besteht. Bei Oidium-Behandlungen ist das nicht möglich, weil zu riskant. Ernüchternd ist die Einsicht, dass nur 20 % der Traubenproduktion auf den Pflanzenschutz entfallen und davon nur ein Drittel auf reine Mittelkosten, im Klartext 7 % der Gesamtkosten. Auch das Einsparpotenzial durch Anbau von Piwis werde völlig überschätzt, meinte Foerg. Auf jeden Fall sollte eine vorbeugende Behandlung mit optimal eingestellter Applikationstechnik und bestmöglicher Terminierung der Behandlungen erfolgen. Mit einer kostspieligen Anschaffung eines Recycling-Pflanzenschutzgerätes wäre über die Saison etwa 25 % Mitteleinsparung möglich.
Die Bezahlung der Arbeit ist ein Kostentreiber
Die großen Kostentreiber sind Maschinen- und Gerätekosten, vor allem aber Arbeitskosten. Janine Dick, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, rechnete vor, wie viel die Stunde des Arbeitnehmers den Betrieb tatsächlich kostet. „Zum Stundenlohn von 12,82 Euro muss der Arbeitgeber noch Lohnzusatzkosten, wie Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung einplanen. Zudem muss der Betrieb Beiträge zur Berufsgenossenschaft und Unfallversicherung tragen. Diese Zusatzkosten bedeuten einen Aufschlag auf den Bruttolohn von etwa 25,5 %. Bei Minijobs sind sogar 31,5 % Lohnzusatzkosten zu kalkulieren, erklärte Janine Dick.
Bei der Preiskalkulation von Dienstleistungen und Produkten müssen Lohnkosten von 20,50 Euro bei einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis und 23,25 Euro bei einem Minijob als Lohnaufwand je Stunde veranschlagt werden, wenn der Mindestlohn von 12,82 Euro gezahlt wird.
Vermarktungskosten zielgerichtet planen
Ob Direktvermarktung, Fachhandel oder Lebensmitteleinzelhandel – die Werkzeuge sind gleich: Social media, Printwerbung, Events und Mails, erklärte Dirk Paulus, Kompetenzzentrum Weinmarkt und Weinmarketing. Wichtig sei, das jeder Betrieb seine individuelle Idendität finde. Paulus empfiehlt als erstes eine Jahresplanung der Marketingmaßnahmen, um Kosten zu reduzieren. So können Abläufe automatisiert werden. Manchmal ist es wirtschaftlicher, eine Aufgabe an Fachleute auszulagern. „Macht nur das, was ihr leisten könnt“, mahnt Paulus. Eine strategische Planung vermeidet Überraschungen und nutzt Synergien. Erfolgreiche Kommunikation muss nicht teuer sein, sondern durchdacht.
Individuelle Absicherung des Betriebes
Tobias Böhm, MSU GmbH, referierte über Möglichkeiten, Versicherungen zu optimieren. Winzer und Landwirte können durch Komplettangebote bei Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherungen erheblich Geld sparen, zeigte Böhm auf. Landwirtschaftliche Versicherungsmakler bieten attraktive Sonderkonditionen an. Auch bei Kfz- und Maschinenbruchversicherungen profitieren Winzer und Landwirte von maßgeschneiderten Lösungen, sagt Böhm. Es gibt eine Versicherungsgesellschaft, die eine Berufsunfähigkeitsabsicherung anbietet, auch wenn bereits Vorerkrankungen bestehen.
Es mache Sinn, die Versicherungsunterlagen durchzusehen und zu optimieren. Sonderkonditionen und Rahmenverträge sollten genutzt werden. Umnutzungen von Gebäuden müssen gemeldet werden. Böhm rät davon ab, Versicherungen zu kündigen – zum Beispiel ungenutzte Gebäude nicht zu versichern.
Schlussplenum und Reflexion
Das Schlussplenum des Kostenseminars moderierte Mathias Matheis, DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, der die Veranstaltung weitgehend organisiert hatte. Es gibt kein Patentrezept, wie Kosten im Weingut reduziert werden können, aber in vielen Bereichen, vom Weinberg bis zum Marketing, bieten sich kleine Stellschrauben an, an denen gedreht werden kann. Es gilt, mögliche Potenziale zur Einsparung zu finden und zu nutzen. bs