Beim Weinmarketingtag in Neustadt bot Bernd Wechsler mit dem Team des Kompetenzzentrums Weinmarkt und Weinmarketing Rheinland-Pfalz Gelegenheit, neue Strategien zu erkunden und sich auszutauschen.
Junge Menschen für Wein begeistern
„Wenn wir auf die Altersstruktur der Kunden schauen, ist es für flaschenweinvermarktende Betriebe entscheidend, junge Menschen für Wein zu begeistern“, erklärte Bernd Wechsler. Denn die jungen Leute der sogenannten Generation Z, die Jahrgänge 1995 bis 2010, bilden etwa 17 Prozent der deutschen Bevölkerung, aber als Zielgruppe stellt die Gen Z die Weinvermarkter vor Herausforderungen. „Denn die Gen Z ist immer online, hat große Schwierigkeiten, Entscheidungen zu treffen, steht unter enormem Leistungsdruck, ist maximal unverbindlich und konsumiert im Vergleich zur Generation X (1965-1979) und den Millenials (1980-1994) deutlich weniger alkoholische Getränke“, fasste Wechsler zusammen.
Cheers, Gen Z! Passende Zielgruppenansprache
Was wichtig ist, um die Gen Z auf sich aufmerksam zu machen, zeigte Prof. Dr. Laura Ehm vom Weincampus Neustadt. Aus den Befragungen ihres aktuellen Forschungsprojekts zur Zielgruppenansprache der Gen Z ließen sich Trends erkennen: „Wenn die jungen Leuten nicht aus einer Weinregion kommen oder über Familie und Freunde Kontakt zur Weinszene haben, spielt Wein und Weinkonsum für sie wenig bis keine Rolle. Gleichzeitig verbindet die Gen Z den Wein mit Genuss, sozialen Erlebnissen und einer gewachsenen Kultur“, sagte Ehm. „Weinkultur und moderater Genuss sind daher Pluspunkte, die Weingüter unbedingt bespielen sollten. Junge Erwachsene achten auf mäßigen Genuss und sind auch sehr an entalkoholisierten Produkten interessiert. Da die Gen Z immer online ist, müssen Weingüter verstärkt auf Social-Media-Plattformen zu finden sein und generell ihr digitales Marketing verbessern“, so Prof. Ehm. „Marketing für die Gen Z muss zielgerichtet adressiert werden: etwa mit altersgerechten Events, die direkt online gebucht werden können. Denn aus dieser Generation ruft niemand mehr beim Weingut an.“
Professionalisierung des Weinvertriebs
Vertriebsprofi Ronan Lamballais (Biberry Conseil), der lange für große Champagner-Häuser sowie für Schlumberger tätig war, zeigte praxisnah, wie professionelles Marketing funktioniert. „Für Ihren Betrieb ist eine schonungslose Analyse entscheidend: Welche Priorität hat der Vertrieb in unserm Betrieb? Wie setzt sich die Vertriebsstruktur zusammen? Welche Anteile entfallen auf Privatkundengeschäft, Fachhandel, Online-Handel und gegebenenfalls LEH? Wer ist in unserem Betrieb für den jeweiligen Absatz-Kanal zuständig und was lässt sich hier optimieren?“, so Lamballais. „Man muss analysieren, mit welchen Kunden man den meisten Umsatz generiert, diese Daten strukturiert angehen, klare Ziele fürs Key-Account-Management definieren und diese Strategie Schritt für Schritt verfolgen.“
Da die Requirierung von Neukunden teuer ist, empfahl Lamballais, Altkunden zu kontaktieren und diese Beziehung zu pflegen. „Wichtig ist, die Vertriebs-Strategie im Team zu erarbeiten, die Ziele regelmäßig gemeinsam zu überprüfen und falls nötig, anzupassen“, so sein Fazit.
Kreative Pop-Up-Events
Bas van Gijzen (Weinbar und -laden Laurenz, Mainz) und Daniel Mattern (Weingut Mattern, Mettenheim) zeigten, wie Winzer durch innovative Pop-Up-Events mit der Gastronomie neue Kunden gewinnen und bestehende Beziehungen stärken können. „Wir setzen aktuell auf eine Event-Serie in Mainz, etwa mit Konzerten, bei denen auch einige Winzer vor Ort sind. Ziel ist, dass junge Leute ungezwungen Weine probieren können“, sagte Bas van Gijzen. Daniel Mattern bestätigte, dass er Vorteile in diesen Pop-up-Events sieht: „Man hat unkomplizierten Kontakt zu Kunden, die probieren und wenn es schmeckt, gleich kaufen können.“
Erfolgreiche Multichannel-Strategien
Victoria Lergenmüller-Kieffer (Weinhaus Lergenmüller) schaffte es, sowohl die gehobene Gastronomie als auch den Einzelhandel erfolgreich anzusprechen. „Multichannel ist ein kompliziertes Vertriebskonzept, da jeder Kanal andere Ansprüche hat: Aber die Qualität der Weine muss immer perfekt sein und zwar für die Gastronomie genauso wie für den Onlinehandel, LEH und Discount“, erklärte Lergenmüller-Kieffer, die im Unternehmen Produktion und Sales verantwortet. „Man wird daran gemessen, was der Liter kostet und da rechnen wir mittlerweile mit der vierten Stelle hinter dem Komma. Ebenso muss man Trends aufgreifen – gerade haben wir uns auf der SIMEI eine Entalkoholisierungsanlage angeschaut, um auch in diesem Bereich demnächst alles selbst in der Hand zu haben.“
Internationale Marktchancen
Daniel und Bianca Schmitt vom gleichnamigen Weingut in Flörsheim-Dalsheim platzieren ihre naturbelassenen Weine erfolgreich auf dem internationalen Markt. „90 Prozent unsere Produkte gehen in den Export, vor allem nach Nordamerika und Skandinavien“, erklärte Daniel Schmitt. Der größte Markt sei Quebec (Kanada), wo die Weine aus Rheinhessen in Kooperation mit einem Importeur und über das Monopolsystem sowohl in der Gastronomie als auch in Läden verkauft werden. „Für den Export kann ich empfehlen, wie wir bei internationalen Verbänden Mitglied zu werden, um Kontakte zu knüpfen und den Markt sowie die Importeure kennenzulernen“, meinte Daniel Schmitt. ak