Netzwerkwochenende Frauen und Wein

Vinissima Frauen und Wein

Foto: Norbert Krupp
Zum Netzwerk-Wochenende „Moderne Zeiten“, trafen sich rund 100 Mitglieder von Vinissima, dem Berufsnetzwerk für Frauen in der Weinbranche, in Bad Kreuznach. Online waren bei der per Video-Stream übertragenen Hybrid-Veranstaltung weitere 50 Fachfrauen dabei.
„Die dramatisch gestiegenen Energiekosten haben die Wein­erzeuger deutlich stärker getroffen als die Händler. Die Lage der Erzeuger ist nicht rosig“, konstatierte Prof. Dr. Simone Loose, Leiterin des Instituts für Betriebswirtschaft und Marktforschung Hochschule Geisenheim und seit 2022 Vinissima-­Mitglied. Die Weinbranche mit ihrer begrenzten Rentabilität stehe mit anderen Branchen im Wettbewerb um gute Köpfe. Die Referentin beobachtet, dass viele Geisenheim-Absolventen mit Master-Abschluss in andere Branchen abwandern, weil dort bessere Perspektiven locken. Das sei neben den aktuellen Kostensteigerungen, die 25 % Preiserhöhungen erforderten, die größte Gefahr für die Weinbranche.
„Es muss Dich nicht jeder mögen – Du magst auch nicht jeden“, sagte die Münchner Networking-Expertin Monika Scheddin, die vermittelte, wie mit Charakter, Charme, Charisma überzeugt werden kann. Sie warnte davor, bei der Kontaktpflege sowie beim Marketing zu intensiv vorzugehen: „Keiner möchte als Beutetier gejagt werden, sondern jeder will um seinet- oder ihretwillen wahrgenommen, gewertschätzt werden.“ Frauen seien kompetent und reflektiert und müssten ihre Ziele an ihren Wünschen orientieren, nicht an ihren Fähigkeiten. Diese ließen sich noch erweitern, ermutigte die Referentin. Networking definierte sie als die Kunst, sich persönlich zu zeigen. Konflikte gelte es als Chance zu sehen und zu nutzen.
Nicht nur die Liebe zählt
Ernüchternd war der Impulsvortrag „Nicht nur die Liebe zählt“, in dem die Hamburger Rechtsanwältin Doktoressa Denise Grauer aufzeigte, dass viele Frauen in landwirtschaftlichen Betrieben nicht ausreichend abgesichert sind, auch wenn viele von ihnen jahrzehntelang auf dem Hof mitgearbeitet haben. Sie erläuterte die Berechnung des Zugewinn- und Versorgungsausgleichs, die oft geringer als erwartet ausfielen. Grauer zeigte auf, welche juristischen Besonderheiten es bei Betrieben gibt.
Großzügige Geschenke wie Diamantschmuck oder wertvolle Kunst gelten als „ehebedingte Zuwendungen und werden bei der Trennung mit dem halben Wert verrechnet, es sei denn, es wurde als Schenkung notariell beurkundet. Beim Güterrechtlichen Ausgleich gelte bei landwirtschaftlichen Betrieben und Weingütern § 1376 des BGB: Bei der Berechnung des Anfangsvermögens und des Endvermögens sei unter bestimmten Voraussetzungen der Ertragswert anzusetzen – nicht der Substanzwert.
Der Ehegattenunterhalt im Falle der Scheidung sei 2008 durch den Gesetzgeber deutlich begrenzt und befristet worden. Nach einer bestimmten Zeit müsse frau selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen. „Im Zweifel müsst ihr vom Hof“, warnte Grauer. Sie empfahl den Frauen, rechtzeitig einen zeitlich unbegrenzten Unterhalt und dessen Mindesthöhe festzulegen oder auch eine Abfindungsvereinbarung zu treffen. Grundsätzlich dürfe man sich nicht auf den Partner verlassen, sondern müsse beruflich unabhängig bleiben und für die Alterssicherung vorsorgen.
Piwis bieten Chancen
Martin Darting, Winzer, Sensorikexperte, Sommelierausbilder und Vorstand der Wine System AG berichtete, wie Winzer in der Schweiz, in Österreich sowie Italien bereits auf Piwis (pilzwiderstandsfähige Rebsorten) setzen, während in Deutschland die damit verbundenen Chancen erst entdeckt und durchs Weingesetz zugelassen werden. Neben Pflanzenschutz könnten durch weniger Fahrten durch den Weinberg bis zu 600 Liter Sprit pro Hektar eingespart werden. Alleinstellungsmerkmal eines jeden Weinguts sei die von ihm bewirtschaftete Fläche. Das Terroir werde durch kleinklima­tische Einflüsse geprägt. „Auch Piwis können Terroir“, betonte Darting.
Bei der Weinprobe wurden sechs Piwi-Weine jenseits zehn Euro pro Flasche verkostet. Darting zeigte wie vielseitig und teils exotisch diese Sorten sind. Über Möglichkeiten der Piwis und ihre Vermarktung informierten danach die Organisationen „Piwi Deutschland“, „Zukunftsweine“ und „Piwi Kollektiv“.
Drei junge Frauen präsentierten ihre Abschlussarbeiten: Lara Steinfurth, Absolventin von Geisenheim, befasste sich mit der qualitativen Analyse der Motivationsfaktoren von Erzeuger alkoholfreier Still- und Schaumweine auf dem deutschen Markt, die gerade bei jungen Konsumenten gefragt sind. Julia Noll studierte an der Hochschule Heilbronn und berichtete über die von ihr konzipierte Eventreihe für das Weingut ihrer Familie. Louisa Fruth besuchte den Weincampus Neustadt und untersuchte die Vergärung zuckerhaltiger Moste mit der Hefe ,Torulaspora delbruckii“. Norbert Krupp