Die Schutzgemeinschaft Rheinhessen informierte bei ihrem Frühjahrs-Pressegespräch über den Jahrgang, den Weinmarkt und die Weinwerbung. Nach einem frühen Austrieb gab es in den Nächten zum 22. und 23. April massive Frostschäden an den Reben in Rheinhessen. Je nach Lage und Rebsorte variieren die Schäden sehr stark. Betroffen sind auch klassische Wein- und Höhenlagen. Die Auswirkungen auf die Ernte sind noch nicht abzuschätzen, so Wolfgang Trautwein, Vertreter der Weinkellereien in der Schutzgemeinschaft.
Die momentan gute Wasserversorgung und die wärmeren Temperaturen beschleunigen nun die Entwicklung. Die Hoffnungen liegen beim Austrieb der Beiaugen, erklärte Jens Göhring, Weinbaupräsident Rheinhessen.
Mit einer Weinmosternte von 2,4 Mio. hl im Jahr 2023 lag Rheinhessen leicht unter dem Vorjahr und etwas unter dem langjährigen Mittel. Bundesweit lag die Menge mit 8,6 Mio. hl etwa im Durchschnitt. Damit sei die Marktbeschickung gewährleistet. Sorge macht die Konsumzurückhaltung der Verbraucher infolge der inflationsbedingten Verunsicherung. Die Wirtschaft beklagt teilweise die politischen Rahmenbedingungen. Zudem geht der Trend der jungen Generation weg vom Alkohol. Trautwein setzt deshalb zunehmend auf alkoholreduzierte und alkoholfreie Produkte, die stärker nachgefragt werden.
Die Weine aus Rheinhessen werden vor allem über den Lebensmitteleinzelhandel (LEH) vertrieben, speziell über Weinkellereien. Der 23er war für die Kellermeister sehr herausfordernd, weil witterungsbedingt in kürzester Zeit die gesamte Ernte verarbeitet werden musste. Alle Regionen ernteten gleichzeitig, was auch für die Genossenschaften und Kellereien schwierig war. Umso mehr überraschten nun die guten Weinqualitäten.
Positive Signale vom Export
Der Durchschnittspreis für einen Liter deutschen Wein hat 2023 mit 3,35 € im Export einen Höchststand erreicht, berichtete Peter Rotthaus als Vertreter der Weinkellereien. Einem Wertzuwachs von 4 % stand ein Rückgang des Exportvolumens von 2 % gegenüber. Ein großer Teil der deutschen Exportweine kommt aus Rheinhessen. Erfreulich ist die Wertsteigerung von 16 % bei leicht gestiegener Menge von 0,6 %. Die Weinwirtschaft freut sich über die Mengensteigerung von 22 % und Wertsteigerung von 29 % beim Weinexport nach Schweden. Ebenfalls legten Finnland, Polen und die Niederlande zu. Dagegen war der Export in die USA, nach Norwegen und Großbritannien rückläufig.
Herkunftsprofilierung bei Einzellagen
Wie die Schutzgemeinschaft Rheinhessen festgelegt hat, sollen für die Etikettierung von Einzellagen künftig die Sorten Riesling, Grauburgunder, Weißburgunder, Chardonnay, Spätburgunder und Silvaner genutzt werden dürfen.
Rheinhessen hat 2023 seine Rebfläche um 300 ha erweitert auf nun 27.500 ha. Davon sind 74 % Weißwein und 26 % Rotwein. Riesling und Müller-Thurgau stehen an der Spitze. Mit etwas Abstand folgen Grauburgunder, Silvaner, Weißburgunder und Chardonnay. Bei Rotwein liegt Dornfelder an der Spitze vor Spätburgunder und Portugieser. Spannend bleibt, welche Piwi-Sorte sich am Markt durchsetzen wird. Cabernet blanc und Sauvignon gris werden derzeit vermehrt gepflanzt.
Stefan Braunewell, Vorsitzender Rheinhessenwein e.V., sieht Rheinhessen gut aufgestellt. Der Absatz in die Gastronomie erhole sich aufgrund des günstigen Preis-Leistungs-Verhältnisses wieder. Die Gebietsweinwerbung muss den Werbeetat von 2,8 Mio. € so effizient wie möglich einsetzen, dabei wird immer weniger für Printmedien und immer mehr für Online-Kanäle ausgegeben.
Langfristig schaut die rheinhessische Weinwirtschaft optimistisch in die Zukunft, denn die Produktionsvoraussetzungen sind im größten deutschen Anbaugebiet gut. Der Kostendruck macht Sorge, aber die Region ist sehr gut maschinell zu bearbeiten und die Reberziehung wird weiter optimiert. Die Schlagkraft der Betriebe passt sich an die Herausforderungen an. Im Vergleich zu Südeuropa bleibt Deutschland immer noch „cool climate“.bs