Riesling belohnte den hohen Arbeitsaufwand

MOSEL

Die Moselwein e.V. hatte zum Herbstpressegespräch in das Weingut von Othegraven nach Kanzem an der Saar eingeladen. Der Vorsitzende Henning Seibert, zugleich Geschäftsführer der Moselland eG, ärgerte sich massiv über die überhöhte Ernteschätzung des Statistischen Bundesamtes vor der Lese. Tatsächlich liege der Ertrag 20 % unter dieser Schätzung. „Diese Fehleinschätzung hatte verheerende Folgen für die Preisfindung auf dem Fassweinmarkt, was hochproblematisch ist“, so Seibert. Das feucht-warme Wetter ließ die Ernte durch sich ausbreitende Fäulnis rasch schrumpfen.
Der Weinbauverband Mosel geht von rund 710.000 hl aus, davon 650.000 hl Weißmost. Die Erntemenge an der Mosel liegt zwar rund 3 % über der des Vorjahres, ist aber leicht unter dem langjährigen Mittel. Riesling mit etwa 80 hl/ha macht mit rund 426.000 hl fast 60 % der gesamten Ernte an Mosel, Saar und Ruwer aus. Bei Rotweinsorten wird der Ertrag auf rund 62.000 hl geschätzt. Die Erträge reichen von 75 hl/ha beim Spätburgunder bis 85 hl/ ha beim Dornfelder. Insekten wie die Kirschessigfliege befielen Rotweinsorten, was zu rascher Fäulnis und Ernte führte, sodass fast alles zu Rosé und Blanc de noir verarbeitet wurde. „Die Lese wird den Winzern an der Mosel lange als arbeitsreich in Erinnerung bleiben. Es war ein Jahrgang der Herausforderungen, der aber auch die Chance für Spitzenweine geboten hat“, berichtete Weinbaupräsident Walter Clüsserath.
Hoher Selektionsaufwand, aber exzellente Weine
Die rasante Reifeentwicklung ab Anfang September machte sehr hohen Selektionsaufwand erforderlich. Der spätreifende Riesling profitierte vom positiven Witterungsverlauf in der zweiten Septemberhälfte vor allem in den Schiefersteillagen. Der Riesling belohnte die Arbeit mit Qualitäten bis zu Großen Gewächsen und edelsüßen Raritäten wie Trockenbeeren-auslesen. Die früher reifenden Burgunder kamen mit der Witterung weniger zurecht. Wie Seibert erklärte, lohnen sich die hohen Kosten bei selektiver Ernte nur für Weingüter, die entsprechende Preise erzielen können. Der Handel sei nicht bereit, die Preise anzupassen.
Bei Trauben-und Fassweinerzeugern lag das Mostgewicht bei 70 bis 85 °Oe. Elbling mit 115 hl/ha und Müller-Thurgau mit 100 hl/ha gehören mit guten Erträgen und Mostgewichten zu den Gewinnern des Jahrgangs an der Mosel.
Der Absatz von Moselweinen entwickelte sich im laufenden Jahr im In- und Ausland sehr unterschiedlich. Im Inlandsmarkt liegen die Absatzrückgänge für Moselweine im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) im zweistelligen Prozentbereich. Weine in günstigeren Preissegmenten werden stärker gefragt. Auch Fachhandel und Direktvermarkter melden Kaufzurückhaltung.
Die Mosel exportiert etwa 25 bis 30 % der jährlichen Produktion. 2022 und im ersten Halbjahr 2023 ging die Menge zurück, bei gleichzeitig steigendem Wert. Im Jahr 2022 verzeichnete der Export von Moselwein laut Verband Deutscher Weinexporteure (VDW) einen Zuwachs um 3 % im Wert und einen Rückgang um 6 % in der Menge. Es wurden 201.000 hl weißer Qualitätswein im Gesamtwert von 93 Mio. € ausgeführt. Das entspricht einem Durchschnittspreis von 4,64 €/ Liter ab Keller. Für das erste Halbjahr 2023 registrierte der VDW bei den Ausfuhren von Moselwein ein Mengen-Minus von 4 % und ein Wert-Plus von 0,8 % gegenüber dem Vergleichszeitraum von Januar bis Juni 2022.
Ausländische Fassweine drängen zu sehr niedrigen Preisen auf den deutschen Markt. Die unbefriedigende Preisentwicklung dürfte zu weiteren Betriebs-und Flächenstilllegungen führen. Seibert erwartet, dass die Rebfläche an der Mosel von derzeit 8.570 ha in den kommenden Jahren weiter zurückgehen wird, vor allem an der Terrassenmosel. bs