Traubenlese für koscheren Wein

Staatsweingut Weinsberg

Foto: Bettina Siée
Das Staatsweingut Weinsberg startete das Projekt „Koscherer Wein“ mit der Lese der Trauben. Der Landesrabbiner von Baden Moshe Flomenmann, der Stuttgarter Rabbiner Yehuda Pushkin, Vorstandsmitglied der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg Michael Kashi, Ideengeber Manuel Hagel, Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion, Christian Gehring und die CDU-Generalsekretärin Isabell Huber kamen in die querterrassierte Steillage Gundelsheimer Himmelreich, um Lemberger zu lesen. Ebenso wurde im Weinsberger Schemelsberg Riesling geerntet.
Regeln für koscheren Wein im Kelterhaus
Wie der Landesrabbiner von Baden erklärte, sind bei der Handlese für koscheren Wein keine besonderen Vorkehrungen zu treffen, weil davon auszugehen ist, dass die Trauben noch intakt sind. Bei der Voll­ernterlese müsste ein gläubiger Jude die Maschine fahren, weil Saft fließt und damit das heilige Ritual des Weinmachens schon im Weinberg beginnt. So fiel die Entscheidung für die Handlese. Weil der erste koschere Wein am Staatsweingut erzeugt wird, war diese Lese ein ganz besonderer Anlass, sodass Moshe Flomenmann die Schofar blies, das ist ein Widderhorn – ein sehr altes Instrument.
„Es sollen jeweils etwa 3.000 Liter Rot- und Weißwein erzeugt werden, sodass je 4.000 Flaschen in den Verkauf gehen können“, erklärte Dr. Dieter Blankenhorn, Direktor der LVWO Weinsberg. Die Weinbehandlung unterscheide sich nicht, aber für koscheren Wein sind religiöse Vorschriften einzuhalten.
Am Wichtigsten ist, dass nur gläubige Juden den Wein behandeln. Deshalb übernehmen diese ab der Anlieferung im Kelterhaus die Verarbeitung der Trauben. Unter Anleitung von Kellermeister Florian Solymari bediente der Kashrut-Beauftragte David Asher Poretski die Geräte. Der Stuttgarter Rabbiner Yehuda Pushkin überwachte die Vorgänge im Kelterhaus. Simon Bachmann, Oenologe und Referatsleiter an der LVWO Weinsberg, erklärte, dass es zertifizierte koschere Hefestämme gebe, sodass der Zugabe von Reinzuchthefe nichts im Wege stehe. Die Zugabe von Enzymen sei nicht möglich, was er in diesem Jahrgang befürwortet hätte. Die Schönung mit Bentonit ist aus religiöser Sicht unproblematisch. Biologischer Säureabbau muss allerdings unbedingt vermieden werden.
Die Juden hatten die Tanks gereinigt, rituell dreimal gewässert und „versiegelt“, ebenso die Kelter. Um unbeabsichtigte Kontakte zu vermeiden, wurden neue Schläuche und eine Pumpe für den koscheren Wein angeschafft. Der Stuttgarter Rabbiner Yehuda Pushkin und der Kashrut-Beauftragte werden nun unter fachlicher Anleitung den Wein weiter ausbauen.
Erstmals koscherer Wein im Ländle
Die beiden Rabbiner freuen sich sehr über das Projekt, denn koschere Weine werden in Israel oder Frankreich gekauft, weil es bisher keinen im Ländle gab.
Zudem ist den Rabbinern wichtig, dass man nicht nur an Gedenktagen zurückschaut, sondern miteinander lebt und sich austauscht. Weinkultur und jüdisches Leben gehörten zusammen. Deshalb unterstützen die Rabbiner das vom Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion Manuel Hagel, vorgeschlagenen Projekt. Der neue koschere Wein soll den Namen Le­chaim erhalten, das heißt „Auf das Leben“. bs