Überraschende Reifeverzögerung

RHEINGAU

Auch in diesem Jahr hatte der Rheingauer Weinbaupräsident, Peter Seyffardt, Prof. Dr. ­Manfred Stoll von der Hochschule Geisenheim Universitiy (HGU) an seiner Seite, um bei der Herbstpressekonferenz am 23. September eine vorläufige Bilanz des Jahrgangs 2024 zu ziehen. Wenngleich Seyffardt eingestehen musste, den Termin für die Herbstpressekonferenz etwas zu früh angesetzt zu haben, denn derzeit seien die ­angereisten Erntehelfer im Rheingau quasi arbeitslos.
Die Ernte der frühen Sorten und der Spätburgunder sei praktisch abgeschlossen, beim Riesling jedoch gäbe es trotz hoher Sommertemperaturen von Juni bis August eine überraschende Reifeverzögerung im Vergleich zu den Vorjahren. Die Mostgewichte seien noch zu niedrig und die Säurewerte zu hoch, sodass die Riesling-­Hauptlese unter Vorbehalt guter Witterungsbedingungen erst in der zweiten Oktoberwoche beginnen werde.
Ungewöhnlich hohe Niederschlagsmengen
Stoll lies die Wetterdaten und die Phänologie des Weinjahres 2024 Revue passieren und verwies darauf, dass nicht nur ­Februar und März viel zu warm waren, sondern auch dieser Sommer der 28. in Folge mit höheren Durchschnittstemperaturen als in den Referenzjahren war. Das Besondere am Jahr 2024 seien aber die ungewöhnlich hohen Niederschlagsmengen gewesen. Die permanente Feuchtigkeit in der ersten Hälfte der Vegetationsperiode hätte für enormen Infektionsdruck durch Peronospora gesorgt, die dann in den Monaten Juli und August durch Rekordtemperaturen von Oidium abgelöst worden sei.
Peter Seyffardt sagte dazu: „Wer nicht termingerecht seinen Pflanzenschutz betrieben hat, musste mit starken Ernteverlusten bis hin zu Totalverlust rechnen.“ Die Öko-Betriebe hätten doppelt so viele Behandlungen durchführen müssen wie die konventionell bewirtschafteten und auch Piwi-­Sorten seien vier Mal behandelt worden. Er gehe dennoch davon aus, dass es ein guter Jahrgang wird. „Wenn noch zwei Wochen schönes Wetter ist, wird alles gut. Die Säure wird abgebaut, die Trauben bleiben gesund und die Mostgewichte sind ausreichend hoch“, so sein Fazit.
Fassweinmarkt aktuell noch ruhend
Zur Marktsituation berichtete der Rheingauer Weinbaupräsident von einem aktuell noch ruhenden Most- und Fassweinmarkt. Einzelne Projekte mit Großkellereien würden derzeit realisiert, aber die aufnehmenden Kellereien warteten derzeit ab, wie sich das Herbstgeschehen entwickelt. Gleichwohl zeigte sich Seyffardt optimistisch, dass die Fassweinpreise anziehen werden, denn die Erntemenge läge deutlich unter dem Durchschnitt. Entscheidend sei aber, dass nach seiner Schätzung 70 % der Rheingauer Weingüter Direktvermarkter mit einer stabilen Absatzsituation seien. he