Weinabsatz und Umsatz brechen weiter ein, die Keller sind voll, viele Betriebe kämpfen ums Überleben. Der Bund der Deutschen Landjugend (BDL) warnt seit vielen Monaten vor dieser Entwicklung – passiert ist fast nichts. „Die Branche fühlt sich alleingelassen. Die Mühlen der Politik mahlen viel zu langsam“, sagt stellvertretende BDL-Bundesvorsitzende Maike Delp.
Neue Zahlen der Hochschule Geisenheim zeigen: Bis April 2025 sank der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 6 %, der Absatz um 2 %. In Rheinland-Pfalz brachen die Qualitätsweinabfüllungen um bis zu 11 % ein, bei Genossenschaften sogar um 14 %. Der Pro-Kopf-Konsum liegt so niedrig wie seit Jahrzehnten nicht. Gleichzeitig stiegen die Kosten für Löhne, Energie, Glas und Maschinen seit 2019 um 30 bis 40 %. „Wir müssen uns auf unterirdische Herbstmostpreise einstellen“, fasst Delp bitter zusammen.
Folgen für Betriebe und ländliche Räume
Die Krise trifft nicht nur die Winzer, sondern ganze Regionen. Viele Betriebe können die Ernte kaum noch finanzieren. Investitionen bleiben aus, Landtechnikhersteller geraten in Schieflage, Arbeitsplätze gehen verloren. Unbewirtschaftete Weinberge verwildern. Verbuschte Rebflächen entwerten touristische Regionen. „Das hat Folgen für Dörfer und Städte. Junge Menschen verlieren Perspektiven, Traditionsbetriebe sehen keine Zukunft mehr. Wer den Weinbau sterben lässt, schwächt die ländlichen Räume massiv“, erklärt
Maike Delp.
Betriebe finden keine Nachfolge und brauchen ihre Geldreserven auf. Ältere verlieren ihre für die Rentenaufbesserung gedachten Pachteinnahmen. Der 11. November, traditionell der Termin für Pachtzahlungen, werde für viele zum Knackpunkt, befürchtet die Jungwinzerin: „Die wirtschaftliche Not frisst sich in die Köpfe. Das macht etwas mit uns allen.“
Der BDL fordert schnelle, mutige Entscheidungen. „Rotationsbrache allein reicht nicht. Wir müssen auch in Deutschland eine Rodungsprämie ermöglichen – wie unsere Nachbarn in Europa“, erklärt Maike Delp. Bürokratische Hürden bei Flurbereinigungen müssen fallen, damit Zukunftsbetriebe wettbewerbsfähige Strukturen schaffen können. Wenn große, moderne Betriebe aufgeben, bleiben kleinere, viele mit veralteter Technik. Der Weinbau stirbt leise.
Forderungen der jungen Generation
Der BDL fordert einen Mix aus kurzfristigen und strukturellen Maßnahmen:
- Rotationsbrache und Rodungsprämien, um Überangebot am Markt zu verringern und Preise zu stabilisieren.
- Bürokratieabbau jetzt und pragmatische Anpassungen der GAP, noch vor 2028.
- Investitionsförderung für zukunftsfähige Strukturen ohne große „Zukunftsbetriebe“ zu gefährden, die hohe laufende Kosten tragen.
- Exportförderung in Drittlandsmärkte, um Absatzmöglichkeiten zu erweitern.
„Andere Länder in Europa zeigen, dass solche Instrumente möglich sind“, so die BDL-Vize und fordert: „Existenzen, Arbeitsplätze und das immaterielle Kulturerbe Wein ist in Gefahr.“
Ein größerer Anteil deutscher Weine im heimischen Markt könnte die Lage ebenfalls entspannen. Wer deutsche Weine kauft, unterstützt nicht nur die Betriebe, sondern auch die ländlichen Räume. „Ein stärkeres Bewusstsein für den Wert regionaler Produkte kann helfen, die Abwärtsspirale zu bremsen.“
Den Jungwinzern geht es um mehr als betriebswirtschaftliche Zahlen. „Die seelische Belastung ist enorm. Wer sieht, wie Nachbarhöfe aufgeben, verliert Mut und Vertrauen“, weiß Delp. Seit über einem Jahr mahnt die Landjugend Lösungen an. Doch statt Tempo gibt es Vertröstungen. „Ein positives Signal, noch in diesem Jahr, würde zeigen: Diese Politik meint es ernst mit uns und dem Erhalt unserer Kulturlandschaft“, sagt die Jungwinzerin. Für sie und den BDL steht fest: „Junge Menschen dürfen den Glauben an ihre Zukunft im Weinbau nicht verlieren. Es geht um Perspektiven – es geht um ein Stück Heimat.“ BDL