Der Ausschuss für Technik im Weinbau (ATW) traf sich zur 72. Mitgliederversammlung am 28. und 29. November 2024 in Oppenheim. ATW-Vorsitzender Dr. Jürgen Dietrich begrüßte etwa 50 Berater aus allen deutschen Anbaugebieten und moderierte die Präsentationen der Forschungsvorhaben.
Heißwasserbehandlung von Rebenpflanzgut
Dr. Matthias Zink, DLR Rheinpfalz, Neustadt/W., berichtete von Heißwasserbehandlungen bei bewurzeltem Rebenpflanzgut, um zum Beispiel Erreger der Vergilbungskrankheit auszumerzen. 2024 hat Zink Souvignier Gris auf SO4-Hochstammreben ein, zwei oder drei Monate vor Pflanzung, während der Kühlhauslagerung, mit Heißwasser behandelt. Behandlungstermine, bei denen Reben vorgewässert waren, reduzierten bei der einen Rebenherkunft die Reben mit verzögertem Austrieb. Reben der frühzeitigen und vorgewässerten Behandlungen, in Verbindung mit verlängerter Kühllagerung, zeigten bei beiden Rebenherkünften nach der Behandlung ein leicht vermindertes Triebwachstum. Die bisherigen Versuche durch Vorwässern bei Hochstammreben brachten Ergebnisse, aus denen noch keine Behandlung empfohlen werden kann.
Automatisierung der Bewässerungssteuerung
Dr. Matthias Friedel, Hochschule Geisenheim University, befasst sich mit der Automatisierung der Bewässerungssteuerung und hat im dritten Jahr der Projektlaufzeit weitere Daten zur Funktionalität der installierten LoRaWAN-Systemkomponenten erhoben. Bei guter LoRaWAN-Verbindung könne mit Batterielaufzeiten von mehreren Jahren gerechnet werden. Die engmaschigen Aufnahmen der Bodenfeuchtesensoren ermöglichen über die Jahre einen guten Einblick in den Wasserhaushalt eines Weinbergs, welcher gut mit Modellrechnungen und Wasserpotenzialmessungen korrelierte. Eine Nachrüstung herkömmlicher Wasseruhren mit LoRa-Impulszählern wurde getestet und in das LoRa-Netzwerk eingebunden. Eine Bewässerung fand im Jahr 2024 aufgrund der Niederschläge nicht statt. Die Projektergebnisse wurden genutzt, um einen Antrag für ein Folgeprojekt zu stellen.
Identifizierung von Pfählen vorm Rebschnitt
Dr. Andreas Heiß, Hochschule Geisenheim University, arbeitet an einer Methode zur Identifizierung von Metallpfählen in Rebzeilen. Die Multi-Sensor-basierte 3D-Lokalisierung von Strukturen in der Rebzeile hilft bei der Optimierung des mechanischen Rebschnitts. Die Ergebnisse zeigen ein hohes Potenzial nicht nur für die Erkennung von Pfählen, sondern auch für die Stockinventur. Weitere Forschungsarbeiten sollen die Methode für Pfähle aus verschiedenen Materialien wie Holz, Kunststoff oder Beton testen.
Laubwandbezogener Pflanzenschutz
Dr. Matthias Zink, DLR Rheinpfalz, Neustadt/W., referierte zur Anpassung der laubwandbezogenen Berechnung der Aufwandmenge von Pflanzenschutzmitteln für Rebschulen und Unterlagenschnittgärten mit Tischerziehung. 2024 wurde der Pflanzenschutz in der Rebschule mit den Öko-Präparaten Schwefel und Kupfer durchgeführt. Doch der Peronospora-Befall war so hoch, sodass der Versuch nach sieben Behandlungen abgebrochen werden musste. Bereits zu diesem Zeitpunkt war die Rein-Kupferhöchstmenge von 3 kg/ha bei der nach dem Laubwandmodell auf 120 % erhöhten Aufwandmenge erreicht. Weitere Versuche mit Öko-Spritzfolge sollen prüfen, ob eine Anpassung des Laubwandmodells für Rebschulen möglich ist.
Zudem hat Zink die Tischerziehung im Unterlagen-Muttergarten mit einem neu entwickelten, horizontal arbeitenden Gestänge ohne Gebläse sowie mit einem modifizierten Pflanzenschutzgerät mit Axial-Gebläse behandelt. Mit beiden konnte keine ausreichende Belagsbildung an den Blättern der Tischunterseite erzielt werden. Deshalb soll 2025 ein Pflanzenschutzgerät mit Radial-Gebläse getestet werden.
Verbessertes Lesegut durch Druckluftentlauber
Daniel Regnery, DLR Mosel, Bernkastel-Kues, verbesserte die Qualität des Lesegutes durch den Einsatz eines Druckluftentlaubers unmittelbar vor der Ernte. Das Gerät wird zur Teilentblätterung der Traubenzone verwendet und arbeitet optimal. Doch Regnery nutzte es, um fäulnisbelastetes Lesegut zu selektieren. Wie Laborergebnisse beweisen, werden erhöhte Gehalte an flüchtiger Säure auf ein moderates Maß gesenkt. Das doppelseitige Verfahren arbeitet intensiver als das einseitige, daher wird in weiteren Versuchen das Vitipulse-Duo-System probiert.
Energieeffizienz für nachhaltige Erzeugung
Dr. Maximilian Freund, Hochschule Geisenheim University und Magali Blank, LVWO Weinsberg, erforschen Energieeffizienzmaßnahmen für eine nachhaltige Erzeugung von Weißweinen unter Berücksichtigung neuer Aromarückgewinnungsverfahren wie das AromaLoc-System. Die Einsparung von 83 % Kühlenergie bei einer Gärtemperatur von 18 °C verdeutlicht das große Potenzial zur Reduktion des Energieverbrauchs, ohne Einbußen der Weinqualität.
Innovative Gärsalze
Dr. Ramon Heidinger, Weinbauinstitut (WBI) Freiburg, testet innovative Gärsalze, die die Stickstoffversorgung der Hefen sicherstellen, einen Zusatznutzen haben und den Eintrag von Phosphat und Sulfat in weinfremden Konzentrationen vermeiden. Die Nährsalze waren vergleichbar, ohne signifikante Unterschiede.
Schaumwein auf Basis einer einzigen Gärung
Dr. Matthias Schmitt, Hochschule Geisenheim University, untersucht die Schaumweinherstellung auf Basis einer einzigen Gärung und hat verschiedenen Varianten probiert. Erste Ergebnisse werden im Januar erwartet. Diese Weine könnten der Branche weitere Möglichkeiten der Produktdiversifizierung liefern. Neben Schaumwein oder Qualitätsschaumwein ist es bei Beachtung der zulässigen Sorten (Müller-Thurgau, Gewürztraminer, Scheurebe, Huxelrebe, Alvarinho, Perle von Alzey …) möglich, aromatische Qualitätsschaumweine zu erzeugen – aktuell spielen diese in Deutschland keine Rolle.
Am Abend trafen sich die Weinexperten in der Domäne Oppenheim und verkosteten Weine aus dem Versuchskeller.
Am nächsten Morgen blickte Dr. Matthias Porten, DLR Mosel, bei der Mitgliederversammlung auf die Maschinenvorführungen der VitisLive an der Mosel zurück. Das stürmische, regnerische Wetter bremste die Euphorie, aber am Konzept, die Geräte beim Einsatz in den Reben zu zeigen, wird festgehalten. Am 2. und 3. Juli 2025, ab 10 Uhr, wird die VitisLive in Piesport stattfinden.
Mitgliederversammlung des ATW
Für 2025 stehen dem ATW für fünf Fortsetzungsvorhaben 32.000 Euro und für fünf Neuanträge 21.800 Euro zur Verfügung, insgesamt eine Fördersumme von 50.400 Euro. Die Teilnehmenden diskutierten weitere Arbeitsvorhaben für die nächsten Jahre. Die Tagung endete mit der Besichtigung der Weinkellerei Adam Trautwein in Lonsheim mit Einblicken in die Herstellung alkoholfreier Produkte. bs