Zehn Hektar nicht mehr zu bewirtschaften

AHR

Im Ahrtal sind durch die Flutkatastrophe vor knapp einem Jahr insgesamt 10 ha Rebfläche verlorengegangen. Diese Flächen sind auch in Zukunft nicht mehr zu bewirtschaften. Das hat der Präsident des Weinbauverbandes Ahr, Hubert Pauly, vor Journalisten in Rech berichtet. Insgesamt seien 60 ha oder etwa 10 % der Rebflächen betroffen gewesen. Das Weinanbaugebiet Ahr umfasst laut Pauly rund 560 ha. Nach seinen Angaben wurden von den insgesamt 65 Winzerbetrieben durch die Flut 60 unmittelbar geschädigt. Den Gesamtschaden bezifferte der Weinbaupräsident auf 200 Mio. Euro.
In fünf Jahren wieder größtenteils öffnen
„Es ist ein Totalschaden, wirtschaftlich und mental, auch ein Jahr danach“, stellte Pauly fest. Als „Wahnsinn“ bezeichnete er die Hilfe von Berufskollegen aus dem In- und Ausland sowie von Privatleuten. Der Weinbaupräsident betonte, dass die Winzer den Wiederaufbau für den Nachwuchs anpackten. „Wir hoffen, dass wir in fünf Jahren die Infrastruktur wieder hergestellt haben, sodass Hotellerie und Gastronomie in der Breite wieder öffnen können“, sagte Pauly.
Dankbar zeigte sich der Weinbaupräsident für den Hubschraubereinsatz für die damals notwendigen Rebspritzungen. Das sei „das Beste“ gewesen. Dadurch sei die Lese 2021 gesichert worden, und die Winzer hätten für die Kunden ansprechenden Wein zum Verkauf anbieten können. Viele Verkäufe seien über das Internet erfolgt. Die Winzer hoffen laut ihrem Verbandspräsidenten nun, dass auch die vom Staat zugesagten Hilfen ankommen. Hier gebe es jedoch „große Zweifel“. Allein mit der Antragsstellung gebe es „große Probleme“.
Ohne Spenden nicht geschafft
Der Geschäftsführer des Weinbauverbandes Ahr, Dr. Knut Schubert, beklagte das Ausmaß an Bürokratie und die damit im Zusammenhang stehenden Probleme der Winzer im Ahrtal. Viele Betriebe warteten immer noch auf staatliche Hilfsgelder. Schubert zufolge ist dabei ein Knackpunkt, dass drei unterschiedliche Anlaufstellen für die Bearbeitung der Anträge der Winzer zuständig seien und auch entsprechende Gutachten angefertigt werden müssten. So werde hier zwischen reinen Flächenschäden, investiven Gütern wie Wirtschaftsgebäuden und Maschinen sowie privaten Schäden differenziert, für die der Landkreis, das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) und die ISB-Bank zuständig seien. „Wir hätten uns für den Berufsstand einen zentralen Ansprechpartner gewünscht“, stellte Schubert klar und hob hervor, dass es die Winzer ohne die Spenden aus dem Berufsstand nicht geschafft hätten. Das habe die Betriebe die letzten Monate oben gehalten.
Behördenmitarbeiter selbst betroffen
Ein wesentliches Problem sei, dass auch viele Behördenmitarbeiter selbst Flutbetroffene gewesen seien und nicht hätten arbeiten können beziehungsweise die Arbeitsstelle gewechselt hätten, führte Schubert aus. Ihm zufolge wäre von Anfang an eine Task-Force mit Vertretern der Landwirtschaft, der relevanten Ministerien von Bund und Land sowie verschiedener Behörden, beispielsweise des Wasserschutzes, erforderlich gewesen. Von der Bundesebene wäre seitens des Bundeslandwirtschaftsministeriums und der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) als nachgelagerter Behörde beispielsweise eine dauerhafte personelle Unterstützung für die regionale Behörde notwendig gewesen.
Schubert forderte für den weiteren Wiederaufbau eine Einrichtung auf interdisziplinärer Ebene, die sich in regelmäßigen Abständen zusammensetzt und gemeinsam Lösungen an einem Tisch findet. Im Zuge der Aufarbeitung der Flutkatastrophe waren bekanntlich die damalige Umweltministerin von Rheinland-­Pfalz und spätere Bundesfamilienministerin Anne Spiegel sowie die nordrhein-westfälische Umwelt- und Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-­Esser von ihren Ämtern zurückgetreten. Der Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler, wurde Ende Oktober 2021 in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. AgE