Die Kosten steigen – wie können Winzer reagieren?

PFALZ

Foto: Bettina Siée
Nach zwei Online-Veranstaltungen tagten die Pfälzischen Weinbautage 2023 wieder in Präsenz im Saalbau in Neustadt und waren mit 1.000 Gästen am Tag so gut besucht wie vor der Pandemie. Im Mittelpunkt standen die gestiegenen Kosten in nahezu allen Bereichen, die am Markt nicht durch höhere Preise ausgeglichen werden. Während die Kosten der Betriebe um rund 18 % gestiegen seien, hätten sich die Weinpreise nur um etwa 8 % erhöht, betonte Dr. Jürgen Oberhofer vom DLR Rheinpfalz.
Kostenfaktor Lohn
Die Betriebe konnten die Kosten durch gestiegene Materialpreise (Weinbergsstickel, Flaschen) sowie den erhöhten Mindestlohn für Saisonarbeitskräfte nicht vollumfänglich weitergeben. Gerade die Lohnkosten werde die Betriebe zukünftig noch stärker treffen. Eine Möglichkeit, den gestiegenen Kosten zu begegnen, sieht Oberhofer in pilzwiderstandsfähigen Rebsorten, die mit bis zu 80 % weniger Pflanzenschutzmitteln auskommen können. Durch eine genau an die Kundenanforderungen angepasste Erzeugung (z.B. durch international ausgerichtete Cuvées), könnten diese am Markt etabliert werden, wie Christine Freund und Marc Weber vom DLR Rheinpfalz aufzeigten.
„Winzer könnten mit alkoholfreien Weinen mehr Geld verdienen“, meinte Oenologie-­Professor Dr. Ulrich Fischer. Er sieht in dieser Kategorie großes Wachstumspotenzial und ermutigte die Winzer, sich auf dem Gebiet zu versuchen. Gemeinsam mit Lisa Käppler gab er Tipps zur Weinbereitung, da es nach eigener Marktanalyse vor allem bei Geruch und Geschmack Hürden zu meistern gebe, um Kunden von alkohol­freien Weinen zu überzeugen.
Zu den Pfälzischen Weinbautagen gehörten auch die neuesten Erkenntnisse aus der Phytomedizin. Die fachliche Weinprobe nahm den Chardonnay als robuste Sorte im Zeichen des Klimawandels genauer unter die Lupe. Auch die Themen Sonnenbrand, Bewässerung und die Nährwerttabelle standen auf dem Programm der Tagung. Wer die Vorträge in Neustadt verpasst hat, kann sich diese über YouTube (www.youtube.com/­­@pfaelzischeweinbautage) anschauen.
Pflanzenschutz und e-Label im Fokus
Beim Großen Pfälzer Weinbautag mit der Jahreshauptversammlung des Weinbauverbandes Pfalz berichtete der pfälzische Weinbaupräsident Reinhold Hörner von Preissteigerungen, Lieferengpässen und Arbeitskräftemangel, was zu den Herausforderungen des Klimawandels und der Pflanzenschutzfragen noch hinzukomme.
Die rheinland-pfälzische Weinbauministerin Daniela Schmitt und EU-Abgeordnete Christine Schneider lehnten auf den Pfälzer Weinbautagen erneut pauschale Pflanzenschutzmittelverbote ab. Inzwischen zeige sich die Europäische Kommission kompromissbereit und will vom Totalverbot abrücken. Schmitt hat sich auf allen Ebenen – vom Bund bis zur EU – für ein differenziertes Vorgehen stark gemacht und kündigte an, dass sich das Land Rheinland-­Pfalz dafür einsetzen werde, die freiwilligen Reduktionserfolge der Winzer und Landwirte stärker anzuerkennen. Staatssekretär Becht erklärte: „Der Bezugszeitraum für die Reduktionsziele muss in den Jahren 2011 bis 2013 liegen, denn seitdem ist die Verwendung aller Pflanzenschutzmittel bereits um 32 % zurückgegangen.“
Ebenso waren sich in Neustadt die Diskussionsteilnehmer einig, dass das e-Label die Nährwerttabelle vereinfachen würde. Die Bundesregierung lehnt dies ab.
Alle Redner riefen die Winzer dazu auf, sich an der Initiative Wine in Moderation zu beteiligen. Die Branche müsse zusammenstehen, wenn künftig noch Werbung für Wein möglich sein soll. Die EU-Abgeordnete Christine Schneider rief insgesamt zur Solidarität in der Landwirtschaft auf, um das Pflanzenschutzverbot zu verhindern. isp/bs