Mit Mut und Kreativität in die Zukunft

Weinmarketingtag wird zum Aktionstag Wein

Foto: Tobias Spieß
Neues Format, neuer Name: Nach mehr als 30 Jahren Weinmarketingtag benannte das Kompetenzzentrum Weinmarkt und Weinmarketing in diesem Jahr nicht nur den Namen der Veranstaltung in Ak­tionstag Wein um, sondern änderte auch das Format von langen Frontalvorträgen zu Workshops und Austausch in kleineren Gruppen. Neue Zielgruppen, Botschaften, Kommunikationswege, Produkte und Technologien standen im Fokus der Veranstaltung am 13. November am Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinhessen-Nahe­-Hunsrück in Oppenheim.
Aufgrund der aktuellen Situa­tion litten viele Winzerinnen und Winzer unter Existenz­ängsten, berichtete Bernd Wechsler, Leiter des Kompetenzzentrums Rheinland-Pfalz. Angst könne lähmen und zu unüberlegten Reaktionen führen, sei aber auch ein Katalysator für Mut, ergänzte er. „Wir wollen mit dem Weinmarketingtag Mut machen und ins Handeln kommen“, erklärte Wechsler.
„Die Grundrezepte und -konzepte greifen nicht mehr“, sagte Staatssekretär Andy Becht vom Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz, daher müsse man gemeinsam nach Lösungen und auch Alternativen für den Weinbau suchen. Das Ministerium unterstützt beispielsweise bei der Diversifizierung der Betriebe, etwa über Tourismus oder alternative Anbauformen wie Mandeln. Becht sieht trotz der schwierigen Zeit eine gute Zukunft für die Branche.
Einzigartigkeit nach vorne stellen
Mitten in der derzeitigen Krise startete Mitte diesen Jahres Melanie Broyé-Engelkes als Geschäftsführerin des Deutschen Weininstituts (DWI). Sie möchte die Winzerinnen und Winzer bei Lösungen und Problemen unterstützen. „Was ist eure Superkraft? Was macht euch einzigartig? Was bietet ihr an, was andere nicht haben?“, empfahl sie den Teilnehmenden, den Betrieb genau zu positionieren. Gemeinsam solle man die richtigen Lösungen finden und schauen, was man selbst in sein Geschäftsmodell einbringen kann. „Sehen Sie es als Chance“, ergänzte die Geschäftsführerin.
Wie Broyé-Engelkes ankündigte, startet in den nächsten Wochen in einer Testregion in Nordrhein-Westfalen eine neue Kampagne des DWI mit Fokus auf die Konsumenten. Die Kampagne greife „deutsche Attribute“ und einen Slo­gan auf. Auf Grundlage dieser Testkampagne passt das DWI im Anschluss den Marketingplan für 2026 an. Ziel der Ak­tion, die auf allen Kanälen bespielt wird und junge Personen sowie Weintrinker ansprechen soll, ist es, deutschen Wein attraktiver zu gestalten.
Workshops: Von Gen Z bis zu Touchpoints
Fünf Workshops standen nachmittags beim Aktionstag zur Auswahl, von denen sich die Teilnehmenden zwei aussuchen konnten: junge Konsumenten, richtige Botschaften, Touchpoints entlang der Costumer Journey, alkoholfreie Weine und KI für Weingüter.
Was die Gen Z vom Wein erwartet, stand im Fokus der aktuellen DWI-Studie „Young Consumers“, die der Ressortleiter Marktforschung beim DWI, Eberhard Abele, in einem der fünf Workshops zusammenfasste. Junge Leute wissen nicht, was sie anhand des komplizierten Etiketts vom Wein erwarten können. Für sie ist Wein schwer zugänglich und gilt als abgehoben.
Eine Kernidee der Teilnehmenden am Workshop, was man jungen Weinkonsumenten bieten könne, fokussierte sich auf RTD (Ready To Drink)-Getränke für Festivals und Wanderungen. Zudem sollten Etiketten weniger komplex sein und der POS (Point of Sale) oder das Etikett selbst (z.B. über QR-Codes) zum Beispiel über Trinkanlässe informieren. Die Weine sollten eher süß sein und keine Rebsortenangabe aufweisen. Man müsse es den jungen Leuten sehr einfach machen und Hilfe­stellung statt Detailwissen geben, unterstrich Abele.
Wein als Kulturgut sei für Konsumenten eine wichtige Botschaft, die man neu verpacken oder moderner und lebendiger gestalten könne. Dies war eine Erkenntnis, die sich beim Workshop zu neuen Botschaften mit der Agentur A2 Wine & Things zeigte. Die Wein­erzeuger sollten Mut zu Innovation und Reduktion haben, sprich einfache Botschaften gut verpacken. Als Positivbeispiel führten die Expertinnen der Agentur die Marke Young Poets an, die mit plakativen Sprüchen die Rebsorte in den Vordergrund stellt. Auch wichtig seien positive und humoristische Botschaften statt Mitleid, mit was man keinen Wein verkaufe.
Dem Kunden so leicht wie möglich machen
Welche Touchpoints entlang der Costumer Journey man kennen und effektiv im Betrieb nutzen sollte, besprachen Viktoria Fromm von der Agentur Wineworlds und Prof. Dr. ­Laura Ehm vom Weincampus Neustadt mit den Teilnehmenden. Die emotional gestaltete Weingutswebsite sollte zeigen, wer hinter den Weinen steckt und die Marke repräsentieren.
Der angeschlossene Online-­Shop sollte es den Kunden so leicht wie möglich machen, Wein zu bestellen, etwa durch Paketangebote oder viele Zahlungsmöglichkeiten. Weinbetriebe sollten ihren Newsletter anhand einer Kundensegmentierung kundenspezifisch aufbauen, die Kunden personalisiert anschreiben und eine Call-­to-Action in den Shop einbauen.
Die ersten Touchpoints mit dem Weingut finden heutzutage über Social Media statt. Hier lernen Kunden den Betrieb kennen. Hier gilt es, gemeinsam mit dem Team einen Content Plan zu erstellen, Social Ads (Werbeanzeigen) zu nutzen und sich authentisch zu präsentieren.
Künstliche Intelligenz (KI) fürs Marketing
Wie Dirk Paulus vom Kompetenzzentrum nach dem Workshop mit Lukas Krauß vom gleichnamigen Weingut und Gregory Emmel von Haardt Hills betonte, sei es bei neuen alkoholfreien Produkten wichtig, sich genau zu positionieren. Dafür eigne sich für kleine Weingüter speziell ein Pre­mium-­ oder Nischenmarkt, wenn sie auf Handwerk, Qualität, Knappheit und Herkunft setzen. Ansonsten könnten größere Konzerne die Idee kostengünstiger realisieren.
KI-Tools wie Chat GPT, Perplexity, Claude oder Canva, die auch kleine Weingüter einsetzen können, stellte Franziska Hübsch von Weinfimmel vor. Die Teilnehmenden berichteten, dass Marketing im Betrieb dahingehend herausfordernd sei, dass sie ständig sichtbar sein müssen, ihnen das Handwerkszeug fehle oder andauernd den Zwang verspüren, wieder etwas zu posten.
„Auf viele Punkte gibt es Antworten durch künstliche Intelligenz (KI)“, sagte Hübsch. KI-Tools können etwa dabei helfen, Newsletter aufzusetzen, automatische Mails nach einer Bestellung zu versenden, Social-­Media-Posts zu planen und automatisch zu posten (z.B. mit Planoli) oder sogar Jahrgang und Rebsorte eines bestehenden Flaschenfotos anzupassen. Mit personalisierten Einstellungen könne man den Output optimieren und ans Weingut anpassen.
Für das GEO (Generative Engine Optimiza­tion), eine Weiterentwicklung der Suchmaschinenoptimierung (SEO), sei es wichtig, die eigene Website und zudem Google Business aktuell zu halten. bla