Was war, was ist, was kommt?

Weinbau im Klimawandel, Teil 1

Foto: Dr. Edgar Müller
Immer trockenere Sommer, schwankende Niederschlagsmengen und immer frühere Reife – Dr. Edgar Müller, Dienstleistungszen­trum Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-­Hunsrück, zeigt die veränderten Klimabedingungen seit den sechziger Jahren und die Folgen für die Phänologie der Rebe.
Der 50. Breitengrad zieht sich durch die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt, durchquert die Riesling-Lagen von Schloss Johannisberg im Rheingau und überquert in Zell die Mosel. Für den europäischen Weinbau bildete er früher eine imaginäre Grenze. Besonders in den nördlichen deutschen Weinbau­regionen, die um oder knapp über dem 50. Breitengrad liegen, war es in der Vergangenheit oft schwierig, bei spät reifenden Sorten die wünschenswerte Reife der Trauben zu erlangen. 1965, 1968, 1972, 1974, 1977, 1978, 1980, 1984, 1987 – diese Zahlenreihe verheißt ambitionierten Weintrinkern nichts Gutes. Der spätrei­fen­de Riesling blieb in diesen Jahrgängen zumindest in den nördlicheren der deutschen Anbauregionen von wünschenswerter Reife oft weit entfernt. Gut gefärbte, kräftige Rotweine mit moderater Säure und weichen Gerbstoffen hatten Seltenheitscharakter. Doch seit 1988 gab es nur noch Jahre mit zumindest befriedigender und allzu oft mit überragender Traubenreife. Der Begriff Jahrhundertjahrgang fand in der Weinpublizistik inflationäre Verwendung – und das durchaus zu Recht.
Aber der Ärger mit dem Wetter war mit dem Jahrgang 1987 keinesfalls zu Ende. Vielmehr wurden die bisherigen Herausforderungen durch Probleme, die man vorher nur selten oder nicht in diesem Ausmaß kannte, abgelöst. Phasen mit extremer Trockenheit prägten Jahre wie 2003, 2018 oder 2022. Frühe Reife in Kombination mit warmen Nässephasen sorgten in mehreren Jahren, etwa 2000, 2006, 2014, teils auch 2023, für massive Probleme durch Botrytis, Sekundärpilze und flüchtige Säure.

Mehr dazu in DAS DEUTSCHE WEINMAGAZIN Ausgabe 15 vom 20.7.2024 ab Seite 26.