100-jähriges Jubiläum am Geilweilerhof

Kolloquium am Julius Kühn-Institut

Foto: Christoph Hoffmann/jki
Die Staatliche Forschung zu Rebkrankheiten und Rebschutz am heutigen Julius Kühn-Institut (JKI) Geilweilerhof blickt 2021 auf eine 100-jährige Geschichte zurück. Das Jubiläum wurde am JKI-Standort Siebeldingen mit einem wissenschaftlichen Kolloquium „Pflanzenschutz im Weinbau im Wandel der Zeit“ feierlich begangen.
Der Rebschutzexperte Dr. Michael Maixner, stellvertretender Leiter des JKI-Fachin­stituts für Pflanzenschutz in Obst- und Weinbau beleuchtete die historische Entwicklung. Von den Anfängen der Biologischen Reichsanstalt in Trier sowie der Biologische Bundesanstalt in Bernkastel-Kues schilderte er die Entwicklung bis zum heute am Geilweilerhof angesiedelten Fachinstitut des Julius Kühn-Instituts, dem Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen.
Anlass des Jubiläums ist, dass 1921 zufällig parallel ein Pflanzenschutzinstitut im Obstbau in Stade und auch eines für den Weinbau an der Mosel gegründet wurden. Es sind die Vorgängereinrichtungen des JKI-Instituts für Pflanzenschutz in Obst- und Weinbau. Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Hauptschädlinge im Weinbau eingeschleppt: Echter Mehltau, Falscher Mehltau und die Reb­laus. Die beiden Pilze waren damals so schwer zu bekämpfen, dass der Weinbau in seiner Existenz stark gefährdet war. Im Sommer 1921 wurde die Zweigstelle der Biologischen Reichsanstalt für den Weinbau gegründet.
Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums wurden Motive von historischen Fotoplatten des ersten Direktors in dem Bildband „Der Wurm im Apfel und die Wahrheit im Wein“ zusammengestellt.
Rebschutz im Weinbau im Wandel der Zeit
Am Anfang ging es vor allem darum, die Krankheiten zu beschreiben, um sie bekämpfen und die Ernte sichern zu können. Die Suche nach Pflanzenschutzmittel hatte große Bedeutung. Die Idee und Umsetzung der Pfropfreben rettete den europäischen Weinbau. Ein Meilenstein war die Einrichtung des Rebschutzdienstes in den 1930er Jahren. Heute versenden die DLR aktuelle Rebschutz- und kellerwirtschaftliche Hinweise.
Ein weiterer Meilenstein war die Entwicklung des Pflanzenschutzgesetzes, das nicht nur den Rebschutz, sondern auch die menschliche Gesundheit in den Blick nahm. Später wurden auch Umweltauswirkungen berücksichtigt. Der Öko-Weinbau und der Integrierte Weinbau wurden entwickelt. Herausforderungen durch den Klimawandel und neue Schädlinge, die den Weinbau bedrohen, werden die nächsten Jahrzehnte prägen.
Klaus Schneider, Präsident des Deutschen Weinbauverbandes, blickte ebenso zurück auf die Geschichte. Er meint, eine künftige weitere Ausweitung von pilzwiderstandsfähigen Rebsorten sei nicht die Lösung. Edwin Schrank, Vorsitzender des Verbandes Deutscher Rebenpflanzguterzeuger, widersprach dem in seiner Rede: „Mehrfachresistente Sorten sind ganz klar die Zukunft.“ Auch dieses Jahr, in dem die meisten Rebsorten mehr oder weniger von Peronospora und/oder Oidium befallen sind, gibt es Reben, die komplett gesund sind, weil sie resistent sind. In dieser Richtung muss weiter geforscht werden. Die bisheri­gen Ergebnisse sind sehr ermutigend. Schrank sprach aus Sicht der Pflanzguterzeuger zur Bedeutung der Pflanzengesundheit.
Neue Herausforderungen durch Klimawandel
Mit seinem Vortrag zum Weinbau im Klimawandel wagte Prof. Dr. Hans Reiner Schultz, Präsident der Hochschule Geisenheim, einen Blick auf neue Herausforderungen. Auch er sieht einen Sortenwandel kommen.
Helga Reisenzein von der Österreichischen Agentur für Ernährungssicherheit (AGES), Institut für Nachhaltige Pflanzenproduktion, Abteilungsleiterin Molekularbiologische Diagnose von Pflanzenkrankheiten, referierte über Quarantäneschaderreger im Weinbau. Der Klimawandel ermöglicht die Einwanderung von weiteren Erregern und Schädlingen.
Über Fortschritte der Studie zur Blattrollkrankheit der Rebe berichtete Dr. Etienne Herrbach, INRAE, Centre Grand Est Colmar, UMR Santé de la Vigne et Qualité du Vin. Dr. Andreas Kortekamp, Leiter des Instituts für Phytomedizin am DLR Rheinpfalz, legte die Möglichkeiten des integrierten Pflanzenschutzes im Weinbau dar. Zur weinbaulichen Bewirtschaftung und Biodiversität am Beispiel der Bienen sprach Dr. André Krahner, JKI, Institut für Bienenschutz.
Optionen zur Kontrolle tierischer Rebschädlinge beschrieb Prof. Dr. Annette Reineke, Leiterin des Instituts für Phytomedizin und Vizepräsidentin Forschung, Hochschule Geisenheim.
Dr. Randolf Kauer, Professor für Öko-Weinbau, Hochschule Geisenheim berichtete vom Rebschutz im Ökoweinbau und forderte die Zulassung von Kaliumphosphonat für den Öko-Weinbau.
Welchen Beitrag die Rebenzüchtung zum integrierten Weinbau leisten kann, betrachtete Dr. Oliver Trapp, JKI, Institut für Rebenzüchtung. Weinbauliche Maßnahmen können Traubenfäulnis vorbeugen. Von Erfahrungen aus Luxemburg berichtete Privatdozent Dr. habil. Daniel Molitor, Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST). Prognosesysteme im Weinbau sind eine tragende Säule für nachhaltigen Pflanzenschutz, erklärte Gottfried Bleyer vom Staatlichen Weinbauinstitut Freiburg.
Der Bereich Rebschutz des JKI ist mit der Rebenzüchtung auf dem Geilweilerhof in Siebeldingen angesiedelt. In den Steillagen der Mosel bei Bernkastel-Kues werden mit Kooperationspartnern weiterhin wissenschaftliche Fragen bearbeitet. Das JKI hat zum Jubiläum eine Homepage eingerichtet „100 Jahre Forschung zum Pflanzenschutz in Obst- und Weinbau“ unter www.julius- kuehn.de/ow/100jahre-ps-obst-weinbau2021. bs