Alkoholgrenzwerte im Verschnitt

Bezeichnungsrecht

Beim Verschnitt von Wein sind selbstverständich weinrechtliche Vorschriften zu beachten, besonders Alkohol- grenzwerte. Alkohol im Wein ist neben der Sortenart als
Geschmacksträger wichtig. Carsten Wipfler, Arbeitsbereichsleiter Weinkontrolle Landesuntersuchungsamt, Institut für Lebensmittelchemie Speyer, erklärt, welche weinrechtlichen Vorschriften dabei zu beachten sind.
Natürlicher Alkohol:
Als „natürlicher Alkohol“ wird im Most oder Wein der Gesamtalkohol vor der Anreicherung bezeichnet. Der Wert gibt den Alkoholgehalt in g/l oder in °Oe an. Als Grenzwerte sind die Qualitätsstufen und Prädikate festgelegt.
Eine direkte Umrechnung von Mostgewicht in °Oe und natürlichem Alkohol in g/l mittels Faktor und Formel ist nur näherungsweise möglich, da bei der Dichtemessung mittels Mostwaage (Spindel) oder Refraktometer (optisch) neben dem Mostzucker immer auch der zuckerfreie Extrakt mitbestimmt wird.
Als Praktikerregel rechnet man das Mostgewicht in °Oe x 2,5 – 22, um auf den näherungsweisen Zuckergehalt in g/l zu kommen. Die 22 g/l stehen für den zuckerfreien Extrakt und variieren je nach Jahrgang. Beispiel: 80 °Oe x 2,5 – 22 = 178 g/l Zucker. Bei 47 % Alkoholausbeute wären das 83,66 g/l natürlicher Alkohol.
In Anlage 8 zur Weinverordnung findet sich eine Tabelle, laut dieser entsprechen 80 °Oe 10,6 % vol (oder 83,7 g/l) Alkohol. Da eine exakte Umrechnung von °Oe in % vol oder g/l Alkohol schwierig ist, helfen die gängigen Tabellenwerte oder die Messung mit einem Biegeschwinger, der die Korrektur der Tabellenwerte in seiner Software berücksichtigt.
Vorhandener Alkohol:
Der „vorhandene Alkohol“ hingegen gibt den tatsächlichen Alkohol an, der durch Analyse ermittelt wird. Vergorener Most gilt erst als Wein, wenn er die folgenden Mindestwerte erreicht hat:
Weinbauzonen A und B:
43,4 g/l = 5,5 % vol für Beeren-, Trockenbeerenauslesen und Eiswein
55,2 g/l = 7,0 % vol für alle übrigen Qualitäts- und Prädikatsweine
35,5 g/l = 4,5 % vol für Landwein
67,1 g/l = 8,5 % vol für Deutschen Wein
Potenzieller Alkohol:
Unter dem „potenziellen Alkohol“ versteht man den theoretischen Anteil, der durch vollständiges Vergären des Restzuckers zusätzlich möglich wäre.
Potenzieller Alkohol = vergärbarer Zucker x 0,47
Zucker g/l = potenzieller Alkohol x 2,13
Gesamtalkohol:
Der Gesamtalkoholgehalt fasst den vorhandenen und den potenziellen Alkohol zusammen. Über das Mostgewicht und den entsprechenden Gesamtalkoholgehalt werden die Qualität und die Prädikatsstufen definiert. Die Obergrenze nach Anreicherung liegt bei Qualitätswein bei 15,0 % vol, ansonsten ist weder für Qualitäts- noch Prädikatswein eine Obergrenze gesetzlich definiert.
Bei einem angereicherten deutschen Wein und Landwein der Weinbauzone A liegt die für den Gesamtalkohol zulässige Obergrenze bei 11,5 % vol (90,8 g/l) beim Weiß- und Rosé-Wein und 12,0 % vol (94,7 g/l) beim Rotwein. Bei nicht angereichertem deutschen Wein und Landwein gilt wiederum die Höchstgrenze von 15,0 % vol (118,4 g/l) wie beim angereicherten Qualitätswein.
Umgerechnet wird wie folgt:
g/l = % vol x 7,894
% vol = g/l x 0,1267
Wie ist es bei verschiedenen Verschnitt- beziehungsweise Süßungsvarianten in Bezug auf den Alkoholgehalt? Durch eine Süßung darf der Gesamtalkoholgehalt des betreffenden Weines um nicht mehr als 4 % vol erhöht werden. Das gilt für alle Qualitätsstufen.
Beispiel 1:
Kann ein Wein mit Traubenmost derart gesüßt werden, dass sein Gesamtalkoholgehalt um 4 % vol (31,6 g/l) angehoben wird? Mit praxisüblichen Süßreserven ist das nicht möglich. Es würde so viel Traubenmost benötigt, dass der vorhandene Alkoholgehalt unter den Mindestwert herabgesenkt würde.
Portugieser Qualitätswein (Pfalz): 85 g/l entsprechen 10,8 % vol
Traubenmost (Süßreserve):
94,7 g/l entsprechen 12,5 % vol
Wenn der Wein im Gesamtalkohol um 4 % vol angehoben wird, hätte er 116,6 % vol Gesamtalkohol (85 g/l + 31,6 g/l = 116,6 g/l). Mit einer Süßreserve, die selbst nur 94,7 g/l Gesamtalkoholgehalt hat, ist das nicht zu erreichen. Berechnet werden kann nur, wie viel Süßreserve maximal zugegeben werden kann, dass der vorhandene Alkohol nicht unter 7 % vol (55,3 g/l) fällt (Abb. 1).
Angenommen, die Süßreserve hätte 201 g/l Zucker und der Grundwein hätte keinen vergärbaren Zucker, dann könnte der gesüßte Wein maximal 70,3 g/l Restzucker haben.
Beispiel 2:
Der Verschnitt eines weißen angereicherten Landweins mit einem auslesegeeigneten Wein ist nicht zugelassen, wenn der Gesamtalkoholgehalt dabei über 90,8 g/l angehoben wird. Wenn ein Teil des Verschnitts angereichert war, gilt der gesamte Verschnitt als angereichert. Ausgenommen davon ist die Süßung:
90 % Landwein (angereichert) = 90,0 g/l Gesamtalkohol mit
0 g/l Restzucker
10 % Traubenmost (Süßreserve) = 115,0 g/l Gesamtalkohol mit 245 g/l Restzucker
100 % Landwein = 92,5 g/l Gesamtalkohol mit 24,5 g/l Restzucker
Das Beispiel ergibt nur bei einem Deutschen Landwein Rhein mit der Geschmacksangabe lieblich ein verkehrsfähiges Erzeugnis, ein Deutscher Pfälzer Landwein dürfte maximal halbtrocken sein.
Beispiel 3:
Ein Deutscher Wein (80 g/l Gesamtalkohol) wird mit RTK gesüßt (413,6 g/l Gesamtalkohol = 880 g/l Restzucker). Bei welchem Restzuckergehalt wird der Gesamtalkohol um 4 % vol erhöht?
Wein mit 80 g/l Gesamtalkohol x 0,1267 = 10,14 % vol
4 % vol x 7,894 = 31,6 g/l Gesamtalkohol
14,14 % vol x 7,894 = 111,6 g/l Gesamtalkohol (Abb. 2).
9,5 x 880 g/l Restzucker/100
= 83,6 g/l Restzucker
Der Deutsche Wein kann im Beispiel bis maximal 83,6 g/l Restzucker mit rektifiziertem Traubenmostkonzentrat (RTK) gesüßt werden, damit der Gesamtalkoholgehalt um nicht mehr als 4 % vol angehoben wird. Der Wein hat rechnerisch noch 9,2 % vol vorhandenen Alkohol, als Deutscher Wein der Weinbauzone A und B benötigt er mindestens 8,5 % vol vorhandenen Alkohol und ist damit verkehrsfähig. Unabhängig von einer eventuellen Anreicherung des Weines und obwohl er durch die Süßung 14,14 % vol Gesamtalkohol erreicht. Rudolf Litty