Ausweitung der Mautpflicht ab 3,5 Tonnen

Maut

Foto: Friedrich Ellerbrock
Die zum 1. Juli 2024 anstehende Absenkung der Mautpflichtgrenze auf 3,5 Tonnen sorgt teilweise für Verunsicherung bei Landwirten und Winzern. Dies betrifft insbesondere die Frage, ob die sogenannte Handwerkerregelung auch für Unternehmen in Landwirtschaft und Weinbau gilt. Aber von vorne:
Die Mautpflicht gilt aktuell für Lkw und Fahrzeugkombinationen ab einer technisch zulässigen Gesamtmasse von 7,5 Tonnen auf Bundesautobahnen und Bundesstraßen. Nachdem es bereits zum 1. Dezember 2023 eine deutliche Erhöhung der Mautsätze gab, da die Berechnungsmethode um eine CO2-Komponente erweitert wurde, gab es zu diesem Termin noch eine andere Umstellung.
Jetzt Maßstab: technisch zulässige Gesamtmasse
Anders als bislang ist seit dem 1. Dezember 2023 nicht mehr das zulässige Gesamtgewicht (Fahrzeugschein beziehungsweise Zulassungsbescheinigung Teil I Ziffer F2), sondern die technisch (!) zulässige Gesamtmasse (siehe Fahrzeugschein beziehungsweise Zulassungsbescheinigung Teil I Ziffer F1) maßgeblich. Dadurch können Fahrzeuge, die bislang aus verschiedenen Gründen abgelastet wurden (zum Beispiel wegen eines alten Führerscheins oder der bisherigen Mautgrenzen auf 7,49 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht), in eine höhere Gewichtsklasse fallen oder erstmalig mautpflichtig werden.
Mautausnahmen für Urproduktion
Aufgrund der seit Ende 2023 stark angezogenen Mautsätze für Fahrzeuge mit einer technisch zulässigen Gesamtmasse (tzGM) von mindestens 7,5 Tonnen stellt sich einzelbetrieblich die Frage nach den Ausnahmen für unsere Branche. Für die Landwirtschaft und den Weinbau gibt es Befreiungen, die allerdings streng ausgelegt werden durch das zuständige Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM), bislang als Amt für Güterverkehr bezeichnet (BAG). Die diesbezüglichen Ausnahmen für „eigene Erzeugnisse“ (gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 6 BFStrMG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 7 GüKG) gelten demnach nur für unverarbeitete (!) Produkte aus eigener Urproduktion wie Trauben, Getreide, Kartoffeln, Rüben, Obst und Gemüse, unverarbeitete Milch, Eier oder Tierfutter.
Das BALM sieht weiterverarbeitete Produkte derzeit als nicht befreit an, selbst wenn die Weiterverarbeitung direkt durch den Urproduzenten erfolgt ist. Dies betrifft Wein, Säfte, Marmeladen, Milchprodukte, eingemachtes und tiefgekühltes Obst und Gemüse. Auch Transporte von Produkten aus der Urproduktion durch Händler, Spediteure oder Weiterverarbeitungsbetriebe sind nach Angaben des BALM nicht befreit, da diese nicht selbst in der Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte tätig sind.
Ausweitung der Maut auf Fahrzeuge über 3,5 Tonnen
Ab dem 1. Juli 2024 wird die Maut auch für Fahrzeuge ab einer technisch zulässigen Gesamtmasse (tzGM) von mehr als (!) 3,5 Tonnen bei der Nutzung von Bundesfernstraßen (Autobahnen und Bundesstraßen) fällig, die für den Güterkraftverkehr bestimmt sind oder verwendet werden. Wichtig ist, dass Zugkombinationen (wie Fahrzeuge der Sprinterklasse mit Anhänger) nur dann mautpflichtig sind, wenn die tzGM des Zugfahrzeugs über 3,5 Tonnen liegt und bereits im Solobetrieb mautpflichtig ist. Beispiel: Ein Mercedes Sprinter oder VW-Bus mit einer tzGM von nicht mehr als 3,5 Tonnen und einem Anhänger wird nicht mautpflichtig (obwohl die tzGM von Zugfahrzeug und Anhänger insgesamt deutlich mehr als 3,5 Tonnen beträgt).
Und die Handwerkerregelung?
Da von der neuen 3,5 Tonnen-­Regelung auch viele Handwerker betroffen sein werden, gibt es für diese eine extra Ausnahme. Ob der Transport von Wein und anderen weiterverarbeiteten landwirtschaftlichen Produkten unter die Handwerkerregelung fällt, ist aktuell leider noch unklar. Bedauerlicherweise sind landwirtschaftliche Berufe in der von der Bundesanstalt für Logistik und Mobili­tät (BALM) als „abschließend“ bezeichneten Liste der handwerklichen Tätigkeiten trotz der starken Vergleichbarkeit derzeit nicht aufgeführt. In der Begründung des Mautgesetzes wird dargelegt, dass für die Anwendung der Ausnahme, der Fahrer „grundsätzlich über den Transport hinausgehend mit der Be- oder Verarbeitung oder der Verwendung der beförderten Gegenstände befasst sein“ muss. Die Herstellung darf sich „nicht durch einen hohen Einsatz von Maschinen oder standardisierte Produktionsabläufe kennzeichnen“. Nicht zuletzt zeichne sich die „handwerkliche Herstellung allgemein durch begrenzte Stückzahlen und – gegenüber einer indus­triellen Fertigung – häufigeren Produktabweichungen aus“. Gleichzeitig üben auch Landwirte und Winzer und die in den Betrieben tätigen Personen regelmäßig viele verschiedene Tätigkeiten aus, zu denen als untergeordneter Nebenaspekt der Transport zählt. All diese Aspekte würden für eine Anwendung der Handwerkerregelung in Landwirtschaft und Weinbau sprechen.
Fazit
Ein großer Teil der Betriebe in Landwirtschaft und Weinbau wird von der Absenkung der Mautgrenze nicht betroffen sein, da er die bestehende Ausnahme für die Urproduktion nutzt oder Kleintransporter mit maximal 3,5 Tonnen Gesamtgewicht im Einsatz sind. Wer aber größere Fahrzeuge nutzt und mit ihnen weiterverarbeitete Produkte transportiert, die von der bestehenden Ausnahme für die Urproduktion nicht abgedeckt sind, muss sich ab Mitte des Jahres eventuell mit einer neuen Kostenposition auseinandersetzen. Die berufsständischen Verbände arbeiten daran, dass die Handwerkerregelung auch für Landwirte und Winzer gilt – noch ist nichts entschieden. W. Gramann