Durchschnittliche Menge mit guten Qualitäten

RHEINHESSEN

Foto: Bettina Siée
Nach Einschätzung der Schutzgemeinschaft Rheinhessen werden die Winzer im Anbaugebiet voraussichtlich eine durchschnittliche Ernte von etwa 2,5 Mio. hl eingefahren haben. Die Schätzung ist durch regional stark unterschiedliche Erträge, aufgrund von Frostschäden im April, sehr unsicher. Teilweise wurden die Schäden im Laufe der Vegetation ausgeglichen, aber es gibt auch Totalschäden. Sinkende Nachfrage und nicht kostendeckende Weinpreise trüben die Freude über insgesamt gute Qualitäten.
Nach Einschätzung von Jens Göhring, Präsident des Weinbauverbandes Rheinhessen, anlässlich der Herbstvesper der Schutzgemeinschaft Rheinhessen, haben sich die Frostnächte im April nicht ganz so stark auf die Erträge ausgewirkt wie anfangs befürchtet, wobei der Norden des Anbaugebiets tendenziell stärker betroffen war. Es sei vor allem beim Pflanzenschutz kein einfaches Jahr gewesen. Die hohen Niederschläge förderten Pilzinfektionen und unterschiedliche Vegeta­tionsstände erschwerten die Pflege. Die Kosten sind weiter gestiegen und die am Markt erzielbaren Preise sind für die Winzer nicht kostendeckend.
Keine kostendeckende Weinerzeugung möglich
Die Ernte 2024 orientierte sich oft an den Niederschlägen und auftretenden Fäulnisnestern, berichtete Stefan Braunewell, Vorsitzender von Rheinhessenwein, und ergänzte, dass die Ernte in einem von Kaufzurückhaltung und hohem Preisbewusstsein der Verbraucher geprägten Umfeld auch im betriebswirtschaftlich gut aufgestellten Weinbaugebiet Rheinhessen nicht spurlos vorbeigehe.
Mit Blick auf die ersten neun Monate der Qualitätsweinprüfung der Landwirtschaftskammer im Jahr 2024 zeige sich beim Weißwein, der in Rheinhessen etwa 75 % der Rebsorten ausmacht, eine „leichte Erholung“ (+1 %), während es beim Rotwein (-16 % Menge) und beim Rosé (-13,5 % Menge) einen spürbaren Dämpfer gegeben habe. Die Anstellungs­zahlen gingen insgesamt um 3,6 % zurück. Die Fassweinpreise zeigen ein sehr niedriges Niveau.
Plus im Export
Positive Meldungen kommen vom Export deutscher Weine. Laut der jüngsten Zwölfmonatsbilanz (bis Ende Juni 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum) ergibt sich ein Wertplus in Höhe von 2,7 % bei einem Mengenplus von 1,7 %. Der Durchschnittserlös lag mit 330 €/hl leicht über dem Vergleichswert. Maßgeblich für den Export sind nicht zuletzt die Top 5-­Länder USA, Niederlande, Norwegen, Polen und Großbritannien, die einen Anteil am Gesamtexport an deutschem Wein in der Menge von 47 % und im Wert von 46 % haben. Ein Großteil der Weine kommt aus Rheinhessen.
Zur Verbesserung der Situation der meist familiengeführten Weinbaubetriebe, aber auch zur Bewahrung der Weinkulturlandschaft, sind alle Beteiligten gefordert, Lösungsmöglichkeiten ergebnisoffen zu analysieren. Eine Intensivierung der Absatzfördermaßnahmen ist ein Ansatz. Auf EU-­Ebene befasst sich eine High-­Level-Gruppe mit den Herausforderungen der Branche.
Weinkönig Levin McKenzie meint, dass die Krise noch größer wäre, wenn die Weinqualität nicht stimmen würde. „Die Qualitäten in Rheinhessen sind sehr gut. Wir haben hervorragende, fruchtbetonte Weine, die genau im Verbrauchertrend liegen. Wir haben ein Marketing-Problem, das muss lösbar sein“, sagte McKenzie.
Er und die beiden Weinprinzessinnen wollen zu einer positiven Einstellung beitragen, bei Verbrauchern für den Wein werben und in der Branche positive Stimmung und Hoffnung verbreiten. Dabei sieht er viele Jungwinzer an seiner Seite. „Wir sind hochmotiviert und stellen uns den aktuellen Herausforderungen“, betonte er. bs