DWV fordert konkrete Lösungen von der Politik

Deutscher Weinbauverband

Bei der Mitgliederversammlung des Deutschen Weinbauverbandes (DWV) in Geisenheim wurden zwei neue Mitglieder mit überragender Mehrheit ins Präsidium gewählt und bereichern mit ihrer vielfältigen Erfahrung aus unterschiedlichen Bereichen des deutschen Wein­baus das oberste DWV-Gremium. „Mit Luise Antonie Böhme aus dem Anbaugebiet Saale-­Unstrut und Dietrich Rembold aus Württemberg gewinnen wir zwei engagierte Persönlichkeiten, die mit den übrigen Präsidiumsmitgliedern unseren Verband mit Fachkenntnis und Leidenschaft in eine stabile Zukunft führen werden“, erklärte DWV-Generalsekretär Christian Schwörer. „Dabei stehen sie sowohl für familiengeführte Betriebe im Generationswechsel als auch für genossenschaftliche Erfahrung, repräsentieren alte und neue Bundesländer und bringen vor allem viel weinbauliche Expertise und Fachwissen mit ins Präsidium. Wir freuen uns auf die Impulse, die sie in unsere Verbandsarbeit einbringen werden.“
Besonders erfreulich aus Sicht des Bundesverbandes: Mit Luise Antonie Böhme zieht nicht nur erstmals in der 151- jährigen Geschichte des Deutschen Weinbauverbandes eine Frau ins DWV-Präsidium ein – als junge Betriebsführerin bringt sie zudem eine frische Perspektive auf die Herausforderungen und Chancen der nächsten Winzergeneration mit. Mit großem Dank wurden Hans-Albrecht Zieger und ­Peter Albrecht verabschiedet, die sich aus dem Amt zurückzogen. Schwörer dankte ihnen für ihren prägenden Einsatz zum Wohl der deutschen Winzerinnen und Winzer.
Weinbranche im wirtschaftlichen Ernstfall
In seiner Grundsatzrede zur Lage des deutschen Weinbaus fand Klaus Schneider, der Präsident des DWV, klare Worte. Die wirtschaftliche Situation vieler Betriebe sei alarmierend. Steigende Produktionskosten, Konsumzurückhaltung und ein wachsender bürokratischer Aufwand bringen immer mehr Weingüter an ihre Belastungsgrenze und setzen die Branche massiv unter Druck.
„Wir hören seit Jahren die gleichen wohlklingenden Ankündigungen der Politik. Doch der deutsche Weinbau braucht keine Plattitüden mehr, sondern endlich Lösungen für echte Probleme. Wenn jetzt nicht gehandelt wird, wird es bald in vielen Regionen keinen wirtschaftlich tragfähigen Weinbau mehr geben“, mahnte Präsident Schneider.
Der Tropfen, der das Fass zeitnah zum Überlaufen bringen könne, sei nach Einschätzung Schneiders für viele Betriebe die angekündigte Erhöhung des Mindestlohns. „Eine Erhöhung auf 15 Euro können wir nicht akzeptieren. Wir haben mit weiteren Agrarverbänden Vorschläge für den Bereich der sozialversicherungsfreien Beschäftigung gemacht“, erklärte Schneider. Aber bisher wurden die Vorschläge der Verbände der Agrarbranche politisch – weder im Bereich des Mindestlohns noch zur rechtssicheren Gestaltung der sozialversicherungsfreien Beschäftigung – aufgenommen. „Wir als DWV geben hier aber nicht auf,“ versprach Schneider unter Applaus der Anwesenden.
Ein weiterer zentraler Punkt war die vom DWV nachdrücklich geforderte Einführung der sogenannten Rotationsbrache. Dieses Instrument solle Betrieben in wirtschaftlich angespannten Zeiten eine gewisse Flexibilität bieten, den Markt entlasten und gleichzeitig einen Beitrag zur ökologischen Nachhaltigkeit leisten. Trotz klarer Vorschläge und breiter Unterstützung innerhalb der Branche und auch in vielen Äußerungen der Politik lasse die politische Umsetzung jedoch weiterhin auf sich warten.
Unterstützt wurde dieser Punkt von Prof. Dr. Hans Reiner Schultz, Präsident der Hochschule Geisenheim University: „Auf politischer Ebene hat man scheinbar nicht im Blick, welche Mengen an CO2 emittiert werden, wenn Tausende Hek­tar Rebfläche direkt gerodet werden, wie es etwa ein Rodungsprogramm vorsieht, das Frankreich vor kurzem aufgelegt hat. Hier müssen wir durch Maßnahmen, wie die Rota­tionsbrache entgegenwirken, sonst haben wir parallel zur aktuellen Krise gleich die nächste kritische Situation.“
Europaabgeordneter Dr. Joachim Streit und Ingmar Jung, Hessens Minister für Landwirtschaft und Umwelt, Weinbau, Forsten, Jagd und Heimat unterstützten das in Umsetzung befindliche Wein­paket der EU-Kommission mit Maßnahmen zur strukturellen Stärkung der Weinbaubetriebe in Europa. „Aber“, stellte Präsident Schneider klar, „das ist nur ein Anfang, weitere Schritte müssen zeitnah folgen! Die schnelle Unterstützung, besonders durch Veränderungen und Vereinfachungen im Rahmen der GAP – wie die von der High-Level-­Group der EU geforderte Mittelübertragung von Jahr zu Jahr und innerhalb des Weinsektorenprogrammes – fehlt! Hier muss nachge­bessert werden!“
Geoschutz im Dialog
In einer Podiumsdiskussion zum geografischen Herkunftsschutz wurde über Änderungen in der Verwaltung der Anbaugebiete diskutiert. Simone Kieffer, L“Association des Viticulteurs d“Alsace, Prof. DI Josef Glatt, Direktor des Österreichischen Weinbauverbandes, Felix Hößelbarth, Vorsitzender Wein–bauverband und Schutzgemeinschaft Sachsen, Dirk Gerling, Geschäftsführer Weinbauverband und Schutzgemeinschaft Pfalz und Dr. Michael Koehler, Referatsleiter Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat sprachen über bürokratische Hürden, unklare Zuständigkeiten und praktische Probleme in der Umsetzung. Im Mittelpunkt stand der konstruktive Austausch über gemeinsame Herausforderungen.
Einen wichtigen Impuls setzte per Video Michael Wild, Konsortium Südtirol Wein, der Erfahrungen mit den Herausforderungen der Verwaltung geschützter Herkünfte und die auf nationaler Ebene existierende italienische Gesetzgebung zur Finanzierung aufzeigte. Dieses Modell zeigt, dass es Lösungen auf nationaler Ebene geben kann, wenn diese politisch unterstützt werden. DWV