Die Ausstellung im Rahmen der AgrarWinterTage 2025 in Mainz-Hechtsheim wurde am Mittwoch, 29. Januar eröffnet und startete mit der Verleihung des Nachhaltigkeitspreises. Der Wettbewerb um den Preis für Nachhaltigkeit wurde 2012 zum ersten Mal auf Initiative des Rheinhessenwein zusammen mit dem Verein Ehemaliger Fachschüler Oppenheim (VEO) und dem DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück durchgeführt. Die Jury prüfte die Bewerbungen im Hinblick auf alle drei Säulen der Nachhaltigkeit: Ökonomie, Ökologie und soziale Aspekte. Voraussetzung für eine Auszeichnung ist zudem, auch bei Neuentwicklungen, dass Praxiserfahrung gegeben ist. Rheinhessens Weinkönig Levin McKenzie überreichte die Preise an die beiden Sieger leova SMART und SUSTAINcap.
Preis für Nachhaltigkeit Rheinhessen 2025
Die Jury entschied sich dieses Jahr für den smarten Pfahl mit Wetterstation der österreichischen Firma voestalpine Krems. leova SMART erfasst kleinräumige Wetterdaten über ein Sensorsystem, das in den Pfahl integriert ist. Diese Daten erlauben das frühzeitige Erkennen von Pilzdruck, Frostgefahr sowie Trockenheit. Die präzise Prognose ermöglicht es, den Spritzmitteleinsatz auf das notwendige Maß zu reduzieren.
Einen weiteren Nachhaltigkeitspreis erhielt die Sektkapsel SUSTAINcap der Kapselfabrik Schneider GmbH, Pfefferkorn & Schneider Gruppe Simmern. Die innovative Kapsel besteht aus einem kunststofffreien Konglomerat von Aluminium und Papier, die durch Wachs verbunden sind. Der recyclingfähige Anteil der Kapsel beträgt bis zu 97 %, da eine problemlose Trennung von Papier und Metall möglich ist.
Mit individuellen Konzepten in die Zukunft
Sehr ernüchternd waren die Vorträge von Dr. Jürgen Oberhofer, DLR Rheinpfalz, und Prof Dr. Simone Loose, Hochschule Geisenheim University, zur betriebswirtschaftlichen Situation vieler Betriebe. Sie sind sich einig, dass eine Reduzierung der Rebfläche unumgänglich ist, um das Angebot auf dem Fassweinmarkt anzupassen und wieder auskömmliche Preise zu erreichen. Die aktuelle Situation in der Branche zwingt die Betriebsleiter dazu, sich mit ihren betriebswirtschaftlichen Zahlen zu befassen, denn oft decken die Erlöse die Kosten nicht. Jeder müsse seinen individuellen Weg finden.
Keine Investitionen ohne Konzept
Hildegard Runkel, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, stellte Möglichkeiten vor, sich durch Erwerbskombinationen breiter aufzustellen. „Keine Investitionen ohne Konzept“, mahnte Runkel. Sie zeigte wie digitale Lösungen, wie Smart Stores 24/7 Personalkosten reduzieren und Umsätze generieren können. Zuvor sei zu klären, ob Dienstleistungen oder Produkte zum kalkulierten Preis angeboten werden können, ein Markt existiert und wie das Produkt zum Kunden kommt. Sind ausreichende Kapazitäten vorhanden und trägt die Familie das Konzept mit?
Entalkoholisierung von Wein und Innovationen
Beim Fachgebiet der Oenologie ging es neben einem Vortrag von Simon Quass zu „Wärmepumpen in der Heiztechnik: Zukunft für die Gärkühlung“ schwerpunktmäßig um die Möglichkeiten der Entalkoholisierung von Wein. Dominik Süß gab Tipps für die Weinbereitung alkoholfreier Weine: Zum Beispiel eigneten sich aromatische Rebsorten wie Sauvignon blanc, Cabernet blanc oder Muskateller bestens für eine Entalkoholisierung. Nach der Entalkoholisierung könnten Winzer noch mit einer Süßreserve, Säuerung oder Tanninen arbeiten, um die Qualität zu verbessern.
Hinsichtlich der Verfahren zeigten Weine, die mit Vakuumdestillation und einer Aromarückgewinnung (Flaviologic) behandelt wurden, laut Süß vielversprechende Ergebnisse. Jedoch sei das Verfahren teuer und es sei damit keine Entalkoholisierung unter 0,05 % vol möglich. Weitere Tipps zur Grundweinherstellung gibt der Leitfaden, der bereits in Ausgabe 20/2024 (ab S. 23) veröffentlicht wurde.
Jörg Weiand ermutigte die Zuhörenden, sich auch dem Thema teilweise entalkoholisierte Weine anzunehmen. Mit einer hydrophoben Membran hätten Winzer die Möglichkeit, sowohl das Gas- als auch das Alkoholmanagement im eigenen Betrieb durchzuführen. Hier sollten die Winzer neben aromatischen Rebsorten auf eine frühe Lese und somit geringere Alkoholwerte im Grundwein setzen, um diesem später weniger Alkohol entziehen zu müssen.
Innovative Ansätze aus dem Versuchswesen
Bei der Weinprobe zeigte das Oenologie-Team des DLR RNH innovative Ansätze aus dem Versuchswesen und der Praxis. Die Bandbreite reichte von alkoholreduzierten Varianten, die mittels unterschiedlicher Verfahren behandelt wurden, über internationale Rebsorten wie Alvarinho (Albarino) oder Semillon bis hin zu alternativen Getränken, die bereits am Markt sind. Zu letzteren zählten etwa ein entalkoholisierter Wein mit Verjus oder schwarzem Tee. Zudem gab es auch sogenannte Proxys zu verkosten, also alkoholfreie Alternativen zu Wein, bei denen andere Fermentationen als die alkoholische Gärung zum Einsatz kommen – beispielsweise auf Basis von Kräutertee oder fermentierter weißer Beete.
Pflanzenschutzeinsatz dem Wuchs anpassen
Beim Weinbau stand zunächst der Pflanzenschutz im Fokus. Jan Bresant, DLR RNH, blickte auf den Befall mit Oidium und Peronospora im letzten Jahr zurück, der im Schnitt elfmal im integrierten und 14-mal im ökologischen Anbau behandelt wurde. Durch die vielen Anwendungen kommt das Resistenzmanagement im integrierten Anbau an seine Grenzen. Umso wichtiger sei es, dass alle zur Verfügung stehenden Resistenzklassen genutzt werden. Mehr als zwei Anwendungen pro Klasse seien unbedingt zu vermeiden. „Die Abstände der Behandlungen sind unbedingt dem Wuchs anzupassen“, rät Bresant. Eine situationsangepasste Applikation sei gegenüber einer nach festem Schema immer vorzuziehen. Gute Applikationstechnik sei ebenso wichtig wie die Wahl des Mittels.
Start des Rebschutzes – je nach Witterung
Frederik Heller, DLR RNH, berichtete von aktuellen Versuchen, Strategien und Einsparpotenzialen im Rebschutz. Die Befallssituation im Vorjahr habe praktisch keine Auswirkungen auf die kommende Vegetationsperiode. Vielmehr seien die Witterungs- und Infektionsbedingungen ausschlaggebend für den Befall. Grundsätzlich empfiehlt Heller den Zuwachs (drei Blätter mehr) abzudecken.
Im Jahr 2025 sollte sich der Beginn der Rebschutzsaison an der Witterung des Frühjahrs orientieren. Wird das Frühjahr nass mit gut durchfeuchteten Böden, sollte sich der Beginn an Peronospora ausrichten. Vor einer prognostizierten Primärinfektion sollte eine erste Behandlung mit einem Kontaktfungizid erfolgen. Dies dämmt auch Phomopsis und Roten Brenner ein. Bleibt es feucht, könne auf eine Kombination Phosphonat plus Kontaktfungizid umgestellt werden. Ab spätestens der letzten Vorblütebehandlung sollte in kritischen Jahren auf tiefenwirksame Mittel umgestellt und die derzeit stärksten Mittel Profiler und Zorec Vinabel in der Blüte eingesetzt werden. Bei anhaltend kritischer Witterung wie 2024 sollten bis Traubenschluss tiefenwirksame Fungizide bevorzugt werden. Dann können zu den beiden letzten Terminen Kontaktmittel eingesetzt werden, erklärte Heller.
Mögliche Einsparpotenziale
Knapp 20 % der Kosten in der integrierten Traubenerzeugung entfallen auf den Rebschutz, allerdings sind hiervon nur etwa ein Drittel die reinen Mittelkosten, das sind rund 7 % der Gesamtkosten. Die restlichen Kosten fallen für Maschinen und Arbeit an. Zur Einsparung bleibt, abgesehen von der Anschaffung eines Recycling-Pflanzenschutzgerätes (etwa 25 % Mitteleinsparung über die Saison möglich), nur eine gute vorbeugende Behandlung, bereits vor der Blüte, denn massiver früher Mehltaubefall zieht zusätzliche Überfahrten und bei voller Laubwand höhere Mittelaufwände nach sich.
Piwis können Teil der Lösung sein
Benjamin Foerg, DLR RNH, meint, dass der Anbau von pilzwiderstandsfähigen Rebsorten (Piwis) bei der Reduktion von Pflanzenschutzmitteln ein Teil der Lösung sein könnte. Es brauche eine sortenangepasste Behandlung. In Kreuznach stehen 27 verschiedene Piwi-Sorten auf einer Parzelle. Bei vier ökologischen Spritzungen blieb 2024 nahezu keine Sorte ohne Schaden. Foerg empfiehlt eine frühe Behandlung und eine Abschlussspritzung mit Schwefel und/oder Bicarbonat. Aber alle Sorten zeigten sich recht robust gegenüber Botrytis.
VitiVoltaic – Forschung für die Praxis
Prof. Dr. Manfred Stoll, Hochschule Geisenheim University, sieht in der VitiVoltaic-Anlage einen vielversprechenden Ansatz für die Zukunft. Die doppelte Nutzung von Flächen, kombiniert mit Schutz vor Witterungsextremen und innovativen Technologien, berge Potenzial für nachhaltigen Weinbau. Die Forschung werde Erkenntnisse über mögliche Vorteile liefern und zeigen, ob sich diese Vision in der Praxis bewährt.
Vitaler Boden – gesunde Reben
Arved Meinzer, Bodenberater bei Ecovin, setzt auf die natürliche Resilienz der Reben. Seine zentrale Frage: „Wie stärke ich meine Pflanzen und das gesamte System, sodass es nicht anfällig für Krankheiten ist?“ Wichtig sei eine gute Vernetzung mit vielen Mikroben und eine gute Versorgung mit Mineralien wie Bor, Eisen und Mangan, aber auch Calcium. Ein gesunder, ständig gut durchwurzelter und immer bedeckter Boden biete gute Voraussetzungen dafür. Komposte könnten am Anfang helfen.
Ausstellerabend und JungWeinNacht
Der Donnerstagabend bietet für viele ein wichtiges Netzwerktreffen. Der Ausstellerabend war mit 300 Personen ausgebucht. Der Caterer SL mehr buffet und die passenden Weine der Staatsweingüter des DLR RNH haben zum Gelingen beigetragen.
Ebenso fand die JungWeinNacht der Landjugend Rheinhessen/Pfalz im Pavillon eine sehr gute Resonanz. isp/bs