Bereits in den ersten Oktobertagen sind die letzten Trauben des neuen Jahrgangs auf die Kelter gekommen. Damit ging die Weinlese in Rheinhessen unter großem Einsatz der Winzer so früh zu Ende wie nie zuvor. Die Schutzgemeinschaft Rheinhessen berichtete anlässlich ihrer Herbstpressekonferenz Mitte Oktober von einem qualitativ herausragenden Jahrgang. Die Erntemenge wird durch schlechte Pressausbeute und regionalen Hagel auf 20 bis 30 % weniger geschätzt als das durchschnittliche Mittel der letzten Jahre, das bei etwa 2,5 Mio. hl liegt. Dennoch herrscht Flaute auf dem Fassweinmarkt und die Preise decken bei Weitem nicht die Erzeugungskosten.
Kurios war, wie der Vorsitzende von Rheinhessenwein e.V., Stefan Braunewell, erklärte, dass alle Rebsorten in fast allen Lagen gleichzeitig reif waren, sodass oft Riesling vor Müller-Thurgau gelesen wurde. Zum Lesestart waren die Trauben sehr gesund. Nach heftigen Regenfällen breitete sich Fäulnis aus, was für einen fulminanten Endspurt sorgte. Durch hohe Schlagkraft und kurze Nächte war der Jahrgang schon nach gut drei Wochen bewältigt.
Top-Qualitäten und kleine Erntemenge
Der rheinhessische Weinbaupräsident Jens Göhring schwärmte von den gesunden Trauben zu Lesebeginn und den aromatischen, harmonischen Weinen, die sich bereits im Jungweinstadium mit tollen Qualitäten präsentieren. Die Freude über die Top-Qualitäten wird getrübt durch den schwachen Absatz und die niedrigen Preise am Fassweinmarkt. Alexander Rittlinger, Geschäftsführer von Reh Kendermann, Bingen, bestätigte als Vertreter des Bundesverbands der Kellereien die guten Qualitäten. Es wurden während der Lese vor allem Verträge erfüllt und darüber hinaus wenig gehandelt. Er machte wenig Hoffnung auf Preiserhöhungen und wies auf knallharte Verhandlungen des Handels und die Pufferrolle der Kellereien zwischen Handel und Winzer hin. „Die Situation der Kellereien wird immer schwieriger“, so Rittlinger.
Braunewell nannte die sinkende Käuferreichweite als Hauptursache für den Absatzrückgang. Im ersten Quartal 2025 haben laut dem NielsenIQ Homescan-Panel nur noch 32 % der Haushalte überhaupt Wein gekauft. Das werde auch den Strukturwandel im Weinbau beschleunigen.
Positive Signale kommen vom Export
In der Zwölfmonatsbilanz beim Export (Juli 2024 bis Juni 2025) ergibt sich im Vorjahresvergleich ein Werteplus in Höhe von 1,2 % und eine Absatzsteigerung von 6,8 %. Der Durchschnittserlös lag dabei mit 277 Euro je Hektoliter leicht unter dem Vergleichswert. Rittlinger beobachtet eine gesteigerte Nachfrage nach aromatisierten und alkoholfreien Getränken im In- und Ausland.
In den Rheinhessen-Strukturen ist derzeit viel Bewegung, um die Dachmarke „Rheinhessen“ zu stärken und durch koordinierten Einsatz von Ressourcen noch effizienter zu arbeiten. Beispiele dafür sind die neue Weintourismus-Stelle, die ab 1. Januar 2026 an den Start geht, die Dachmarke Rheinhessen, die seit Anfang 2025 mit einem Dachmarken-Management arbeitet und die intensive Zusammenarbeit von Wein- und Tourismuswerbung. bs