Gutachten zur Landwirtschaft

Expertenkommission

Lockere Regeln für die neue Gentechnik, eine starke digitale Infrastruktur und Sondersteuern auf Dünge- und Pflanzenschutzmittel – das sind die Empfehlungen der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) an die Bundesregierung. Die Kernaussagen „Neue Technologien für eine nachhaltige Landwirtschaft“ des diesjährigen EFI-­Gutachtens wurden am 1. Juli im Ernährungsausschuss des Bundestages vorgestellt. Das Gremium sieht die Landwirtschaft vor „erheblichen Herausforderungen“: Bevölkerungswachstum, Klimawandel und schrumpfende landwirtschaftliche Flächen. Technologie und Innovation könnten helfen, mehr Nahrungsmittel bei gleichzeitig weniger Umweltbelastung zu erzeugen. Die aktuelle Gesetzgebung sei an vielen Stellen dafür nicht förderlich, ziehen die Experten ein Fazit.
Keine Digitalisierung ohne Netzanschluss
Für eine „digitale und smarte“ Landwirtschaft mit autonom agierenden Technologien braucht es laut Gutachten eine schnelle Datenübertragung und folglich eine gute Netzin­frastruktur. An eben dieser mangele es im ländlichen Raum. Die Bundesregierung müsse daher dringend den Netzanbau vorantreiben, mahnen die Experten. Zudem brauche es einen einheitlichen, bundesländerübergreifenden Datenraum für die Landwirtschaft.
Auf europäischer Ebene sollte sich die Bundesregierung außerdem für herstellerübergreifende Schnittstellenstandards einsetzen. Denn aktuell ist laut EFI mangelnde Inter­operabilität zwischen den Systemen immer noch eine der großen Hürden.
Steuer auf Pflanzenschutz- und Düngemittel
Die Gutachter sprechen sich auch für eine Sondersteuer auf Pflanzenschutz- und Düngemittel aus. Der Vorteil davon sei, dass digitale Technologien zur Einsparung von Betriebsmitteln wirtschaftlich attraktiver würden. Auch würde ein Anreiz geschaffen, Pflanzen zu züchten, die weniger Düngemittel und Pflanzenschutzmittel bräuchten.
Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort leidet
Für neue Wege in der Pflanzenzüchtung ist der EFI zufolge erforderlich, dass das europäische Gentechnikrecht reformiert wird. Die aktuellen Regelungen seien weder konsequent, noch entsprächen sie dem wissenschaftlichen Stand, heißt es in dem Gutachten. Zum Beispiel sei die klassische Mutagenese von Zulassungsverfahren ausgenommen, während die gezielte Mutagenese durch Genomeditierung strengstens reguliert werde, obwohl beides Gentechnik sei.
Wegen dieser unzeitgemäßen Regeln verpasse man Chancen in der Produktionssteigerung, Klimaanpassung und Naturverträglichkeit, warnen Experten. Europa leide als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort. Weniger junge Leute machten Karriere in der Biotechnologie. Forschungsprojekte würden ins Ausland verlagert. Die Bundesregierung sollte dem Vorschlag der EU-­Kommission zur Novellierung des EU-Gentechnikrechts zustimmen, empfiehlt die Expertenkommission. age