Immer noch Diskussionen um Bezeichnungsrecht

Leserbrief zum Leserbrief

Prof. Dr. Dieter Hoffmann, schreibt zum Leserbrief des VDP-Präsidenten, Steffen Christmann, in Das Deutsche Weinmagazin, Nr. 21/2021, S. 10: Christmann begründet die aus Sicht des VDP notwendigen Veränderungen des Weinbezeichnungsrechts mit stagnierenden Fassweinpreisen, steigenden Kosten, massiv eingebrochenen Exporten und sinkendem Konsum von Weinen aus Deutschland. Es müsse nachgewiesen werden, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse im deutschen Weinbau tatsächlich schlechter wurden und geprüft werden, ob das 1970/71er Weinrecht die wirtschaftlichen Verhältnisse verschlechterte.
Zweifelsohne ist die Weinbranche in Deutschland einem hohen Wettbewerbs- und Veränderungsdruck ausgesetzt und muss sich in einem offenen und dynamischen Markt bewähren. Das neue Weinbezeichnungsrecht mit vielen drastischen Änderungen wird die Marktposition deutscher Weine nicht verbessern. Die Marktentwicklung der letzten 40 Jahre gibt keine Hinweise dafür. Das Weinbezeichnungsrecht wird im Markt eingeführte Großlagen einschränken. Allerdings sind bereits viele Großlagen aus dem Markt verschwunden, weil diese Weine unter der Herkunft der Weinbaugebiete mit Rebsorte vermarktet werden, ohne rechtlichen Eingriff. Die Umstellung auf die Herkunftspyramide erfolgt schon lange in Weingütern und Winzergenossenschaften – oft beim Generationswechsel, ohne dass es einer gesetzlichen Regelung bedurfte.
Dass die neue Weinbezeichnungspyramide leicht verstanden wird und eine Kundenpräferenz für deutsche Weine auslöst, kann nach Erkenntnissen aus der Weinkonsumentenforschung nicht erwartet werden.
Der Weinmarkt ist zu vielfältig, um mit rechtlichen Regeln einen allseitigen Erfolg zu schaffen. Die Offenheit des bisherigen Weinrechts für Marktanpassungen ermöglichte den wirtschaftlichen Erfolg für krea­tive Winzer.
Kunden vertrauen dem Winzer, den Weingütern, Genossenschaften und ihren Marken. Herkunftsbegriffe, die von vielen zu unterschiedlichen Qualitäten und Preisen in verschiedenen Märkten angeboten werden, stellen keine Kundenbindung her. Die Diskussion um die Weinbezeichnungsregelungen sollte auf belegbaren Markterkenntnissen beruhen.
Prof. Dr. Dieter Hoffmann, Oestrich-Winkel