Kritische Erlöse und Handlungsoptionen

WÜRTTEMBERG

Die schwierige wirtschaftliche Situation des Weinbaus durch den drastisch gesunkenen Weinkonsum stand im Fokus der 71. Württembergischen Weinbautagung in Weinsberg. Dr. Ulrich Dura, neuer Abteilungsleiter im Regierungspräsidium Stuttgart, skizzierte das Anbaugebiet Württemberg mit rund 11.500 ha, davon 70 % Rotwein, der derzeit schwer absetzbar ist. Die meisten Betriebe werden im Nebenerwerb bewirtschaftet und sind genossenschaftlich organisiert.
Rebfläche muss verringert werden
„Dass wir destillieren müssen, ist deprimierend“, sagte Peter Hauk, baden-württembergischer Landwirtschaftsminister. Das Land unterstütze die Weingärtner mit vielen Maßnahmen: Die Fördersätze für den Handarbeitsweinbau werden von 3.000 auf 5.000 €/ha angehoben, Bürokratie in kleinen Schritten abgebaut und das Online-Angebot, wie das elektronische Weinbegleitdokument, ausgebaut. Anpassungen des heimatlichen Weinbaus begleite die Landesregierung.
Dr. Jürgen Oberhofer, DLR Rheinpfalz, zeigte die steigenden Erzeugungskosten auf, bei stabilen, niedrigen Fassweinpreisen, sodass die Betriebserlöse nicht mehr zufriedenstellen können. Er berichtete vom weltweit sinkenden Weinabsatz. „Weinüberschüsse sind ein globales Problem, die Menge drückt auf den Markt und die Preise“, so Oberhofer. Diese Krise werde anhalten. Der Absatz sei schwer zu steigern, deshalb müsse die Rebfläche verringert werden.
Die Grenze der Wirtschaftlichkeit sei in vielen Betrieben erreicht, deshalb stehe Kostensenkung im Fokus. Minimalschnitt könne Kosten von 24 Cent/Liter sparen. „Für das Basissegment haben nicht voll­erntertaugliche Rebflächen und Grenzstandorte keine Zukunft“, meinte Oberhofer.
Die Beratungsorganisation Bischoff und Hager mit Sitz in Freiburg rät zu überbetrieblichem Maschineneinsatz, Sortenanpassungen und stellte ergänzende oder alternative Betriebszweige vor.
Wertschöpfung durch Wertschätzung
Christian Kaiser, Geschäftsführer der Lembergerland Kellerei Rosswag, berichtete vom Projekt Steillagenkollektiv, das mit Wertschöpfung durch Wertschätzung eine Zukunftsperspektive für die Steillagen schaffen will. Es übernehmen Weinfreunde mit 364 €/Jahr eine Patenschaft für 1 Ar Steillage. Sie erhalten dafür Infos und Wein.
Kornelia Lehr vom Jakobshof in Markelsheim gab Einblicke in ihren Familienbetrieb, der erfolgreich Weintourismus entwickelte. Im früheren Stallgebäude sind Ferienwohnungen untergebracht. Viele Events vermitteln Weinwissen und bieten zugleich Unterhaltung. Der ursprüngliche Milchviehhof hat sich erfolgreich an den sich ändernden Markt angepasst und macht Mut für die Weiterentwicklung der Weinbaubetriebe in Württemberg.
Die Veranstalter – Regierungspräsidium Stuttgart (RPS) und die LVWO Weinsberg – freuten sich über 700 online zugeschaltete Teilnehmende. Vor Ort, in den Räumen der LVWO Weinsberg, waren 120 Interessierte, um sich fachlich auszutauschen und die Informationsstände im Foyer zu besuchen. Der Nachmittag war dem Pflanzenschutz vorbehalten und für den Sachkundenachweis anerkannt. bs