Noch etwas scheu – klassisch trockene 23er

9. Internationaler Scheurebe-Preis

Foto: Jörg Winkler
Winzer, Händler und Konsumenten wissen den Wert der Scheurebe zu schätzen. Trotz der schwierigen Witterungsbedingungen zur Erntezeit sind den Winzern auch 2023 viele empfehlenswerte Weine gelungen. Das stellte die Expertenjury bei der Blindverkostung zum 9. Internationalen Scheurebe-Preis fest. Die trockenen Exemplare brauchen aber offenbar noch etwas Zeit, um sich zu öffnen.
Insgesamt 205 Still- und Schaumweine wurden in diesem Jahr zum Scheurebe-Wettbewerb der Zeitschriften DAS DEUTSCHE WEINMAGAZIN und WEIN+MARKT eingereicht. Sieben Weine kamen aus Österreich, davon zwei aus dem Burgenland und fünf aus der Steiermark. Alle anderen Weine sind aus Deutschland.
Obwohl die Gesamtzahl der angestellten Weine in der Größenordnung der letzten beiden Jahre liegt, war bei den Winzern eine gewisse Zurückhaltung zu spüren. Viele schienen von ihren Scheurebe-Weinen des Jahrgangs 2023 nicht hundertprozentig überzeugt zu sein, ob sie für den Wettbewerb ausreichend aromatisch sein würden. In der Verkostung hat sich bestätigt, dass sich die klassisch trockenen Weine unter 5 Gramm Restsüße recht verhalten – man könnte sagen scheu – präsentiert haben. Anscheinend brauchen die trockenen Weine des Jahrgangs 2023 noch etwas Zeit, bis sie sich öffnen.
Aromen-Bandbreite bei zunehmend Restzucker
Steigt der Restzuckergehalt, entwickelt sich die Scheurebe zunehmend und zeigt ihre enorme Aromen-Bandbreite. Um diesem Umstand in diesem Jahr Rechnung zu tragen und alle Top-Weine entsprechend würdigen zu können, haben sich die Organisatoren des Wettbewerbs entschlossen, die eingereichten Weine in sieben, anstatt wie bisher in sechs Kategorien einzuteilen.
So gibt es in diesem Jahr die Aufteilung der trockenen Weine in „klassisch“ und „modern“, soll heißen einmal unter fünf Gramm und einmal fünf bis unter neun Gramm Restzucker pro Liter. Gleichzeitig sind die edelsüßen Weine von den süßen getrennt, da in diesen beiden Kategorien eine Reihe von Kandidaten 16 oder sogar 17 Punkte von 20 erreichbaren übertroffen haben.
Scheurebe-Fläche ist regional gestiegen
In sieben von 13 deutschen Anbaugebieten spielt die Scheurebe mit jeweils weniger als 10 ha so gut wie keine Rolle. Sachsen hat seine Scheurebe-­Fläche binnen eines Jahres um 25 % vergrößert, von 20 auf 25 ha. Im Heimatland der Rebsorte, Rheinhessen, hat die Fläche im Vergleich zum Vorjahr um 10 ha auf 743 ha zugelegt. Das entspricht fast 50 % der deutschen Gesamtfläche von 1.499 ha. Diese lag im Jahr 2017 noch bei 1.404 ha.
Der jahrelange Abwärtstrend der Scheurebe scheint also definitiv gestoppt zu sein, die Rebsorte ist wieder im Kommen. Nicht wenige behaupten, sie brilliere in einer geschmacklichen Bandbreite wie ihr Elternteil Riesling – von trocken bis edelsüß. Nur, dass sie duftiger ist als der Riesling. Vielleicht hat der Züchter Georg Scheu es im Kriegsjahr 1916 tatsächlich geschafft, einen „aromatischeren Riesling“ zu züchten, wie die Legende sein Züchtungsziel beschreibt.
Während die jeweilige Anzahl der eingereichten Weine im Jahr 2024 von der Nahe, aus Baden, Sachsen und der Pfalz in etwa dem Anteil der Anbau­fläche entspricht, ist Rheinhessen in diesem Jahr etwas unterrepräsentiert. Die Winzer aus Franken haben hingegen überproportional viele Weine eingereicht. Offensichtlich haben die Franken die Qualität ihres 2023er Jahrgangs richtig eingeschätzt, denn im Endergebnis erreichen sie als einziges Anbaugebiet im Durchschnitt mehr als 14 Punkte.
Trend zu trockener Scheurebe hält an
Bei der Betrachtung der Restsüße fällt auf, dass die Winzer immer mehr auf Süße verzichten. Gehörten im Jahr 2022 noch 58 % der Stillweine in die Kategorien trocken bis einschließlich halbtrocken (< 18 g/l Restzucker), waren es im Jahr 2024 schon 72 %. Außerdem geht die Zahl der Anstellungen von edelsüßen Weinen immer weiter zurück. Obwohl gerade diese Kategorie immer wieder höchste Bewertungen abräumt.
Insgesamt 21 Betriebe konnten in diesem Jahr eine Stufe auf dem Siegertreppchen des Scheurebe-Preises erklimmen. Leider kann es nur drei Sieger pro Kategorie geben, wenngleich doch viel mehr diese Ehre verdient hätten. Die Sieger ehren wir demnächst. red