Präsident Hohl beklagt das niedrige Preisniveau

WÜRTTEMBERG

Beim Frühjahrspressegespräch des Württemberger Weinbauverbandes freute sich Weinbaupräsident Hermann Hohl zwar über den letzten Jahrgang, der sowohl beim Ertrag als auch bei der Qualität hervorragend ausgefallen sei, doch auch diese tollen Weine würden im Lebensmittelhandel nicht die Preise erlösen, die die Kostensituation der Württemberger Erzeuger erfordert. Die Dumpingpreise der ausländischen Weine und die überzogenen Forderungen des Lebensmitteleinzelhandels, vor allem der Discounter, machten ein wirtschaftliches Arbeiten unmöglich, begründete der Präsident. Nach seiner Ansicht sollten Württemberger Weine im Lebensmittelhandel mindestens 3,99 Euro pro Flasche kosten. Alles darunter würde immer mehr Betriebe zur Aufgabe zwingen. Weiteres Unheil sieht Hermann Hohl mit dem Klimawandel heraufziehen. Dieser hätte bereits erhebliche Auswirkungen auf den Weinbau, Extremwetterereignisse und eingewanderte Schadinsekten seien eine enorme Bedrohung für die Existenz der Weinbaubetriebe. Um finanzielle Schäden zu minimieren, fordert der Weinbauverband eine mit Steuermitteln vom Land geförderte und dadurch bezahlbare Mehrgefahrenversicherung. Dennoch, so Hohl, bräuchten die Weinerzeuger eine Anpassungsstrategie für die Probleme des Klimawandels. Dazu gehörten die Schaffung von Bewässerungsmöglichkeiten ohne Grundwasserentnahme. Die dafür nötigen Vorratsbecken seien nur mittels Beregnungsgemeinschaften realisierbar. Gleichzeitig sollte auf trockenresistente Unterlagsreben und neue, mediterrane Sorten gesetzt werden, die Trockenperioden besser überstehen.
Gute Chancen für den Württemberger Wein
Vizepräsident Peter Albrecht und Württemberger Weinkönigin Julia Böcklen sehen die Zukunft des Württemberger Weinbaus nicht so düster wie ihr Präsident und verweisen auf die vielen sehr erfolgreichen Weingüter und Genossenschaften des Ländles und deren Innovationskraft. Der Weintourismus entwickle sich gut und die in Württemberg so wichtigen Rotweine würden sich mehr und mehr dem Stil internationaler Rotweine annähern. Besonders der Lemberger und der Spätburgunder hätten diesbezüglich großes Potenzial, so Albrecht. Zudem ließen sich Herausforderungen des Klimawandels gut dadurch lösen, dass Lagen, die früher nur dem frühreifen Müller-Thurgau vorbehalten waren, nun mit Edelsorten bepflanzt werden könnten.
Weniger Betriebe mit größeren Flächen
Magdalena Dreisiebner, Leiterin der Qualitätsweinprüfung Württemberg, präsentierte einige Strukturdaten zum Weinbaugebiet. Die Zahl der Weinbaubetriebe im heute 11 137 ha großen Anbaugebiet Württemberg ist, analog zur Gesamtsituation in der Landwirtschaft, seit 1995 von 18 292 Betrieben auf heute 8 450 zurückgegangen. Die Anbaufläche legte hingegen geringfügig zu. Noch immer spielen die Rotweinsorten mit fast 70 % in Württemberg die erste Geige. Eine durchschnittliche Württemberger Ernte umfasst rund 1 Mio. hl. Mengenmäßig sind 57,6 % der amtlich geprüften Weine Rotwein, 24,8% Weißwein, 12,6% Rosé und Weißherbst sowie 4,9% Blanc de Noirs und Schillerwein. Eine klare Tendenz ist hinsichtlich der Herkunftsbezeichnung festzustellen. Wurden im Jahr 2000 nur 15 % der Menge ohne Lagenbezeichnung (Groß- oder Einzellage) verkauft, sind es heute mehr als 60 %. Die Lagenangabe spielt also für den Großteil der Württemberger keine vorwiegende Rolle mehr. Anlässlich der Frühjahrskonferenz des Weinbauverbands Württemberg wurden auch die Württemberger Jungwinzer des Jahres geehrt. In diesem Jahr dürfen sich Anja und Simon Gemmrich vom gleichnamigen Weingut und Edelbrennerei aus Beilstein mit dem begehrten Titel schmücken. Den beiden Betriebsnachfolgern ist nachhaltiges Wirtschaften besonders wichtig. Bereits ihr Vater pflanzte als Erster in Württemberg die pilzwiderstandsfähige Rebsorte Regent. Heute sind 20 % der insgesamt 7,5 ha der Familie Gemmrich mit Piwis bestockt. Für Anja und Simon gehört diesen Rebsorten die Zukunft. he