Im Mittelpunkt der Jahreshauptversammlung des Weinbauverbandes Rheinhessen anlässlich der Agrartage in Nieder-Olm standen Überlegungen zur Umsetzung der Pflanzrechteregelung zur Autorisierung, die ab 2016 gilt. Die Teilnehmer einer großen Podiumsdiskussion nahmen in Sesseln Platz, wie man es aus Talkrunden im Fernsehen kennt. Details, wie die Genehmigung für neue Rebpflanzungen erfolgen soll, sind noch unklar. Der Deutsche Weinbauverband hat Vorschläge unterbreitet. Die rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken geht davon aus, dass sich mit der Umsetzung der EU-Agrarreform die Rahmenbedingungen für den Weinbau in dem Bundesland verbessern werden. „Wir haben uns in Berlin und Brüssel erfolgreich dafür eingesetzt, dass die finanzielle Ausstattung des Weinsektors in Rheinland-Pfalz vom kommenden Jahr an deutlich gestärkt wird“, erklärte Höfken. Damit könne die Mainzer Landesregierung Investitionen im Anbau sowie bei der Weinherstellung und Vermarktung finanziell unterstützen.
Autorisierung wird Pflanzrechte ersetzen
„Mit der faktischen Verlängerung des Anbaustopps haben wir unser wichtigstes Ziel erreicht“, betonte Höfken. Ab 2016 gelte europaweit ein Genehmigungsverfahren für die Anlage neuer Rebflächen. Pflanzrechte sind künftig nicht mehr handelbar und werden vom sogenannten Autorisierungssytem abgelöst. Allerdings müsse der Zuwachs begrenzt werden, um eine Überproduktion zu vermeiden und den Winzern ein ausreichendes Einkommen zu sichern. Deshalb hätten sich die Landwirtschaftsminister der Länder und des Bundes geeinigt, den Zuwachs auf jährlich 0,5 % zu beschränken. Dem stimmt der deutsche Weinbauverband zu und möchte 500 ha für ganz Deutschland festschreiben. In Rheinland-Pfalz könnten demnach jährlich Neupflanzungen auf 320 ha genehmigt werden. „Mit diesem Kompromiss sollten die Weinbaubetriebe gut leben können“, so Höfken. Allerdings müssten sie sich auf ein aufwändiges Genehmigungsverfahren einstellen. „Rheinhessen hätte gerne 0,3 % festgelegt“, so Ingo Steitz, Präsident des Weinbauverbandes Rheinhessen. Norbert Weber, Präsident des deutschen Weinbauverbandes, hat Verständnis für die Bedenken aus dem größten deutschen Anbaugebiet, aber er stellt klar, dass es sehr wichtig sei in Deutschland mit einer Stimme zu sprechen, um auf EU-Ebene gehört zu werden. Man müsse sehen, wie sich die neue Regelung in der Praxis auswirke, um dann sofort zu reagieren. Der Anteil könne jedes Jahr neu angepasst werden. Der Markt für deutsche Weine sei nicht endlos aufnahmefähig.
Nach welchen Kriterien die Genehmigung für Rebneupflanzungen erfolgen sollen, ist noch unklar. Dr. Michael Koehler aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium wies darauf hin, dass die Zeit knapp sei, denn das EU-Parlament werde am 25. Mai 2014 neu gewählt und müsste noch vorher die Umsetzungsverordnungen verabschieden. Nach den Vorstellungen des deutschen Weinbauverbandes sollen Steillagen vor Hanglagen und Hanglagen vor Flachlagen bevorzugt werden. Die Lagen sollten weinbauwürdig sein und in Zusammenhang mit bestehenden Rebflächen stehen. Ingo Steitz wies darauf hin, dass Rheinhessen die geringste Verfügbarkeit an Pflanzrechten habe, die Nachfrage sei derzeit sehr groß.
Entwurf einer Landesverordnung zur Weinbezeichnung
Zur weiteren Fortentwicklung der Qualitätsstrategie müssten Anstrengungen zur Stärkung der Betriebe umgesetzt werden. Zu dieser Strategie gehöre das Qualitäts- und Herkunftsmodell des Weinbauverbandes Rheinhessen, dessen Details der Weinbaupräsident anlässlich des diesjährigen Weinbautages einer breiten Öffentlichkeit vorstellte. Die Umsetzung des Modells soll freiwillig erfolgen. Koehler glaubt nicht an den Erfolg des freiwilligen Modells. Astrid Schales tut sich schwer mit „Lagen“ und fühlt sich in dieser Frage zerrissen. Sie sei noch immer dabei ihren Kunden die geografische Lage von Rheinhessen zu erklären.
Die Ministerin wies darauf hin, dass sie den betroffenen Verbänden im Dezember den Entwurf einer Landesverordnung zur Weinbezeichnung zur Stellungnahme zugeleitet habe. Weine aus Einzel- und Steillagen sollten stärker profiliert werden, um das Mehr an Qualität für die Verbraucher sichtbar zu machen. Die neuen Bezeichnungsmöglichkeiten seien geeignet, den Wert der Weine zu steigern und dürften bei qualitätsorientierten Betrieben auf Zustimmung stoßen. Neben diesen Grundsatzfragen forderte Steitz die Weinbauministerin auf, den Anbau der eigenständigen Rebsorte Roter Riesling auch in Rheinland-Pfalz zu ermöglichen. Außerdem ging Steitz auf die Fortentwicklung des Dienstleistungszentrums ländlicher Raum ein. Die Wein- und Obstbaubetriebe aus Rheinhessen seien auf ein funktionierendes Versuchswesen und eine fundierte Beratung angewiesen. Die erfreuliche Entwicklung des Weinbaus in Rheinhessen sei wesentlich auf die gute Arbeit des Standorts Oppenheim zurückzuführen. Der Weinbauverband Rheinhessen habe Verständnis für Personaleinsparungen, diese dürften jedoch keinesfalls übermäßig stark zu Lasten des rheinhessischen Weinbaus gehen, so der Weinbaupräsident.
Vizepräsident Roland Hinkel reflektierte die Agrartage positiv und betonte die Bedeutung des Netzwerkes, das in diesen Tagen geknüpft werde für einen neuen Umgang miteinander. Zur Gefahr der Rebflächenausweitung mahnte Hinkel: „Einen Absatz zu auskömmlichen Preisen werden wir nur bei guter Qualität und gutem Image haben. Durchmechanisierter Weinbau ist weit weg von der idyllischen Vorstellung der Verbraucher. Bei Übermengen werde es neue Regulierungsmaßnahmen, Mengenregulierung oder Ähnliches geben.