Rheinland-Pfalz: 50. Kammersitzung

Foto: Elke Setzepfand
Zur 50. Sitzung der Landwirtschaftskammer lud Kammerpräsident Ökonomierat Norbert Schindler, die zuständige Ressortministerin Ulrike Höfken zur Vollversammlung ein, um mit ihr über die Probleme zu diskutieren, die derzeit unter anderem auch den Weinbau in Rheinland-Pfalz beschäftigen.
Die landwirtschaftlichen Unternehmer beklagen die zunehmende Bürokratie durch praxisfremde gesetzliche Regelungen. Das führt zu einer massiven Zunahme an Verwaltungsarbeiten, wofür die Zeit nach der Arbeit und an den Wochenende eingebracht werden muss.
„Auch die Novellierung der Düngeverordnung geht in die falsche Richtung“, kritisierte Schindler. Die hier vom Bund geplanten Ausweitungen der Sperrfristen für die Ausbringung von Wirtschaftsdünger und ein prinzipielles Stickstoffausbringungsverbot nach der Haupternte bringen bürokratischen Aufwand und Überprüfungen. Düngeausbringungsauflagen bei Hangneigung hätten für die Mittelgebirgsregionen und für den Steillagenweinbau erheblich negative Folgen. Die Forderung der rheinland-pfälzischen Landwirtschaft sei hier, dass eine Länderöffnungsklausel aufgenommen werde.


Gestiegener bürokratischer Aufwand durch neue Vorgaben
Höfken selbst beklagte, dass mit den neuen Vorgaben aus Brüssel leider auch der bürokratische Aufwand für die Bauern und für die Verwaltung deutlich gestiegen sei. „Ja, ich setze mich in Berlin für eine Länderöffnungsklausel ein, damit auch die regionale Situation berücksichtigt werden kann“, bemerkte Höfken zur Düngeverordnung. Gewässerschutz müsse gezielt wirksam und praxisgerecht erfolgen mit Unterstützung des Landesprogramms „Gewässerschonende Landwirtschaft“, betonte die Ministerin und wies darauf hin, dass es auch gute Nachrichten gebe: Mit Blick auf die finanziellen Unterstützungen stellte Höfken fest, dass die Landwirte und Winzer in Rheinland-Pfalz von der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) spürbar profitierten.


Rheinland-Pfalz profitiert von GAP bei Direktzahlungen
„Bei den Verhandlungen um die Neuverteilung der europäischen Agrarmittel haben wir trotz bundesweiter Kürzungen im Vergleich zur letzten Förderperiode für Rheinland-Pfalz ein deutliches Plus in Höhe von 180 Mio. € herausgeholt“, erklärte Höfken. In diesen Zeiten zeige sich, dass es richtig sei, bei der Vermarktung stärker auf Regionalität sowie den EU-Binnenmarkt zu setzen und den Aufbau entsprechender Absatzwege in Rheinland-Pfalz zu fördern. Dies sei auch ein Ziel des neuen Entwicklungsprogramms Umweltmaßnahmen, Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft, Ernährung (EULLE), aus dem die Landwirte seit diesem Herbst Fördermittel beantragen könnten.
Auch hausgemachte rheinland-pfälzische Bürokratiemonster führte der Präsident an. Rheinland-Pfalz hat die Landschaftselemente automatisiert darstellen lassen und erwartet nun von den Landwirten und Winzern, dass sie diese Landschaftselemente auf ihren beihilfefähigen Flächen auf Vorhandensein, Größe und Bezeichnung nachkontrollieren. Erste Überprüfungen haben ergeben, dass bis zu 80 % der Landschaftselemente korrigiert werden müssen.
Mit Recht bezeichnet die Resolution des Bauern- und Winzerverbandes dies als „reine Zumutung“, so Präsident Schindler, vor allem weil ein schneller Internetzugang im ländlichen Raum oftmals nicht vorhanden ist. Probleme erwartet Schindler auch bei den Winzern, die erstmals ab 2015 Mittel aus der ersten Säule beantragen können und mit dem Flächenverwaltungssystem noch keine Erfahrung haben. Bei der von der EU geforderten Erfassung der Landschaftselemente auf Äckern und Wiesen sucht das Ministerium laut Höfken gemeinsam mit dem Berufsstand nach einer weniger aufwändigen Lösung als Alternative zum gegenwärtig laufenden Beteiligungsverfahren.


Klimawandel bringt neue Herausforderungen
Die Landwirte sehen sich durch den Klimawandel vor neue Herausforderungen gestellt. Die Kirschessigfliege, die große Schäden im Obst und Weinbau angerichtet hat, ist ein erstes Warnzeichen. Dass diese Warnung ernst genommen werde und mehr in Forschung investiert werde, dies wurde von Höfken gefordert. „Es kann nicht sein, dass wir hier auf Weltmarktniveau produzieren und uns durch den Naturschutz mehr und mehr Stolpersteine in den Weg gelegt werden. Die vielen Brachen der Naturschutzbehörden sind Brutstätten für die Kirschessigfliege und gefährden unsere Ernte“, bemerkte Ludwig Schmitt, BWV-Kreisvorsitzender im Landkreis Mainz-Bingen. Diese Flächen müssten arroundiert werden und außerdem gepflegt werden, sonst seien sie wertlos für die Biodiversität. Die Landwirtschaft ist auf angewandte Forschung, ein praxisnahes Versuchswesen, gut ausgestattete Schulen und Beratungseinrichtungen angewiesen. „Die Landwirtschaftskammer als Dienstleistungseinrichtung braucht mehr Geld vom Land, um ihre Aufgabe zukünftig zu erfüllen. Wir werden 2015 erstmals einen nicht ausgeglichenen Haushalt verabschieden“, sagte Schindler. Es ist schlicht nicht möglich.

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