Schutzgemeinschaft hofft auf Aufbruchsignal

RHEINHESSEN

Die Schutzgemeinschaft Rhein­hessen informierte in ihrer Frühjahrspressekonferenz auf dem Weingut Paulinenhof in Selzen über die Weinwirtschaft, den neuen Jahrgang, die Situation in den Märkten, das Verbraucherverhalten, Weinbaupolitik und Weinwerbung. Insgesamt hoffen die Vertreter der rheinhessischen Weinwirtschaft, dass die neue Bundesregierung schnell nötige Entscheidungen trifft, die sich positiv auf die Wirtschaft und damit auch auf den Weinmarkt auswirken. Dringend müssten weinrechtliche Verordnungen verabschiedet werden, die im Wesentlichen unter der „Ampel“ schon verhandelt wurden, aber noch nicht beschlossen sind. Erst dann könnte die bereits 2018 gegründete Schutzgemeinschaft endlich mit ihrer Arbeit beginnen.
Massive Hagelschäden am 3. Mai, früh zu Beginn der Vegetationsperiode, schockten Winzer im Norden Rheinhessens, mit Schwerpunkt in Stadecken-­Elsheim und Saulheim. Etwa 4.000 ha Reben seien betroffen – exakte Zahlen werden noch ermittelt, teilt die Vereingte ­Hagelversicherung mit.
Jens Göhring, rheinhessischer Weinbaupräsident, informierte über die endgültigen Erntezahlen des vergangenen Jahres. Der Ertrag im Jahr 2024 lag in Rheinhessen mit insgesamt 2,4 Mio. hl leicht unter dem langjährigen Schnitt, aber entsprach ungefähr dem Wert des Vorjahres. Bundesweit lag die Erntemenge mit knapp 8 Mio. hl um 9,8 % unter dem Vorjahr.
Probleme bereite allein schon die Diskussion um die Erhöhung des Mindestlohns, sagte Göhring, denn qualitätsfördernde Maßnahmen seien sehr oft Handarbeit. Der rheinhessische Weinbaupräsident hofft, dass der neue Bundeslandwirtschaftsminister zügig die Geoschutzreform anpackt, sodass die Schutzgemeinschaft ihre Arbeit starten könne.
Abwärtstrend bei der Exportmenge gestoppt
Peter Rotthaus, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Weinkellereien, beschrieb das herausfordernde Marktumfeld und das zurückhaltende Verbraucherverhalten. Die bei der Landwirtschaftskammer zur Qualitätsweinprüfung angestellte Flaschenweinmenge aus Rhein­hessen zeige mit +4 % einen erfreulichen Lichtblick bei Weißwein, jedoch nicht bei Rotwein.
Wie Rotthaus erklärte, ging der Exportwert in Rheinhessen 2024 um 2,4 % leicht zurück. Die Menge legte um 0,7 % zu, immerhin sei damit der Abwärtstrend gestoppt. An der Mosel und in der Pfalz seien die Wertverluste im Vergleich zum Vorjahr mit jeweils 4 % größer als in Rheinhessen. Aktuell gebe es einen erfreulichen Mengenzuwachs von 3,3 % beim Export deutscher Weine, jedoch einen minimalen Rückgang des Durchschnittserlöses auf jetzt 3,24 Euro pro Liter (-0,1 %). Ein großer Teil der exportierten Weine kommt aus Rheinhessen. Positive Umsätze verzeichnete der Weinexport 2024 in die Niederlande (+17,4 %) sowie nach China (+16,4 %) und Polen (13,8 %). Gleichzeitig schrumpfte die Ausfuhrmenge in die USA (-4,7 %) und nach Norwegen (-7,6 %). In Großbritannien ginge es auf und ab, es sei weiterhin ein schwieriger Markt für deutsche Weine.
Als Weißweingebiet gut aufgestellt
Insgesamt baut Rheinhessen auf 27.600 ha Reben an. Das Gebiet hat die Weißweinfläche um 300 ha auf derzeit 74,4 % ausgedehnt. Die Rotweinfläche hat einen Anteil von 25,6 %. Stefan Braunewell, Vorsitzender der Gebietsweinwerbung Rheinhessenwein, sieht die Region sehr gut aufgestellt. Riesling aus dem immer noch „kühlen“ Deutschland habe im Ausland einen guten Ruf aufgrund der fruchtigen Aromen, die andere Gebiete nicht haben.
Der rheinhessische Weinkönig Levin McKenzie beobachtete in den letzten Wochen eine Aufbruchstimmung in der Branche bei Weinfesten, Weinmessen und Events, die sehr gut besucht waren, gerade auch von jungen Leuten. „Auch die Social-Media-Kanäle finden gute Resonanz. Unsere Winzer stecken den Kopf nicht in den Sand, sondern stellen sich den Herausforderungen und kurbeln ihre Direktvermarktung an“, so McKenzie. bs