Die Vereinigte Hagel hatte pandemiebedingt online zu ihren Bezirksversammlungen eingeladen. Nur die Gastgeber und wenige Gäste saßen in der Geschäftsstelle in Alzey. Bezirksvereinsvorsitzender Franz-Josef Nattermann begrüßte etwa 40 Mitglieder vor den Bildschirmen zuhause. Er blickte auf ein ungewöhnliches Jahr zurück mit hohen Niederschlägen und einer um zwei bis drei Wochen verzögerten Vegetation. Die Zuschüsse des Landes zu den Prämien im Weinbau erhöhten die Nachfrage in der Bezirksdirektion Alzey um 2,3 Mio. Euro.
Mehr Regulierungsaufwand durch mehr Gefahren
Wolfgang Willersinn sprach für den Aufsichtsrat. Nach vorläufigen Zahlen für das Jahr 2021 habe die Vereinigte Hagel in 65 Bezirksvereinen 100.000 Mitglieder, die 6,1 Mio. Hektar mit 246 Mio. Prämie versichert haben. Dr. Christian Kaiser, Bezirksdirektor Alzey, betreut eine Fläche von 255.000 ha mit einem Risiko von etwa 700 Mio. Euro. Wichtig sind die ehrenamtlichen Hagelschätzer, denn mehr Gefahren bringen mehr Regulierungsaufwand. Das Land Rheinland-Pfalz fördert die Versicherung gegen Hagel und Frost in Rebflächen pauschal mit 200 Euro/ha, begrenzt auf 50 % der Versicherungsprämie. Die jährliche Antragstellung läuft bis 30. Juni.
Die Bezirksdirektion Stuttgart meldete am 6. April 2021 Frostschäden. Die Bezirksdirektion Alzey verzeichnete am 24. Mai 2021 Hagel in den Reben im Raum Landau. Insgesamt hatte die Bezirksdirektion Alzey von Mai bis Ende August Schäden auf 7.682 ha in allen Kulturen und zahlte insgesamt 12 Mio. Euro Entschädigung aus. In Luxemburg sind 52.000 ha mit 7,1 Mio. Euro Prämienvolumen versichert.
Bezirksdirektion Alzey wählt und ehrt
Die Versammlung wählte Franz-Josef Nattermann zum Delegierten, Gunther Hiestand zum Stellvertreter und Andreas Mohr zum zweiten Stellvertreter. Fred Orb und Rüdiger Reßler sind die Kassenprüfer. Als Sachverständige wählte der Bezirksverein Alzey Lilli Lochbaum und Lukas Kuhn. In Anerkennung für ihre langjährige Tätigkeit wurden Gerhard Barwig, Erwin Bärtges und Gerd Helbig geehrt.
Sensorik im Klimawandel
Als Gastreferent sprach Oenologieprofessor Ulrich Fischer vom Weincampus Neustadt über die Auswirkungen von Wetterextremen auf die Weinsensorik. Der Klimawandel sei in Rheinland-Pfalz weiter fortgeschritten, die Abweichungen größer als in anderen Weinregionen der Welt. Die Vegetationszeit wird länger und die Reife setzt bei Sommertemperaturen ein, was die Sensorik verändert. „Für Riesling wird es langfristig schwieriger“, sagt Fischer, aber er ist sicher, dass der Anbau angepasst wird. Sorten wie Merlot, Syrah und Cabernet franc werden heimisch, meint Fischer.
Eine Reifeverfrühung und eine kürzere Erntezeit ist rund um den Globus zu beobachten, die Schlagkraft der Betriebe wird also wichtiger. Aufgrund heißer und trockener Witterung sieht Prof. Dr. Fischer einen Verlust an Lagenunterschieden voraus.
Moderater Stress der Rebe bringt positiv bewertete Aromen. Bei zu viel Stress leidet die Sensorik. Fischer spricht sich deutlich für neue pilzwiderstandsfähige Sorten wie Sauvignac, Cabernet blanc, Calardis blanc oder Muscaris aus. Ohne diese Sorten seien die Forderungen nach 50 % Reduzierung chemischer Pflanzenschutzmittel bis 2030 nicht zu erfüllen. bs