Was macht Erfolg aus? Experten zeigen Lösungen

WÜRTTEMBERG

Foto: Hochschule Heilbronn
Marketing ist keine eindeutige Angelegenheit. Auch nicht im Weingeschäft, in dem die Geschichte hinter dem Produkt für viele immer wichtiger wird. Auf dem 13. Heilbronner Weinmarketingtag haben Branchenkenner und Marketing-Experten aus anderen Bereichen über ihr Erfolgsrezept gesprochen und verdeutlicht, wie wichtig Authentizität und Kreati­vität sind.
Was macht Erfolg aus? Unter dieses Motto stellte die Hochschule Heilbronn den diesjährigen Weinmarketingtag Ende Mai. Angesichts des sinkenden Weinkonsums kann sich die Branche nicht ausruhen, verdeutlichte Prof. Dr. Ruth Fleuchaus von der Hochschule Heilbronn gleich in ihrer Begrüßung. Wein verkauft sich nicht von selbst – im Gegenteil: Es gibt zu viel Wein auf der Welt und davon wird auch immer weniger getrunken. Marketing ist daher enorm wichtig.
Erster NFT eines Weinguts in Europa
Rund 100 Besucher fanden sich dafür auf dem Bildungscampus der schwäbischen Weinbau-­Stadt ein. Unter ihnen Vertreter von Genossenschaften, Kellereien, Verbänden, selbstvermarktenden Weingütern sowie aus dem Handel. So groß wie das Spektrum der Besucher war auch jenes der Referenten.
Gleich zu Beginn referierte Jochen Dreissigacker vom Bechtheimer Weingut Dreissig­acker über seine NFT-Strategie. NFT steht für Non-fungible-Token, eine Art digitales Echtheitszertifikat. Dreissigacker ist nach eigenen Angaben das erste Weingut Europas, das auf diese Kryptotechnologie setzt. Was so klingt, als sei die Relevanz auf dem Kunstmarkt eher gegeben als im Weinhandel, hat für Jochen Dreissigacker einen einfachen Hintergrund: Kundenbindung. Der Kunde erwirbt eine limitierte Flasche, erhält mit dem NFT ein Echtheitszertifikat und Besitznachweis, lässt den Wein aber bis zur idealen Trinkreife im Bechtheimer Weingut lagern. So gehen Kunde und Winzer eine lange Beziehung miteinander ein. Für die NFT-Besitzer ergeben sich weitere Vorteile, so werden sie auf Events eingeladen, die sonst Partnern und Freunden des Weinguts vorbehalten seien. So schafft sich Dreissigacker eine Community.
Input aus anderen Getränkesparten
Was dann folgte, war gewissermaßen der Gegenentwurf zum familiengeführten Weingut. Bruno Wissler, Head of Marketing der Hermann Pfanner Getränke GmbH aus Lauterach (Österreich), ist mit dem Unternehmen aus Vorarlberg Marktführer für Eistee in Deutschland. Das mittelständische Unternehmen hat in Deutschland einen Marktanteil von 23,8 % und konkurriert mit Großkonzernen wie Coca-Cola. Wer die Produkte kaufe, wisse er gar nicht so genau, stattdessen liege seine Erfolgs­strategie in der schnellen Neu- Weiterentwicklung von Pro­dukten. Dabei bezog er sich auch auf die Weinbranche, wo er noch ungenutzte Potenziale sieht: Knallige und gut zu unterscheidende Etiketten, die am Point of Sale (POS) auffallen, Sonderplatzierungen, Verpackungen jenseits der Glasflasche. „Die Schnellen fressen die Großen, nicht die Großen die Kleinen“, sagte Wissler.
Nach dem Exkurs in den Getränke-Massenmarkt folgten die Boutique-Spirituosen. Während Wissler die Bedeutung von zum Beispiel Limited Editions für sein Unternehmen hervorhob, lehnte Alexander Stein, Gründer der Schwarzwälder Gin-Marke Monkey 47, sie ab und unterstrich die Bedeutung eines kleinen, aber beständigen Portfolios mit Wiedererkennungswert. In seinem Vortrag erzählte Stein, „dass man auch Entscheidungen treffen muss, die kaufmännischer Unsinn sind“, um sich mit seinen Produkten im Handel zu etablieren.
Verkaufstrainer Sascha Bartnitzki stellte seinen Vortrag unter das Motto „Raus aus der Komfortzone – neue Kunden kommen nicht von alleine!“. Die zentrale Erkenntnis: Im Verkaufsgespräch zum Beispiel in der Vinothek braucht es bessere Fragen, vor allem offene Fragen. Dabei gilt es der Vergleichbarkeit zu entfliehen und Erlebnisse zu schaffen. Alleinstellungsmerkmale spielten auch bei Marco Göbel von der Pfälzer Weinmarketing-Agentur Wineworlds eine Rolle. Mit seinem Team berät er Winzer, gestaltet Etiketten, Webauftritt und so weiter. Dem Kunden müsse dabei klargemacht werden, wofür der Betrieb steht. „Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler“, fasst er zusammen. Schmecken müssen auch die Weine, die Nicolas Sigloch von der Sitt Wein GmbH in seinen Filialen in Stuttgart und Heilbronn ausschenkt. Das Ganze funktioniert mithilfe von Ausschank­automaten, die über eine Karte zu bedienen sind. Der Händler erhält dadurch die Möglichkeit auszuwerten, welche Weine besonders erfolgreich waren und eventuell als Flasche für zu Hause den Besitzer wechselten. Anhand dieser direkt erfassten Zahlen könne er leicht am Sortiment schrauben und so auch für Abwechslung sorgen. Die unkomplizierte Art des Weinbar-Konzepts spricht zudem viele junge, zahlungskräftige Kunden an. Ein Marketing-Ziel, auf das die gesamte Branche hinauswill. swe