Weinernte passt genau in den Markt

RHEINHESSEN

Die im vergangenen Jahr gegründete Schutzgemeinschaft Rheinhessen ersetzt den bisherigen Weinwirtschaftsrat der Region. Wie die neu gegründete Institution anlässlich ihres Frühjahrspressegespräches mitteilte, brauche sie noch Zeit sich zu finden, denn vieles ist noch neu und die Verantwortung der Branche groß. Die hohen Erwartungen der Winzer könnten aktuell nicht erfüllt werden. Aufgabe der Schutzgemeinschaft ist unter anderem die Verwaltung der Lastenhefte, in denen grundsätzliche Produktionsbedingungen wie Rebsorten, Mindestmostgewichte, Hektarhöchsterträge, Ausbauart und vieles mehr festgelegt werden. „Um beim Bezeichnungsrecht voranzukommen, brauchen wir eine Weingesetzänderung“, erklärte Ingo Steitz, Präsident des Weinbauverbandes Rheinhessen. „Wie können wir Herkunft profilieren?“, diese Frage treibe die Mitglieder der Schutzgemeinschaft um. In der deutschen Weinwirtschaft gebe es heftige Diskussionen um Großlagen, die abgeschafft werden sollen, weil sie nicht mit der Herkunftspyramide vereinbar sind. Vermarkter, die große Weinmengen mit Großlagenbegriff absetzen, widersprechen. Steitz möchte keinesfalls die Lage mit dem Ort verbinden. „Das muss den Einzellagen und höchsten Qualitäten vorbehalten werden. Nur wenige Spitzenweine sollten mit einer Einzellage bezeichnet werden“, erklärte Steitz. Die Vertreter der Weinwirtschaft in Rheinhessen sind sich einig in dem Ziel, bei der anstehenden Weingesetzänderung die Begriffe „geschützte geografische Angabe“ (g.g.A.) und „geschützte Ursprungsbezeichnung“ (g.U.) in stärkerem Maße für die Weinbezeichnung nutzbar und so beim Verbraucher bekannter zu machen sowie bestehende Hemmnisse wie Alkoholhöchstgrenzen bei g.g.A.-Weinen abzubauen. Aufgrund der unterschiedlichen regionalen und gruppenspezifischen Interessenlagen auf Bundesebene, gestaltet sich die Diskussion über ein neues Weinbezeichnungsrecht jedoch sehr schwierig.
Stabile Preise trotz hoher Weinmenge
Wie Wolfgang Trautwein, als Vertreter der Weinkellereien, berichtete lag die Weinmosternte 2018 in Rheinhessen mit 2,9 Mio. hl deutlich über dem Vorjahr sowie dem langjährigen Mittel (plus 18 %). Dies ermöglicht nach der mengenmäßig niedrigen Vorjahresernte eine problemlose Marktbeschickung. Auch bundesweit lag die Erntemenge mit 10,4 Mio. hl ungefähr 19 % über dem Durchschnitt der letzten Jahre. Trautwein erinnerte an die Herausforderung der großen Erntemenge 2018: „Ohne Mengenregulierung wäre es ein Fiasko geworden.“ Trotz der hohen Erntemenge blieben die Preise stabil. Trautwein bedauert, dass der Handel die teilweise sehr guten Qualitäten nicht mit höheren Preisen belohnt. „Immerhin werden für deutsche Weine 80 bis 90 Cent/l gezahlt. Am Markt werden derzeit gute spanische Weine für 26 Cent/l angeboten“, so Trautwein. Er beobachtet, dass sich mehr Winzer an Projekten beteiligen: „Nur gemeinsam können wir den Weinmarkt stabilisieren.“ In den ersten vier Monaten des Jahres 2019 gab es bei den aus Rheinhessen zur Qualitätsweinprüfung angestellten Mengen einen Zuwachs von über 14 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Da der größte Teil der Exporte deutscher Weine aus Rheinhessen kommt, halten es die Verantwortlichen der rheinhessischen Weinwirtschaft neben konzertierter Absatzförderung im Inland für geboten, sich stärker mit den Exportmärkten zu befassen, um verlorene Marktanteile zurückzugewinnen. Die Maßnahmen zur Absatzförderung auf Drittlandsmärkten müssen weiter intensiviert werden, unter anderem durch bessere Nutzung eines speziell für den Weinbau vorgesehenen EU-Programms (Nationales Stützungsprogramm). Trautwein nennt Beispiele für eine erfolgreiche Entwicklung im Export: „Norwegen, Polen und Kanada, bei denen sowohl der Mengen- als auch Wertzuwachs für zufriedene Gesichter bei den Beteiligten sorgen.“ Steitz sieht eine Kampagne mit dem Deutschen Weininstitut (DWI) auf gutem Weg: „Das DWI und die Regionen müssen an einem Strang ziehen, deshalb arbeiten alle 13 Anbaugebiete an einer gleichgearteten Bildsprache.“ Burgunder sind im Trend, so wurde in Rheinhessen der Weißburgunder auf 1 400 ha ausgedehnt, Grauburgunder auf 1 800 ha, Scheurebe hat sich seit dem Jahr 2000 halbiert und bleibt nun erstmals stabil bei 703 ha. bs