Aktuell hat das Bundeslandwirtschaftsministerium dazu aufgerufen, sich am „Zukunftsprogramm Landwirtschaft“ zu beteiligen. Das Risiko bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln soll in Anlehnung an die Farm to Fork-Strategie der EU-Kommission um 50 % reduziert werden. Natur- und umweltverträgliche Verfahren sollen gefördert werden.
Um die Winzer auf diesen Diskussionsprozess vorzubereiten, hatte der Bauern- und Winzerverband zu einer Fachveranstaltung in die Ruppertsberger Weinkellerei eingeladen. „Nach dem politischen Aus der SUR auf EU-Ebene gilt es, diese neue Entwicklung fachgerecht zu begleiten“, ist Reinhold Hörner, Präsident Weinbauverband Pfalz, überzeugt. Hörner freut sich, dass Glyphosat weiterhin zugelassen ist, weil der Wirkstoff gebraucht werde. Allerdings rief er zu verantwortungsvollem Einsatz auf und verurteilte die teilweise breiten Herbizidstreifen von Kollegen, die den Gegnern Auftrieb geben und so der gesamten Branche schaden.
Auch Spritzbrühewolken sind zu vermeiden, durch optimierte Applikation. Die Zahl der Betriebe werde in den nächsten Jahren weiter sinken, was bedeutet, dass immer weniger Winzer dem öffentlichen Druck standhalten müssen. Hier wollen der Verband und die staatliche Beratung helfen. Auch der Erfahrungsaustausch unter den Winzern ist hilfreich.
Es geht nur gemeinsam
Christine Schneider, Mitglied des Europäischen Parlaments, berichtete vom Entstehen bis zur Ablehnung der EU-Verordnung über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR). 37 % der landwirtschaftlichen Fläche in Rheinland-Pfalz sind Schutzgebiete, auf denen keine Bewirtschaftung mehr möglich gewesen wäre. Das Thema sei nicht vom Tisch, die Branche müsse mitarbeiten, um erneute unpraktikable Vorschläge zu verhindern. „Umwelt- und Naturschutz geht nur zusammen mit der Landwirtschaft“, so Schneider. Wichtig war auch, dass sich ökologisch und konventionell wirtschaftende Betriebe nicht spalten ließen.
Außerdem berichtete Christine Schneider vom Bundesparteitag der CDU, auf dem ein Grundsatzprogramm für die nächsten Jahre verabschiedet wurde. Ihr Antrag, Ernährungssicherung als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern, wurde ins CDU-Grundsatzprogramm aufgenommen.
Christine Schneider ist dankbar für die Bauerndemos, die große Aufmerksamkeit hatten und die Solidarität der Bevölkerung zeigten. In Brüssel, Straßburg und Berlin hallen diese Aktionen noch lange nach. Dass die Verfügbarkeit von gesunden, bezahlbaren Lebensmitteln nicht selbstverständlich ist, haben der Krieg in der Ukraine und die gestiegenen Preise zuletzt bewiesen.
Argumente zur Pflanzenschutzmittelanwendung
Dr. Andreas Kortekamp, Leiter des Instituts für Phytomedizin am DLR Rheinpfalz in Neustadt, regte die Diskussion an, wie man teilweise absurden Vorwürfen mancher Mitbürger begegnen kann. Die meisten Menschen sind offen für Sachargumente, und die müssten die Angesprochenen parat haben. Bei der Veranstaltung gab es viele Argumentationshilfen, die einen extra Artikel im nächsten Deutschen Weinmagazin wert sind. Ansonsten gelte es, herumfliegendes Plastik und die Pheromonampullen im Herbst einzusammeln. Entsprechende Begrünung steigere die Biodiversität und fördere den Lebensraum vieler Tiere. Der integrierte Anbau sei zu wenig bekannt. Die Winzer müssten viel mehr über das sprechen, was sie bereits tun: Pfropfreben als Schutz vor Rebläusen; Pheromoneinsatz gegen Traubenwickler, Laubarbeiten und Entblätterung vorbeugend gegen Pilzinfektionen und vieles mehr.
Applikationstechnik – eine Einstellungssache
Joachim Schmidt, Institut für Phytomedizin am DLR Rheinpfalz, gab detaillierte Tipps zur Einstellung der Applikationstechnik. Alle Optimierungsmöglichkeiten sollten ausgeschöpft werden. „Haben Sie Ihre Geräte im Blick“, mahnte er. Die Ventilatoren und Düsen sind auf die Zielfläche auszurichten. Klingt banal, aber sei in der Praxis immer wieder zu überprüfen. Ziel ist, dass die Spritzbrühe möglichst nur die Laubwand treffen soll, keinesfalls vorbeifahrende Radler und auch nicht den Boden. Spritzbrühewolken sollten der Vergangenheit angehören.
Um Verdunstung und Abdrift ganz zu vermeiden, gibt es leider kein allgemein gültiges Rezept. Jeder Anwender müsse sich intensiv mit seinem Pflanzenschutzgerät befassen und es möglichst optimal einstellen, je nach Laubwandhöhe und Erziehungsart. Die Beratung rät zu Flachstrahldüsen mit Injektor, wegen des geringeren Feintropfenanteils. Bei voller Laubwand werden 300 bis 600 l/ha Brühe empfohlen, nicht mehr, weil dann mit Abtropfverlusten zu rechnen ist.
Grundsätzlich ist bei Injektordüsen ein höherer Wasseraufwand zu kalkulieren als bei Hohlkegeldüsen, um eine ausreichende Bedeckung der Zielfläche zu erreichen. Geringe Abtropfverluste müssten in Kauf genommen werden, erklärte Schmidt. Versuche haben gezeigt, dass die Zielfläche bei Weitem nicht komplett abgedeckt, wie lackiert, sein muss, um die Wirksamkeit zu gewährleisten.
In Versuchen am DLR Rheinpfalz ist es gelungen, durch Optimierung die Menge an Kontaktfungiziden zu reduzieren. Wo immer möglich, empfiehlt sich der Einsatz von Recycling-Geräten. bs