Zusammenarbeit und Dialog als Schlüssel

PFALZ

Im Rahmen der Jahreshauptversammlung des Weinbauverbandes Pfalz anlässlich der 78. Pfälzischen Weinbautage am 14. und 15. Januar 2025 im Saalbau in Neustadt an der Weinstraße hat die rheinland-pfälzische Wirtschafts- und Weinbauministerin Daniela Schmitt eine klare Botschaft an die Branche gerichtet: Die aktuellen Herausforderungen für die Weinwirtschaft erfordern gemeinsames Handeln, innovative Ansätze und entschlossene politische Unterstützung auf nationaler und EU-Ebene.
Die Branche sehe sich so vielen Herausforderungen gleichzeitig gegenüber wie noch nie zuvor, meinte Reinhold Hörner Weinbaupräsident der Pfalz: „Hohe Kosten bei geringen Erlösen halten die Betriebe nicht lange durch.“ Hörner sieht nur geringen politischen Einfluss der Branche: „Aber wir werden im Wirtschaftsministerium zumindest gehört.“
Schutzgemeinschaften haben Probleme
Wegen bürokratischer Hürden könnten EU-Fördermittel Jahr für Jahr nicht komplett in Anspruch genommen werden, was die Weinwirtschaft empört. Hörner bat die Ministerin, dafür zu sorgen, dass die Gelder einfacher abgerufen werden können. „Die Schutzgemeinschaften haben grundlegende Probleme und kommen nicht in Gang“, klagte Hörner. Das Ehrenamt brauche hier Unterstützung und Rechtsberatung. Die Branche müsse zusammenstehen, meinte Hörner, der „Rheinwein“ mit eigenem Profil befürwortet.
Neue Märkte erschließen, Konsumenten begeistern
Die Ministerin betonte die Bedeutung der Weinwirtschaft für Rheinland-Pfalz und verwies auf die Belastungen, denen die Branche derzeit ausgesetzt ist: von ex­tremen Wetterbedingungen über steigende Kosten bis hin zum Nachfragerückgang auf dem Weinmarkt. Schmitt betonte, dass verstärkte Marketing- und Absatzfördermaßnahmen nötig seien, um den Absatz rheinland-pfälzischer Weine im In- und Ausland zu steigern. Neben den traditionellen Exportmärkten gelte es, neue Absatzmärkte in wirtschaftlich aufstrebenden Ländern zu erschließen. Die Teilnahme auf internationalen Messen sei ein wichtiger Baustein. Sie selbst werde rheinland-pfälzische Weine bei ihren Außenwirtschaftsreisen noch stärker in den Fokus rücken. Gleichzeitig sieht Schmitt die Weinbranche in der Pflicht, sich an veränderte Konsumtrends anzupassen. „Wir müssen neue, vor allem jüngere Käuferschichten mit innova­tiven Produkten für deutschen Wein gewinnen“, hob sie hervor. Auch die Sensibilisierung der Verbraucher für die hohe Qualität und die kurzen Wege heimischer Weine sei entscheidend, um die Wettbewerbsfähigkeit der Region zu stärken.
Unterstützungsmaßnahmen für den Weinbau
Ministerin Schmitt kündigte an, den Zuschuss für Ernteversicherungen gegen Hagel und Frost dieses Jahr in Rheinland-­Pfalz von 180 auf 200 €/ha zu erhöhen. Das unterstütze die einzelbetriebliche Risikovorsorge. Auf EU-Ebene begrüßt Schmitt die Vorschläge der High Level Group zur Anpassung des Potenzials an die Marktentwicklung. Es sei Augenmaß erforderlich, die Kulturlandschaft und die regionalen Besonderheiten zu bewahren. Schmitt betonte die Bedeutung flexibler Lösungen wie der Verlängerung von Wiederanpflanzgenehmigungen und dem Wegfall von Sanktionen bei Nichtnutzung.
Ein zentraler Bestandteil der Weinbaupolitik sei der Austausch mit der Branche. Im Dezember hatte das Ministe­rium Vertreter der Weinwirtschaft und Wissenschaft zum Spitzengespräch eingeladen, um Lösungen zu erarbeiten. „Wir werden im Gespräch bleiben“, versprach die Ministerin. Rheinland-Pfalz werde weiterhin fest an der Seite des Weinbaus stehen.

Weinbauverband fordert Rotationsbrache

Der Pfälzer Weinbaupräsident begrüßt die Begrenzung der Pflanzgenehmigungen in Rhein­land-Pfalz auf 0,03 % der Anbaufläche, um der Überproduktion gegenzusteuern. Zudem fordert Christian Schwörer, Generalsekretär des Deutschen Weinbauverbandes (DBV), eine Rotationsbrache als Mittel zur Marktentlastung. Das würde auch die Biodiversität fördern. Der Verband fordert eine Ausgleichszahlung von 300 €/ha zur Deckung der Fixkosten und Pacht. So könnten 4.000 ha aus der Produktion genommen werden, schätzt der DBV.
Schwörer war Mitglied der EU-High Level Group und berichtete von den Ergebnissen. „Die Maßnahmen zielen in die richtige Richtung, aber es dauert zu lange“, meinte Schwörer. Deshalb seien regionale und nationale Maßnahmen notwendig. Prof. Dr. Marc Dreßler vom Weincampus Neustadt ist überzeugt, dass die Politik die Branche nur begleiten könne. Die Betriebe müssten selbst mit unternehmerischen Entscheidungen ihr Schicksal in die Hand nehmen.

Es gibt eine Lösung für jeden Betrieb

Neben der Profilierung der Pfalz standen die derzeitige schwierige Situation der Weinbetriebe sowie mögliche Lösungsansätze im Mittelpunkt der Vorträge an den Weinbau­tagen. Dr. Jürgen Oberhofer, Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz, zeigte gestützt auf aktuellen Zahlen auf, wie angespannt die derzeitige Lage in den Betrieben ist. „Die Situation ist mit keiner vorherigen schwierigen Phase vergleichbar“, betonte der Betriebswirtschaftsexperte. Die Probleme am Absatzmarkt seien nicht temporär, so Oberhofer. Er machte deutlich, dass die Branche das Weinangebot durch Flächenrückgang reduzieren müsse, um sich der rückläufigen Nachfrage anzupassen.
In der derzeitigen Situation sei es entscheidend, sich mit den betriebswirtschaftlichen Zahlen des eigenen Unternehmens zu beschäftigen, sagte Hildegard Runkel von der Landwirtschaftskammer (LWK) Rheinland-Pfalz. Je nach Betrieb gebe es unterschiedliche Lösungen für die Zukunft. „Aber eine Lösung gibt es immer“, sprach Runkel den über 800 Personen im Saalbau Mut zu.

Ab dem Jahrgang 2026 neue Herkunftsangaben

Bernhard Schandelmaier verwies auf eine weitere Herausforderung für die Betriebe: Den ab dem Jahrgang 2026 neu geltenden Herkunftsangaben, bei der die Herkunft vor dem Mostgewicht an erster Stelle stehe (www.youtube.com/watch?v=5Auvl9v dJno). Er gab den Betrieben mit auf den Weg, sich über eine eigene Qualitätspyramide im Betrieb Gedanken zu machen.

Ansätze und Ideen für die Zukunft

Weitere Vortragende sprachen über weinbauliche Ansätze der Zukunft, innovative oenologische Konzepte sowie wirtschaftliche Lösungen für eine starke Zukunft, womit sie den Zuhörern wichtige Impulse gaben. So zeigte Katharina Weihbrecht die Vorteile einer Unterstockbegrünung, wie Bodenlockerung und Kosteneinsparung, auf.
Eine gezielte Wein­bereitung sei wichtiger als das Entalkoholisierungsverfahren, machten Lisa Käppler und Prof. Dr. Ulrich Fischer in ihrem Vortrag deutlich. Mit Maßnahmen wie Maischestandzeiten, Saftentzug bei Rotwein oder einer längeren Gärdauer können Betriebe den Geschmack der Grundweine für entalkoholisierte Weine verbessern.
„Wenn wir keinen Mehrwert schaffen und diesen kommunizieren, werden wir den Wettbewerb nicht gewinnen“, betonte Prof. Dr. Marc Dreßler. Sandra Morsch zeigte auf, dass man speziell mit dem Thema Nachhaltigkeit einen Mehrwert beziehungsweise Kaufimpuls kreieren könne.
Auch das Thema Mehrweg sieht Prof. Dr. ­Dominik Durner als eine Chance für die Weinbranche an und könne zur Kundenbindung beitragen. „Wir könnten in Deutschland mit gutem Gewissen ein Mehrwegsystem aufbauen und sind beim CO2-Ausstoß weit, weit unter dem von Neuglas“, fasste Durner seine Ergebnisse aus einem Projekt zusammen.
„Die Herausforderungen werden immer schwieriger“, stellte der neue Leiter des DLR Rheinpfalz, Dr. Andreas Kortekamp, fest. Er gab den Teilnehmenden mit auf den Weg, aufmerksam, mutig und zuversichtlich zu bleiben. bs/isp