Hinter den Wengertern im Anbaugebiet Württemberg liegt ein anspruchsvolles Vegetationsjahr. Das Hauptthema sei dieses Jahr der Spätfrost gewesen, sagte Bernhard Idler, Vizepräsident des Weinbauverbands Württemberg (WVW), bei der Herbstpressekonferenz am 5. September 2024 im Weingut Erich Hirth in Obersulm-Willsbach.
Spätfrostschäden: Teilweise Totalausfälle
Die Spätfrostschäden bewegen sich je nach Region zwischen 30-80 %. Sogar Totalausfälle habe es in vereinzelten Regionen wie beispielsweise dem Taubertal gegeben. Dazu kamen lokale Hagelschauer. Herausfordernd war für die Winzer zudem die feuchte Witterung, vor allem im Frühjahr, was eine anspruchsvolle Bewirtschaftung zur Folge hatte.
Daher gehe der Verband aktuell von einer deutlich kleineren Erntemenge im Vergleich zum Vorjahr aus und beziffert die Verluste auf 25 %. Idler schätzt den Ertrag des 2024er Jahrgangs auf rund 62 Mio. L. Dennoch geht der Weinbauverband von hohen Qualitäten aus. Die Wengerter stünden vor einem witterungsbedingt guten Erntestart, so Idler. Die Lese hatte in einzelnen Betrieben bereits Ende August begonnen, die Hauptlese startete dann am 9. September.
Hauk will Mehrgefahrenversicherung ausbauen
Immer mehr Betriebe sichern ihre Frostschäden mit der 2019 eingeführten und bezuschussten Mehrgefahrenversicherung ab, sagte der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk MdL. Die EU-Maßnahme sei für die nächsten fünf Jahre zugesichert, Hauk möchte sich im Landtag aber weiterhin dafür einsetzen und zukünftig weitere Bausteine wie die Absicherung gegen Hagel dazunehmen.
„Wir brauchen Innovationen“, betonte Hauk im Hinblick auf die zukünftigen Herausforderungen der Wengerter rund um die Auswirkungen des Klimawandels und das veränderte Verbraucherverhalten. Beispielsweise machten die Erzeuger derzeit bei entalkoholisiertem Wein große Fortschritte im Sektbereich, so der Minister. Zukünftig müsse sich die Branche auch mit Regenrückhaltesystemen, Wasserspeicherungssystemen und Frostberegnungen beschäftigen, ergänzte er.
Zum Teil erschreckend sei für Hauk, wie viele Brachen es mittlerweile vor allem im Neckartal gebe. Die Landesregierung möchte zukünftig mithilfe von Modellgemeinden Lösungen für das Brachenmanagement entwickeln. Als Alternativen zur Brache nannte Hauk Photovoltaik-Anlagen und Kooperationspartner, welche die Bewirtschaftung übernehmen. Auch beim Thema Weintourismus möchte die Regierung gemeinsam mit der Branche an neuen Möglichkeiten arbeiten. Die Kaufkraft sei in Baden-Württemberg vorhanden, so Hauk. Es seien mehr Events nötig, um vor allem jüngere Menschen zu erreichen, führte der Minister aus.
Piwis legen zu
Da die klimabedingten Herausforderungen weiter zunehmen, suchen die Wengerter nach Möglichkeiten sich anzupassen, berichtete WVW-Vizepräsident Peter Albrecht. Demnach pflanzten immer mehr Betriebe pilzwiderstandsfähige Rebsorten (Piwis), deren Anteil im Anbaugebiet derzeit bei rund 2-3 % liege. Die Wachstumsraten bewegten sich im zweistelligen Bereich. Erstmals habe es in diesem Jahr bei der Landesweinprämierung eine „Piwi Sonderverkostung“ gegeben, ergänzte WVW-Geschäftsführer Dr. Hermann Morast. isp