Das Weingesetz muss mit Leben gefüllt werden

Branchentreff der Weinwirtschaft

Foto: Bettina Siée
Der Bundesverband der Deutschen Weinkellereien und des Weinfachhandels e.V. hatte in Kooperation mit der Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier zum Branchentreff der Weinwirtschaft eingeladen. Die Veranstaltung zum Thema „Eine neue Lust auf Herkunft und Region – Kann dabei die Änderung des Weinrechts den Absatz beflügeln?“ wurde von Trier aus gestreamt. Etwa 80 Teilnehmer aus der Weinbranche und der Politik haben teilgenommen.
Dr. Dirk Richter, Vorsitzender des IHK-Weinausschusses, blickte auf die Auswirkungen der Corona-Krise über die Schließung der Gastronomie bis hin zu Absatzsteigerungen im Lebensmitteleinzelhandel und der verstärkten Nutzung digitaler Absatzwege zurück. Die veränderte Verbrauchersicht hin zu regionalen und nachhaltigeren Produkten sieht er als Herausforderung und Chance an. Es stellt sich die Frage, ob das neue Weingesetz dies beflügeln kann. Richter stellte klar, dass das neue Regelwerk allein noch keine Flasche Wein verkauft.
Daniela Schmitt, Ministerin für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau in Rheinland-Pfalz, richtete ihren Blick in ihrer Videobotschaft auf die Veränderungen in der Weinwirtschaft durch Corona und stellte heraus, dass mit der Ausgestaltung der neuen Weinverordnung noch ein langer Prozess bevorstehe. Sie betonte, dass die Schutzgemeinschaften große Verantwortung tragen und das Gesetz „mit Leben gefüllt werden“ müsse.
Prof. Dr. Simone Loose, Leiterin des Instituts für Wein- und Getränkewirtschaft an der Hochschule Geisenheim, zeigte in ihrem Vortrag auf, inwiefern die Pandemie die Verbraucher sowie den Weinkonsum und -absatz beeinflusst hat. Der Weinkonsum hat sich von der Gastronomie nach Hause verlagert und die Konsumenten hatten mehr Zeit sich dem Thema Wein zu widmen. Zusätzlich kauften sie höherwertige Weine zum selbstgekochten Essen. Umsatzsteigerungen gab es bei Endverbrauchern und im LEH. Kunden, die festgestellt haben, dass es im LEH guten Wein zu kaufen gibt, bleiben vielleicht aus Gewohnheit dabei. „Etwas wird bleiben“, meint Loose. Vermutlich gehe der Konsum von deutschem Wein mit den Auslandsreisen wieder etwas zurück. Teilweise haben sich Betriebe umorientiert, sodass Onlinehandel und Online-Weinproben forciert wurden. Es profitierten Unternehmen, die über das technische Know-how und eine breite Datenbank verfügen. Loose sieht Chancen für Winzer, die Entertainmenttalent haben.
Abhängig vom Weininvolvement gebe es unterschiedliche Verbrauchertypen. Denen sei der Geschmack aber deutlich wichtiger als die Herkunft. Dennoch könne die Herkunft im Hinblick auf das neue Weingesetz, zum Beispiel über den Tourismus oder das Heimatgefühl, genutzt werden.
Digitalisierung und Bio zukünftig gefragt
In der Podiumsdiskussion, moderiert von Albrecht Ehses, IHK, und Peter Rotthaus, Bundesverband, ging es zunächst um die Entwicklung des Weinmarktes. Johannes Hübinger vom Bundesverband der Weinkellereien e.V. Trier stellte den Lebensmitteleinzelhandel und die Kellereien als Profiteure der Krise heraus. Jürgen Hofmann, Weingüter Hofmann und Willems in Appenheim/Rheinhessen, sieht das Thema Öko und Nachhaltigkeit künftig als essenziell für Weingüter an.
Gerhard Brauer vom Ruppertsberger Weinkeller Hoheburg ging auf die künftige Ausrichtung seiner Genossenschaft ein, den Fokus mehr auf eine ökologische Arbeitsweise zu richten. Den Lebensmittelhandel vertrat Theresia Sanktjohanser, Quint GmbH & Co. KG in Kenn: „Bei Transparenz der Produktherkunft, seien die Verbraucher bereit mehr zu zahlen." Caro Maurer, Master of Wine, meint, dass die verstärkte Nutzung digitaler Absatzwege aus der Pandemie mitgenommen werden.
Immer noch Diskussion um Weinverordnung
Auch über das neue Bezeichnungsrecht wurde diskutiert. Gerhard Brauer meint, die Bezeichnung „Region“ vor der Lage sei einfacher für die Kommunikation. Er stellte heraus, dass die Gestaltung der Weinverordnung in den Schutzgemeinschaften erst am Anfang steht und ein klares Profil gebraucht wird. Caro Maurer sieht die Vermarktung als wichtigen Faktor an, um das Bezeichnungsrecht für Konsumenten im In- und Ausland verständlich zu machen. Simone Loose sagte, dass sich die Konsumenten durch Geschmacksprofile besser orientieren können.
Jürgen Hofmann sieht die Herkunftspyramide als alternativlos an, passend sowohl für Weingüter in der Spitze als auch Kellereien in der Breite. Johannes Hübinger kritisierte: „Das Eliteweingesetz ist nur passend für Spitzenweingüter und VDP-Betriebe. Im Export kann man sich nicht gut im unteren Bereich aufstellen.“ Aus Hübingers Sicht bringt das reformierte Weingesetz keinen verbesserten Absatz für die deutsche Weinwirtschaft. isp