Gericht stärkt Rechte der Junglandwirte

Junglandwirteförderung

Die Junglandwirteprämie ist ein wichtiger Baustein der Betriebsprämie, sollen damit doch die Startchancen junger Winzer zur Übernahme der Verantwortung in landwirtschaftlichen Betrieben erhöht werden. In der Förderperiode ab 2023 werden die finanziel­len Anreize für die Junglandwirte im Rahmen der GAP noch einmal deutlich erhöht. Ob die Voraussetzungen zum Erhalt der Junglandwirteprämie tatsächlich vorliegen, muss in jedem Fall individuell geprüft werden. Dies zeigt sich bei der Rückforderung der Junglandwirteprämie in über 100 Fällen in Rheinland-­Pfalz, von denen die Jahre 2015 bis 2020 betroffen sind.
Rückforderungen der Junglandwirteprämie
Die Kreisverwaltungen hatten im Anschluss an eine Prüfung durch die Europäische Union zahlreiche Rückforderungsbescheide erlassen, die im Wesentlichen landwirtschaftliche Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) betrafen. Eine der Fördervoraussetzungen war – und das gilt auch in der neuen Förderperiode –, dass sich der antragstellende Junglandwirt innerhalb der letzten fünf Jahre erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb niedergelassen haben musste. Praktisch hieß dies bei den verbreiteten GbRs, dass die Junglandwirte die wirksame Kontrolle der Gesellschaft ausüben musste und im Prinzip keine wesentliche Entscheidung gegen sie getroffen werden durfte. In der Regel wurde dies im Gesellschaftsvertrag schriftlich festgelegt.
Die gewährte Förderung wurde von den Bewilligungsbehörden mit der Argumentation zurückgefordert, dass die Niederlassung als Junglandwirt bereits deutlich früher als innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Fünfjahresfrist, meist schon mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages, stattgefun­den und nach Ablauf der Fünfjahresfrist kein Anspruch auf Gewährung der Junglandwirteprämie mehr bestanden hat.
Urteil des Verwaltungsgerichtes Koblenz
Einige dieser Fälle landeten nach erfolglosem Widerspruchsverfahren vor den Verwaltungsgerichten. Dies betrifft auch zwei Fälle, bei denen der BWV Rheinland-Nassau die Landwirte unterstützt und die Musterprozesse beim Verwaltungsgericht in Koblenz begleitet hat. Beide Fälle wurden vom Verwaltungsgericht in Koblenz im Dezember 2022 positiv zugunsten der landwirtschaftlichen Betriebe entschieden. Im Hinblick auf die Eigenschaft, als Junglandwirt ein landwirtschaftliches Unternehmen wirksam kontrolliert zu haben, hat das Verwaltungsgericht in Koblenz unterschiedliche Auffassungen vertreten.
In einem Fall gingen die Richter davon aus, dass bereits mit Gründung der Gesellschaft im Jahr 2006 und den damit einhergehenden vertraglichen Regelungen eine wirksame Kontrolle des Jungwinzers über den Weinbaubetrieb gegeben war, sodass die Beantragung der Junglandwirteprämie im Jahr 2016 eigentlich ausgeschlossen gewesen wäre.
Im anderen Fall war die vertragliche Regelung und die tatsächliche Entscheidungsfindung jedoch anders und das Gericht stellte fest, dass die Junglandwirtin im Jahr 2003 gerade nicht die wirksame Kontrolle über ein landwirtschaftliches Unternehmen ausgeübt, sondern diese erst ab dem Jahr 2014 im Zuge verschiedener betrieblicher und familiärer Veränderungsprozesse stattgefunden hat. In diesem Fall sei die Beantragung der Junglandwirteprämie im Jahr 2015 schon grundsätzlich rechtmäßig gewesen.
Für beide Fälle gelte allerdings, dass aufgrund der Komplexität der Voraussetzungen zur Beantragung der Junglandwirteprämie den Betroffenen kein Vorwurf gemacht werden könne, wenn die Kreisverwaltungen auf der Grundlage der damaligen rechtlichen Einordnung positive Bescheide erlassen haben. Hier gelte, so die Koblenzer Richter, die europarechtliche Vertrauensschutzregelung, die zugunsten der Landwirte anzuwenden sei.
Der Irrtum der Behörde bei der Bewilligung der Beihilfe sei von einer juristischen Fehlvorstellung geleitet gewesen, was allerdings ausschließlich dem Verantwortungsbereich der Behörde zuzuordnen sei. Ein solcher Irrtum sei auch bei Anwendung einer sorgfältigen Überprüfung durch den Landwirt nicht erkennbar gewesen. Der Antragsteller hätte insbesondere aufgrund der nicht eindeutigen Formulierungen in den Antragsformularen nicht erkennen können, ob tatsächlich die Voraussetzungen für die Gewährung der Junglandwirteprämie eingehalten waren oder eben gerade nicht. Daher vertraten die Richter die Auffassung, dass eine Rückforderung der erhaltenen Junglandwirteprämie rechtswidrig sei und erteilten der Rückforderung eine Absage.
Die beiden Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Koblenz (AZ: 1 K 444/22.KO, Urteil vom 21.11.2022 und AZ: 1 K 482/22.KO, Urteil vom 19.12.2022) folgen damit der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße, welches bereits im Oktober ähnlich argumentiert hat (AZ: 2 K 162/22.NW, Urteil vom 13.10.2022).
Wermutstropfen: Urteil noch nicht rechtskräftig
Allerdings gibt es einen Wermutstropfen für die Betroffenen, denn die beiden Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Koblenz sind noch nicht rechtskräftig. Ob das Oberverwaltungsgericht die sehr sorgfältig begründeten Entscheidungen des Verwaltungsgerichts abändert, bleibt abzuwarten. Marcus Hehn, BWV Rheinland-Nassau