Die Weinbranche steckt in der Krise. Auf politische Entscheidungen, etwa zur Alkoholpolitik oder gesellschaftlichen Entwicklungen (demografische Veränderungen, der zunehmende Gesundheitstrend mit geringerem Alkoholkonsum) hat sie wenig bis keinen Einfluss. „Die Krise ist nicht selbstgemacht“, betonte Steffen Schindler, Marketing-Leiter beim Deutschen Weininstitut (DWI), beim 14. Forum der Generation Riesling. Dennoch könnten Betriebe, die sich anpassen, umschauen und kooperieren, die Krise überstehen. Ideen dafür gab es beim Forum beim Weingut Margarethenhof in Ayl an der Saar.
Raus aus der Komfortzone
Bei einem Verkaufsgespräch entscheide sich 80 % über die Kommunikation, nicht über die Besonderheiten des Produkts, so Katharina Höfling, MBA Management Weinwirtschaft, in ihrem Vortrag über „Vertriebsskills für die Weinbranche“. Wichtiger Bestandteil des Verkaufsgesprächs sei die Vorbereitung mit Recherche zum Gegenüber und des Unternehmens. Während des Gesprächs riet sie, auf den Gesprächspartner einzugehen, zuzuhören und mittels offener Fragen den (potenziellen) Kunden erzählen lassen. Durch Fragen wie „Wie können wir die Weinkarte ergänzen?“ kann man bei der anschließenden Nutzenargumentation gezielt darauf eingehen. Der Nutzen kann über das reine Produkt (z.B. Wein mit geringerem Alkoholgehalt) hinausgehen (z.B. persönliche Lieferung oder Unterstützung bei der Mitarbeiterschulung). „Der größte Fehler im Vertrieb ist, dass wir nicht nach dem Verkaufsabschluss fragen“, so Höfling und ermutigte dazu.
Bei der Königsdisziplin, der Preisverhandlung, solle man den Preis so spät wie möglich nennen, am besten zwischen zwei Nutzen verpacken. Sie riet, nicht direkt auf Preisreduzierungen einzugehen, sondern den Preis zu verteidigen oder eine Gegenleistung (z.B. mehr Menge) zu verhandeln.
Konfliktberatung und Mediation
Über Konfliktberatung und Mediation in der Betriebsnachfolge sprachen Lena Göth vom Weingut Lena & Sebastian in Ingelheim sowie Eva-Maria Hock, die in den Bereichen
Mediation und Konfliktmanagement tätig ist und Familienbetriebe in der Landwirtschaft und im Weinbau berät.
Göth erzählte offen und ehrlich von den Konflikten rund um die Betriebsnachfolge ihres Partners im Familienweingut, bei denen Hock als Mediatorin unterstützte. In Familienbetrieben sei das Konfliktpotenzial erhöht, weil die verknüpften Bereiche Familie, Unternehmen und Eigentum alle an einem Tisch sitzen und unterschiedliche Anforderungen und Ansprüche besitzen, weiß Göth. Zusätzlich lasteten branchenspezifische Belastungsfaktoren wie Investitionsdruck, hohe Arbeitsbelastung oder zunehmende Auflagen auf der Familie.
„In der Regel ist eine Betriebsnachfolge nicht plötzlich schwierig“, erzählte Hock und wies auf verschleppte Konflikte hin. Probleme und die aktuelle Situation könne man nicht verdrängen, meinte die Mediatorin. Sie riet dazu, Veränderungsprozesse anzukurbeln, gemeinsam darüber zu sprechen und die Situation nicht einfach auszusitzen. Viele Betriebe seien leidens-, aber nicht lösungsfähig. Unterstützung von extern können sich Betriebe über einen Mediator oder eine Mediatorin holen, der oder die sich mit landwirtschaftlichen Betrieben auskennt, empfahl Göth.
Für verantwortungsvollen Konsum werben
Was geht und was geht nicht in der Weinwerbung? Hierzu stellte Dr. Claudia Hammer von der Deutschen Weinakademie (DWA) passende Beispiele aus der Praxis vor. „Wir als Weinwirtschaft müssen für und mit einem bewussten, moderaten und verantwortlichen Konsum werben“, appellierte sie an die Mitglieder von Generation Riesling. Je mehr Steilvorlagen die Branche in der Weinwerbung gebe, umso mehr stehe sie im Fokus der Alkoholgegner. Beispielsweise sei es verboten, als Weingut Fotos mit Kindern, die ein Glas Wein in der Hand halten, auf der Website oder in den sozialen Medien zu veröffentlichen. Mehr Infos dazu, was in der Weinwerbung und auf Social Media erlaubt ist, gibt es auf der Website des Deutschen Werberats (www.werberat.de > Werbekodex > Alkoholhaltige Getränke).
Blick nach Schweden
Nicht nur die deutsche, sondern auch die schwedische Bevölkerung trinke immer weniger Wein. Jedoch erhöhe sich der Anteil deutscher Weine am schwedischen Markt, berichtete Jan Dworsky von Wines of Germany Sweden. Der schwedische Konsument trinke mehr Wein als andere alkoholische Getränke und sei neugierig auf neue, ihm unbekannte Weine.
Da Schweden seine CO2-Emmissionen bis zum Jahr 2030 halbieren will, sucht das schwedische Alkoholmonopol Systembolaget zukünftig verstärkt nach Weinen mit geringerem ökologischem Fußabdruck. Daher hätten Weingüter mit Weinen in Bag-in-Box-Verpackung oder Leichtglasflaschen höhere Chancen, auf den Markt zu gelangen. isp