Parallelen zum 2018er Jahrgang

RHEINHESSEN

Das DLR Rheinhessen-Nahe-­Hunsrück (RNH) hatte zur digitalen Herbstversammlung eingeladen, um über die Entwicklung des aktuellen Jahrgangs zu berichten und Empfehlungen für die bevorstehende Ernte und Weinbereitung zu geben. Der 2022er ähnele dem 2018er Jahrgang. Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd informierte über die Weinbaupolitik.
Die Mostgewichtsentwicklung des Jahrgangs 2022 liegt mehr als zehn Tage vor der langjährigen Norm, stellte Jörg Weiand, DLR RNH, fest. Dornfelder hatte fast überall das Mindestmostgewicht von 68 °Oe erreicht. Die Säurewerte sind im Vergleich zu 2018 etwas höher, aber niedriger als 2020. Dabei liege der Weinsäureanteil deutlich über 50 %. Die Säurewerte entscheiden dieses Jahr den Lesezeitpunkt, meint Weiand. Aus mikrobiologischer Sicht wird bei vielen Chargen eine Säuerung notwendig werden. Um Gärstörungen zu vermeiden, ist die Stickstoffversorgung der Hefe wichtig, erklärte Weiand. Die angespannte Wassersituation lässt keine zu hohen Erträge erwarten, aber es gibt große Unterschiede zwischen den Standorten. Rote Trauben seien sehr gut ausgefärbt, die Kirschessigfliege spiele in dieser Saison keine Rolle.
Weinrechtliche Bestimmungen
Einige Weinberge haben Oidiumbefall und müssten eventuell selektiv gelesen werden. Kohleeinsatz ist bei Weißherbst, Rosé und Rotwein im Most möglich, aber im Wein nicht zugelassen. Bei Weißweinmost und Jungwein (nicht von der Hefe getrennt) ist Kohle weiterhin zugelassen. Seit 3. Dezember 2021 ist gesetzlich erlaubt, Rotwein und/oder Weißwein zu Glühwein zu verschneiden.
Für die Bezeichnung Wein ist mehr als 8,5 % vol Mindestalkoholgehalt festgelegt. Die Möglichkeiten den Alkoholgehalt des Weines durch Hefen zu reduzieren sind begrenzt (maximal 8 g/l, 1 % vol). Größeres Reduktionspotenzial (bis zu 3,5 % vol) haben technologische Verfahren, die im Lohn angeboten werden. Teilweise Alkoholreduktion um maximal 20 % ist möglich. Die Bezeichnung teilweise entalkoholisierter Wein gilt für Weine mit mehr als 0,5 % vol bis weniger als 8,5 % vol, alkoholfreier Wein meint unter 0,5 % vol.
Weiand ist es wichtig für die Gefahren einer Corona-Infektion zu sensibilisieren, die den Betrieb lahmlegen könnten. Er mahnte, in Kleingruppen zu arbeiten, kontaktlos Proben zu nehmen und einen eigenen Ziehschlauch zu haben.
Mathias Gaugler, DLR RNH, rät dazu, die kühlen Nachttemperaturen für die Lese zu nutzen. Der Einsatz von Trocken­eis ist relativ teuer und macht nur zur Maische Sinn für einen qualitativ höherwertigen Wein. Um 100 kg Maische um 5 °C herunterzukühlen, werden 40 kg Trockeneis gebraucht. Gaugler wies darauf hin, dass die Säuerung von Most und Maische zugelassen, aber ein meldepflichtiges oenologisches Verfahren ist. Bis zu 4 g/L in Most und Wein sei zulässig, aber Gaugler empfiehlt, mit Maß und Ziel zu säuern und nicht bis an die Grenze zu gehen. 1 g/L Weinsäure hebt die Gesamtsäure um 0,5 bis 0,7 g/L an, je nach Kaliumgehalt. Sensorisch bringt die Mostsäuerung die größten Vorteile.
Jetzt Mitglied werden bei Wine in Moderation
Friedrich Ellerbrock, Geschäftsführer des Weinbauverbandes Rheinhessen, berichtete von der Debatte um die Alkoholpolitik auf EU-Ebene. Anfang des Jahres konnten Schockfotos von Weinetiketten abgewandt werden. Das Pro­blem werde in seiner Dimen­sion in der Praxis nicht wahrgenommen. Die Weinbranche müsse zeigen, dass sie gewissenhaft mit Alkohol umgeht. „Die Mitgliedschaft bei Wine in Moderation ist extrem wichtig, das helfe in der politischen Debatte sehr“, so Ellerbrock. Die Mitgliedschaft ist kostenlos, die Anmeldung unkompliziert unter www.wineinmoderation.eu/de/weinfachleute/legen-­sie möglich.
Nun hat die EU vorgeschlagen in allen Schutzgebieten Pflanzenschutz komplett zu verbieten. Ellerbrock machte deutlich, dass große Teile Rheinhessens betroffen wären und es massive Auswirkungen auf den Weinbau hätte. Das Beteiligungsverfahren, bei dem man online seinen Kommentar abgeben kann, läuft bis zum 19. September. Formulierungshilfen gibt es auf der Homepage des BWV unter www.bwv-rlp.de.
Ab 8. Dezember 2023 sind die Nährwert-, Brennwert- und Inhaltsangaben für Wein verpflichtend. Auf EU-Ebene ist geklärt, dass diese Angaben als E-Label oder QR-Code gemacht werden dürfen. Aber das Bundesministerium für Verbraucherschutz besteht auf die Angaben auf dem Etikett und der Preisliste, wie bei allen Lebensmitteln. Die Weinbauverbände wehren sich. Die Schutzgemeinschaften der Anbaugebiete müssen nun entscheiden, welche Rebsorten sie für ihre Einzellagen erlauben. bs