Vorbehalte der EU-Landwirtschaftsminister

SUR

Die Mehrheit der Agrarminister der EU-Mitgliedsstaaten steht dem Vorschlag zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) skeptisch gegenüber. Auch die nun von der EU-Kommission vorgelegte erweiterte Folgenabschätzung hat die kritische Auffassung vieler Ressortchefs dem Gesetzesvorhaben gegenüber nicht geändert.
Wie auf dem Brüsseler Agrarrat am 25. Juli deutlich wurde, reichen vielen Ministern die Ergebnisse nicht, um ihre Zweifel auszuräumen. Dennoch bekräftigte Spaniens Landwirtschaftsminister Luis Planas beim Treffen mit den Amtskollegen als Agrarrats­präsident die Absicht, spätestens bis Jahresende eine Position der Mitgliedsstaaten zur SUR auszuhandeln.
Selbst wenn dies gelingen sollte, wäre es fraglich, ob eine Einigung vor der nächsten Europawahl im Juni 2024 mit dem EU-Parlament und der Kommission erzielt wird. Die für die SUR federführende Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides stellte fest, dass die neuerliche Folgenabschätzung „bestätigt, was wir schon wussten“. Weder würde für die meisten Produkte das Preisniveau auf eine nicht mehr erträgliche Höhe steigen, noch sei die Ernährungssicherheit gefährdet, so die Kommissarin, die der Europäischen Volkspartei (EVP) zuzuordnen ist. Zugleich versicherte die Zypriotin, dass wirksame Alternativen zu chemischen Produkten auf „einem guten Weg sind“. Gegen die Mehrheitsmeinung im Rat erklärte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, dass weitere Verzögerungen im Gesetzgebungsverfahren nicht zu rechtfertigen seien. Schließlich habe die Untersuchung wichtige Fragen beantwortet.
Gleichzeitig stellte Özdemir aber klar, dass es bei der Verringerung der Einsatzmengen von Pflanzenschutzmitteln einheitlicher Regeln bedürfe. Gerade bei den individuellen Reduktionsvorgaben gelte, „der Fleißige darf nicht der Dumme sein“. Laut Özdemir muss der Anbau von Sonderkulturen und Wein möglich bleiben. Als gutes Beispiel für eine praktikable Reduzierung chemischer Pflanzenschutzmittel nannte der Minister das Biodiversitätsstärkungsgesetz in Baden-­Württemberg.
Derweil beklagte Portugal die in der Folgenabschätzung aufgezeigten negativen Auswirkungen. Vor allem die Folgen für den Weinsektor wären für Portugal und andere südliche EU-Mitgliedsländer kaum hinzunehmen.
Ganz Finnland wäre Schutzgebiet
Frankreichs Landwirtschaftsminister Marc Fesneau warnte vor einem Einbrechen der Wein­erzeugung in der EU. Das Problem betreffe alle Mitgliedsstaaten mit Weinbau. Viele Aspekte seien bei der Folgenab­schätzung nicht hinreichend untersucht worden. Diese Kritik übten auch östliche Mitgliedstaaten. Die tatsächlichen Folgen seien nur unzureichend von der Kommission quantifiziert worden, monierte Ungarn. Polens Landwirtschaftsminister Robert Telus konstatierte: „Diese Studie entspricht nicht dem, was wir wissen wollten.“ Die finnische Delegation pochte auf Änderungen bei der Definition der sensiblen Gebiete. Dem Kommissionsentwurf zufolge würde ganz Finnland in diese Kategorie fallen. age